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Montag, 30. Juni 2014

Treffend

Karl v. Habsburg in einem Gespräch über das Attentat von Sarajewo: "ErzHzg. Franz Ferdinand war eine tragische Figur, denn er hätte ja vorgehabt, die Stellung auch der Slawen im Reich zu verbessern. Man hat auch hier wieder einmal gesehen: Terroristen bringen nicht die um, die anderer Meinung sind als sie. Sie bringen die um, die ihre eigene Meinung verbessern könnten."




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Sonntag, 29. Juni 2014

Weg aus der Postmoderne

Sein Name taucht in letzter Zeit immer wieder in den westlichen Medien auf - Alexander Dugin. Dessen Buch "Die vierte politische Theorie" bei amazon.de sogar einen vorderen Verkaufsrang in der Liste der politischen Sachbücher einnimmt. Angeblich sei er ein Putin-Vertrauter, liest man dann. (Wobei: Wenn man rechnte, von wem aller behauptet wird daß er das sei, ließe vermuten, daß Putin parallel zu seinen Amtsgeschäften und einem Angelausflug am Wochenende, bei dem er, nachdem er einen weithin duftenden zwei Meter Huchen aus dem Jenissej geholt hat, mit bloßen Händen einem dummerweise die Falle mit dem Huchen nicht ahnenden Kolabären dessen eigene Zunge in den A... steckt, einen weiteren 48-Stunden-Tag nur mit Beratern verbringt.)

Das Buch ist, es sei offen gesagt, über weite Strecken mühsam weil wenig stringent. Dugin bemüht sich auch kaum, die Lücken in seiner Argumentation zu kaschieren. Auch analysiert er teilweise irritierend falsch. Seine Ausagen über die Natur des Nationalsozialismus sind sogar regelrecht Unsinn, und nur verständlich, wenn man sie aus der Sicht eines emotional betroffenen Russen (gibt es andere?) denkt.

Samstag, 28. Juni 2014

Warum Erdogan lügt

Ach, da wird von der Unintegrierbarkeit gewisser Türkenkreise in Österreich geredet, von der Treue zum türkischen Staat, und der Besuch von Premier Erdogan, der vom österreichischen Pubertätskaiser - pardon: dem jugendlichen Feschak Außenminister Kurz, den nicht zufällig sämtliche Außenminister der EU höchst willkommen hießen: endlich jemand, mit dem es keine Probleme geben würde; sie hatten recht; so, wie sich Friedrich der Zweite, der "große" Preußenkönig, über die Weiber in Rußland wie Österreich als Regentinnen freute, er hatte auch recht: mit denen hatte er leichtes Spiel; aber zu so einfachen, aber fundamentalen Gegebenheiten durchzudringen verbietet die Dogmatik heute gesollten Denkens - "mit klaren Worten" bedacht wurde, spielte mit diesen Topoi: "Türken vor Wien". Das hieß: Türken vor dem Abendland. Denn: Wien war der Eckstein des Abendlands, da braucht niemand herumzureden. 

(Volkskriege, in denen ganze Völker in den Krieg gehetzt wurden, Kriege zur Angelegenheit jedes Einzelnen gemacht wurden, gab es erst seit Napoleon, der überhaupt keine kulturellen Grenzen mehr kannte, ein unerzogenes Muttersöhnchen sozusagen: wer kein Kultur hat, kennt keine Grenzen der Zerstörung, und drängt seine gesamte Umgebung zu den letzten Mitteln.)

Warum ist Erdogan trotzdem ein Lügner, wie er im Buche steht, wenn nicht ein Dummkopf? Ganz einfach. Weil er die Türkei als prosperierenden Staat darstellt. Das ist sie nämlich nicht. Die Türkei mag eine niedrige offizielle Staatsverschuldung aufzuweisen haben, das stimmt. Aber sie gleicht fatal dem Zustand in Irland. Auch Irland hatte eine sehr geringe Staatsverschuldung. Was sich in Irland aber verschuldet hatte war der Einzelne, waren die Banken, waren die Unternehmer, die auf Teufel komm raus expandiert und riskiert hatten. Die Zinsen waren niedrig, die Gelder locker zu kriegen.

Die Türkei, der VdZ (Verfasser dieser Zeilen) hat es immer wieder gesagt, wird in ihrer wirtschaftlichen Dynamik völlig überschätzt. Das ist ihr Problem! Die Türkei weist eine der höchsten Privatverschuldungen weltweit auf. Die, wie in Irland, eines Tages kollabieren wird, und dann muß sie der Staat auffangen, will er das System aufrechthalten. 

Wenn Erdogan also die Wiener Türken auf eine starke Türkei einschwört, so lügt er. Oder wer weiß es nicht einmal, dann wäre er erst recht ein Gebrechen, nicht ein Premier, von dem man sowieso annimmt, daß er lügt. Die Türkei ist nicht stark. Ihre Prosperität beruht nicht weniger auf Schulden, als der verdammte Sozialstaat des Westens. Nur ist es verdeckter.

Die unnachvollziehbare Außenpolitik der Türken in ihrem angestammten geopolitischen Raum, der Levante, bestätigt es.* Man nehme doch einen Türken (und überhaupt: einen Mittelmeer-Anwohner) nicht beim Wort. Man blicke doch nur auf die Taten, auf die Gestalten. 

Erdogans Reden in Wien und Köln sind Innenpolitik, reine (verlogene, virtuelle) Innenpolitik. Die hier damit spekuliert, daß die Türken im Westen ohnehin nicht wissen, worum es geht, und, in die Wurzellosigkeit entlassen, ja mißbraucht als politisches Mittel, orientierungslos nach Halt suchen. Hat der geneigte Leser schon einmal mit Istambulern über jene geredet, die hierher auswandern, und zumeist aus Anatolien stammen? Hat er schon einmal die Zustände der bereits der Sozialpolitik in Anatolien - die Sozialprobleme durch Auswanderung zu lösen vorgibt - zum Opfer gefallenen Zuwanderer in Nordzypern (die mittlerweile die Bevölkerungsmehrheit dort stellen) kennengelernt?




*Oder was wollen die Türken, die gerade den Konflikt mit den Kurden im eigenen Land "beendet" haben? Und stärken die kurdischen Autonomen im Irak, weil sie gerne die Vorherrschaft im arabischen Raum hätten, und das heißt vor allem, Syrien - nicht Arabien! - zu zertrümmern? Erdogan ließ sich in Wien als "Sultan aller Muslime" ausrufen", was auf eine Wiedererrichtung des Sultanats über alle Muslime weltweit hinausläuft. (Und, geneigter Leser, darauf hat es in aller Irrationalität auch Erdogan abgesehen, das scheint kaum von der Hand zu weisen. Er wird deshalb auch die Türkei opfern ... Die sowieso ein Kunstgebilde ist, das seit Errichtung ums Überleben kämpft.)




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Freitag, 27. Juni 2014

Und so fängst es dann an

Eine keineswegs überraschende Studie veröffentlichte dieser Tage das US-amerikanische Gallup-Institut. Deren Ergebnis sich mit einem ernüchternden Satz zusammenfassen läßt: Werbung auf social media ist (nahezu) wirkungslos.

Nun kann Gallup natürlich nicht wissen, daß das vorhersagbar war, und auch an dieser Stelle vorhergesagt wurde. Auch, weil die Konsequenzen enorm wären. Alleine in den USA geben Unternehmen jährlich 5,1 Mrd. Dollar für Werbung auf facebook oder twitter aus. Und die Studie könnte man als etwas dünn bezeichnen, weil sie immerhin auf Umfragen und Selbstaussagen beruht.

Deshalb wäre sie alleine kein Beweis und kein schlagendes Argument. Würde sie nicht ein erstes Wetterleuchten bedeuten. Denn auch das Argument, daß Werbung ja gar nicht bewußt wirkte, weil ihre wirkliche Stärke im unbewußten Beeinflussen läge, ist kein Argument. Denn hier kommt die technische Natur des Internet zum Tragen: Internetbotschaften wirken an sich praktisch überhaupt nicht, verglichen mit herkömmlicher, gegenständlicher "hardware"-Werbung. Und sei es, daß einem beim Kaufmann ein Pappständer den Weg versperrt, oder Dosen dekorativ verziert und geschlichtet sind, schon gar verglichen mit der Werbung durch das Produkt selber.

Alle diese "haptischen", gegenständlichen Werbemöglichkeiten fallen im Internet und den social media weg. Die Art der Rezeption des Internet ist so einzuschätzen, und wurde an dieser Stelle mit umfangreichen Argumenten bereits darzustellen versucht, daß man sich sogar fragen muß, ob da nicht überhaupt jede Werbung sinnlos ist.

Auf das dümmliche Argument, daß man eben nicht auf Werbung setzen dürfe, sondern auf die kommunikative Seite des Netzes setze, wollen wir gar nicht erst eingehen. Bei DER virtuellen, pseudowirklichen Natur der Kommunikation im Netz ... Wer nimmt Netzkommunikation denn ernst, schon gar vergleichbar mit persönlicher Begegnung? im Gegenteil, Netzkommunikation schädigt viel eher, als sie nützt. Weil sich die Aussage der Flüchtigkeit, die mit den Kommunikanden kraft der Eigenschaften der Gegenständlichkeiten der "Kommunikation" einhergeht, wird natürlich übertragen, mit dem Absender identifiziert.

Nun, wovon aber werden diese Unternehmen einmal leben, die uns social media nachwerfen, um uns nur ja davon schon rein technisch abhängig zu machen, weil wir reale Lebensvorgänge darauf verlegt haben oder verlegen müssen weil anderes ..., wenn diese Werbeeinnahmen (die ohnehin schon bisher laufend unter allen Erwartungen blieben) wieder wegfallen, weil kein Unternehmen sein Geld beim Fenster hinauswirft?

Vom Informationsverkauf. Deshalb möglich, weil sich alles aufs Internet gelegt, von dort neue Prosperität erwartet hat. Die aber seltsamerweise nur in dem Maß eintritt, als Geschäftsprozesse nur noch im Internet abzuwickeln sind, weil alle geglaubt haben, daß ... usw. usf. 

Und vom Datenverkauf.

Das war's.

Denn eines kann man  mit Sicherheit sagen: Mit solchen kleinen Meldungen, erst spärlich, dann immer häufiger, schließlich fundiert und immer progressiver dringlich, fängt ein Zusammenbruch einer Massenhysterie, einer Kollektivillusion an.





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Dienstag, 24. Juni 2014

Honi soit qui mal y pense (2)

Morgen Teil 2) Deutschland zeigt es längst vor 


In die gleiche Kerbe schlägt ein dieser Tage in der Welt erschienener Bericht über Deutschland. Er läßt sich auf einen gleichen Nenner bringen, wobei es in Deutschland die Zentralmatura bundeländerweise gibt. Mit dem interessanten Ergebnis, daß die Leistungsschwankungen zwischen den Bundesländern - die ihre Ansprüche natürlich ihrem Klientel anpassen, so, wie es bei Zentralmatura automatisch passiert - den Unterrichtsinhalt von sage und schreibe zweieinhalb Schuljahren umfaßt.

Und dennoch steigt der Notenschnitt in ganz Deutschland seit Jahren und beachtlich. Durchfaller gibt es kaum noch. Die Kritik bezieht sich aber auf das Gymnasium generell, auf die Unterrichtsmethoden, und auf das, was der Autor "Beweislastumkehr" nennt. Bisher waren schlechte Noten für den Schüler Ausweis von Versagen und Nichtkompetenz. Heute ist es Erweis eines Versagens der Lehrer, denn das flexible Unterrichtssystem, das das "Eingehen auf die Struktur der Einzelbegabung" garantiert und vorgibt, führt in der Praxis zur Bereitschaft der Lehrer, eher gute Noten zu vergeben. 

"In den Ländern, wo das Zentralabitur eingeführt wurde, wurden die Aufgaben oftmals leichter", sagt der Präsident der Universität Hamburg, Dieter Lenzen. Offenbar führe das Zentralabitur zu Standardisierungseffekten, die auch Vereinfachungseffekte sein könnten: "Man einigt sich auf niedrigerem Niveau." [...] Lenzen hadert mit dem Können seiner Studenten. Das Abitur bereitet seiner Meinung nach häufig nicht mehr adäquat auf ein Studium vor. "Die zentrale Aufgabe des Abiturs, die allgemeine Hochschulreife zu garantieren, ist aus dem Auge geraten", sagt Lenzen. In der Schule werde sehr früh eine Spezialisierung erwartet. (cit./Die Welt)

Was das bedeutet, illustriert sich durch einen im Artikel geschhilderten Vergleich: 

[...] Aufgaben in den Fächern Mathematik und Biologie. Dabei legte er Schülern der 11. Klasse aus Nordrhein-Westfalen zwei Aufgaben aus der Analysis vor. Eine aus der Zeit vor der Einführung des Zentralabiturs und eine aus der Zeit danach, als die Kompetenzorientierung Standard wurde. "In der Zentralabituraufgabe erreichten bis auf zwei Schüler alle anderen zumindest ausreichende Leistungen, während in der Kontrolle in der gleichen Klasse von den an diesem Tag anwesenden 22 Schülern 21 scheiterten, davon 63 Prozent mit der Note 'ungenügend'."  (cit./Die Welt)

Die Folgen sind ausrechenbar. So, wie heute akademische Titel immer weniger wertgeschätzt werden, wo für Positionen, für die noch vor 40 Jahren ein Handelsakademiker mehr aus ausgereicht hatte, nun nach einem "Magister" (und am besten noch weitere) verlangt wird, ist bereits jetzt eine Geringschätzung der Matura (Abitur) festzustellen, die auf der Leichtigkeit des Erwerbs zurückzuführen ist. Ja, im Zuge sozialpolitischer Utopien ist für ein Hochschulstudium nicht einmal mehr Abitur verlangt, sondern auch Berufs-Querumsteiger können mit entsprechenden Berechtigungsprüfungen studieren, die von einem völlig anderen Bildungskonzept ausgehen: Bildung als Skill, Wissen als Nachschlagekompetenz bei Wikipedia. 

Hans Peter Klein, Professor für Biologiedidaktik an der Universität Frankfurt, gehört zu den radikalen Gegnern des neuen Abiturs. "Der neue Abiturient begibt sich in den von ihm zu bearbeitenden Aufgabenstellungen auf eine Art Ostereiersuche, in dem nahezu alle Antworten aus dem vielfältigen Text- und Grafikmaterial zu entnehmen sind. Lesekompetenz ist gefragt. Fachwissen ist Schnee von gestern. Damit belastet man sich heute nicht mehr, das googelt man", sagt Klein. 
[...] "Man hat die Kompetenzorientierung dazu missbraucht, das zu deren Entwicklung notwendige Wissen weitgehend zu entfernen, insbesondere in den Zentralabituraufgaben fast aller Fächer, im zugrunde liegenden Unterricht zunehmend auch." Nur das Wissen werde als erstrebenswert erachtet, das anwendbar sei und im Rahmen einer weltweiten "employability" Konkurrenzvorteile verschaffe. "Bildung und Wissen als Wert an sich spielt in diesem Konzept keine Rolle mehr." (cit./Die Welt)

Daß man heute mit dem unfaßbaren Umstand konfrontiert ist, daß ein bereits erheblicher Anteil der Maturanten an "burn out" leidet, ist da nur ein weiteres Schlaglicht. Die Konzentration auf die Noten ist - ganz anders als behauptet - so ausgeprägt wie noch nie.

Denn genau das Gegenteil von dem, was man mit der Abschaffung differenzierter Schulstufensysteme vorgeblich im Sinn hatte, tritt und trat nachweisbar ein: Die Berufswahl muß immer früher stattfinden, weil sonst eine "individuelle Förderung", die also bereits frühzeitiger denn je spezialisiert (im alten System mußte jeder Maturant noch eine bestimmte Allgemeinbildung erwerben), überhaupt sinnlos wird.

Noch ein abschließendes Zitat aus dem Artikel: 

"Als es noch kein Zentralabitur gab, haben wir mit den Schülern aus Lust richtig schwere Sachen gemacht", [...] "An diese Grenzen führen wir sie heute kaum noch. Wir üben lieber die Aufgaben, die ihnen im Abitur auch nutzen, und das immer wieder. Alles ist leider schematischer geworden." Mit jedem Zentral-Abi-Jahrgang wächst der Pool an Beispielaufgaben, die die Schüler pauken können. Verlage geben sie als Bücher heraus. (cit./Die Welt)



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Montag, 23. Juni 2014

Honi soit qui mal y pense (1)

Seit Jahrzehnten fällt in den westeuropäischen Ländern (darunter auch Österreich) kontinuierlich der Durchschnitts-IQ der Bevölkerungen.  Diese Aussage ist nur eine der zahlreichen, die die UN (erstaunlicherweise) auf seit vielen Jahrzehnten Untersuchungen beruhrenden Daten in Berichte gefaßt hat. Die - ohne Verschwörungsparanoia oder ähnlichen Neurosen - aber kaum an die breite Öffentlichkeit dringen. Denn sie sind politisch unerwünscht. Solche Aussagen sperren sich mit der Generalpädagogik, deren sich die political correctness befleißigt. Sie würden auch eine verflixte Korrelation von Kultur, Staat und IQ zeigen. Aber das ist ein anderes Thema.

Nun wurde in Österreich der erste Matura mit der "Zentralmatura" abgeschlossen, in der die Universitätsreife attestiert wurde - die "Maturität", per Reifeprüfung oder Abitur sozusagen. Noch im Probelauf, aber eigentlich schon als Ernstfall, weil die Matura gilt. Und sieh da ... die Aussagen scheinen ganz anders zu laufen. Sind in Wirklichkeit alle intelligenter geworden?

Schon vor Jahren, als die Einführung der Zentralmatura erst diskutiert, und dann ratzfatz beschlossen wurde, hat der Verfasser dieser Zeilen prophezeit, was passieren wird. Nämlich nicht einfach eine von Jahr zu Jahr steigernde "Verbesserung der Noten", sondern:

- Gleichschaltung sämtlicher Schulen, was im völligen Widerspruch zum damit zum Hohn verkommenen Lockvogel angeblich ausgeweiteter Schulautonomie steht, weil das einheitliche Ergebnis und die einheitliche Art es abzufragen zwangsläufig einheitlichen Unterricht bewirkt; Schulautonomie wird ebenso zwangsläufig damit zur bloßen Schein-Kosmetik (eine Tautologie, aber es ist eben keine, auch der Schein wird aufkosmetiert)
- weitere Technisierung von "Bildung", die aus dem persönlichen Bezugsrahmen (wie es das alte, persönliche Prüfungssystem, das gewiß regional und schulbezogen bedeutende Unterschiede im Niveau brachte, aber im Rahmen eines nicht zur Farce verkommenen Bildungsbegriffs unerläßlich ist) weiter herauslöst - mit allen Fehleranfälligkeiten, aber auch vor allem mit unersetzbaren ganzheitlichen Stärken
- Entregionalisierung der Bildung, damit weitere Abstraktion hin zu einer Übernahme der Denkweisen einer mathematisierten Wirtschaft
- Kontinuierliche Senkung des Prüfungsniveaus, bzw. Senkung des Niveaus gleich vom Einführungsdatum an, weil eine gewisse Maturanten- und Studentenzahl aufrechterhalten werden muß, Maturaergebnise zum politischen Leistungserweis werden; man stelle sich außerdem vor, es gäbe 80 % Durchfaller - die Universitäten würden leer bleiben, bei einem technizistischen Maschinenbetrieb undenkbar, weil der von Kapazität und Auslastung ausgehen muß; vom politischen Druck im europäischen Vergleich gar nicht zu reden
- Reduktion des Unterrichts, zumindest ab dem Abschlußjahrgang, auf eine reine (und einheitliche) Testdidaktik
- etc.

Nun  - welche Überraschung! Die erste Zentralmatura in Österreich ist abgeführt, und: das Ergebnis ist weit besser als in den vergangenen Jahren!



Morgen Teil 2) Deutschland zeigt es längst vor



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Mittwoch, 18. Juni 2014

Wo die Schurken wohnen

Es ist schon etwas Seltsames, wenn man so manchen Medienbericht im Netz zur Situation in und um die Ukraine verfolgt. So, wie in diesem aktuellen Bericht in der Frankfurter Allgemeinen, ist hier der Bericht, der eine Geschichte erzählt, der die zahlreichen Wortmeldungen der Leser offensichtlich widersprechen. Und das ist kein Einzelfall. Mit einer erstaunlichen Perspektive: Das Vorgehen Rußlands wird von den (weit meisten) Lesern für gut und richtig befunden, das der Ukraine, die der Bericht - wie auch hier - als Opfer aggressiven russischen, neofaschistischen Imperalismus (mit den Gottseibeiunsen Putin und Alexander Dugin) darzustellen versucht, wie nämlich fast der gesamte Tenor in den westlichen Medien, aber als zumindest fragwürdig dargestellt. Die Politik Rußlands, so wie sie sich darstellt, wird für glaubwürdiger, schon gar gerechtfertigter angesehen, als die der EU oder gar - der Ukraine, um die es geht.

Worum handelt es sich etwa im jüngst und erneut ausgebrochenen "Gasstreit"? Versucht da Rußland sein widerspenstiges Vorhofkind gefügig zu machen, indem es Gaslieferungen stoppt, und damit im übrigen die Versorgung Westeuropas "gefährdet"? Einem Westeuropa, das erst vor kurzem den Bau der Gaspipeline "South Stream" für Gas abgelehnt hat, das die Ukraine über den Kaukasus umgangen, es damit gegen solche Querelen unangreifbar gemacht hätte, das nur als Detail am Rande. Die Pläne dazu waren längst ausgearbeitet, ja Vorarbeiten im Gange, die nun gestoppt wurden.

Hat Rußland tatsächlich willkürlich die Preise für die Ukraine hinausgesetzt, um das Land unter Druck zu setzen und damit wieder kirre zu machen. wie es so viele Medien darzustellen versuchen?

Was sind die Fakten? Die Ukraine hat vor Jahren bereits seine Gasrechnungen an den Lieferanten Rußland nicht bezahlt. Nach langem Streit hat Rußland (das, natürlich, sein Gas verkaufen will, das natürlich damit Geld einnehmen, ja - welch Graus! - verdienen möchte) dennoch nicht nur Kredite gewährt, um Altlasten abzutragen, sondern der Ukraine einen Sonderpreis eingeräumt. Das hat der erst wor wenigen Monaten aus dem Amt gejagte Präsident Janukowotsch ausgehandelt. 

Diesen Sonderrabatt ist Rußland nun nicht mehr länger zu gewähren bereit. Und "schraubt" (so die Diktion westlicher Medien) den Gaspreis auf eine Höhe, der interessanterweise nach wie vor unter dem liegt, den Gas in Westeuropa aktuell kostet. (Von wo Gas beziehen zu wollen die Ukraine vollmundig verkündet, als Antwort auf russischen Gaslieferungsstop.) Es verlangt lediglich, daß die Ukraine ihre Schulden bezahlt, verlangt von der Ukraine, das bereits gelieferte und in ukrainischen Tanks lagernde Gas, auch zu bezahlen. Da geht es um die Kleinigkeit von 14 Milliarden Kubikmeter, im Fakturenwert von rd. 4 Mrd. Euro.

Dieses Gas, geneigter Leser, liefert Rußland seit vielen Jahren, denn aus diesen Tanks wird der Bedarf Westeuropas gespeist, im Winter, wenn mehr Gas benötigt wird, als die Pipelines zu liefern vermögen. Es "gehört" also nicht einmal der Ukraine. Die hält es nur vor. Nach Verträgen.

Ist es nun also "Schwäche", "Trumpf in der Karte", wenn sich ein Vertragspartner an seine Verträge hält, darauf sogar wagt zu bauen, und der andere nun Vertragsbruch als Repertoire täglichen Handelns und glaubwürdiger Poltik bezeichnet, wie die Ukraine es zu tun scheint?

Denn die behält dieses Gas nun ein, und beruhigt mit diesem ("gestohlenen"? man müßte es so fast nennen) Gas die eigene Bevölkerung, die, wie ja längst alle Westeuropäer wissen, nach zahlreichen demokratischen Anläufen nun endlich zu den wahren Werte der Demokratie gefunden, endlich einen "richtigen" Präsidenten demokratisch gewählt haben, nachdem alle demokratischen Entscheide zuvor  nur Irrtum waren, dessen man sich nach demokratischem Entscheid elegant entledigt hatte. Die die Ukraine im Korruptionsranking an die untersten Stellen weltweit gedrückt haben. Jetzt, freilich, jetzt ist das alles zu Ende. Nachdem die Ukraine ... pleite ist, ja völlig am Boden liegt, nur noch genährt wird von Frühlingstäubchen, die mit zartestem Gezwitscher endlich endlich alles besser machen.

Nun brennt aber doch in Westeuropas Politikstuben der Hut. Denn auch wenn die Vorräte etwa in Österreich noch bis Februar ausreichen, wie erst jüngst verkündet wurde - der Sommer steht vor der Tür, und Rußland muß bzw. möchte (denn es verdient viel Geld damit, das es braucht - und das ist ja immer eine Schwäche, wie alle wissen die am 1. ihr völlig unmotiviertes Gehalt am Konto erwarten und deshalb so unvorsichtig waren, Miet-, Leasing- oder sonstige Vertragsverpflichtungen einzugehen) seine ukrainischen Tanks befüllen, um auch liefern zu können. In einem seit vielen Jahren völlig heruntergewirtschafteten Land, in dem kaum etwas funktioniert, wie Reisende immer wieder bestätigen.

Bereits jetzt sprechen westeuropäische Finanzpolitiker mehr oder weniger offen davon, daß die Ukraine ein Sanierungsfall ist, der die für die "Rettung" Griechenlands notwendigen Gelder um ein Vielfaches übertreffen würde. Und - wird. Denn die westeuropäische Politik scheint es genau darauf anzulegen. 

Und dennoch sei Rußland der Schurke. Das hier nicht nur will, daß gelieferte Ware auch vertragsgemäß bezahlt wird, sondern sogar noch bereit ist, der Ukraine für die notwendigen Sommerlieferungen neuerlich einen Sonderrabatt von 100 Dollar zu gewähren, der den Gaspreis auf dann etwa 300 Dollar pro Kubikmeter senken würde.

Der Leser mache sich selbst ein Bild. Auch über die westeuropäische Presse. Und er versuche die Frage zu beantworten, was Westeuropa (= die EU) überhaupt politisch will. Und er findet vielleicht eine Erklärung dafür, warum die "neo-faschistische Politik" Putins, der doch glatt frech genug ist, die Interessen Rußlands und russischer Unternehmer und Bürger zu vertreten. Auch gegen die friedliebende und demokratische EU, unter den Bürgern Westeuropas so seltsame Zustimmung findet. 

Vielleicht, weil sie logischer, berechenbarer ist? Während die Politik der EU mit Europa und europäischen Interessen selbst kaum noch begründbar scheint? Vielleicht, weil sich die Bürger Westeuropas auch Politiker eines Schlages von Putin wünschen, der nämlich seltsamerweise eines tut: tatsächlich Politik zu machen, das heißt: das Schicksal seines Landes zu vertreten, seine Zukunft auch geopolitisch zu gestalten, ihr nicht nur irrational hinterherzuhecheln?

Natürlich, man trifft die Politik der Staaten seit fünfhundert Jahren speziell nur noch am Geld.  Da ist freilich Westeuropa in eklatantem Vorteil. Denn hier, hier wird Geld im perpetuum mobile selbst produziert. Damit kann man einen einzelnen Staat wie Rußland, der von wirklichen Lieferungen und Waren abhängt, natürlich ausbremsen. Während man viele Verbündete dort gewinnt, wo das Lechzen nach virtuellem Wohlstand besonders hoch ist. Da ist ein Gefüge wie Rußland, das historisch aus dem Ausgleich und der Kooperation von Nord und Süd, von Schwarzerde-, Waldland und Steppe beruht, sodaß das Geheimnis des russischen Staates historisch wunderbar aufzeigbar genau in der Zusammenfassung und Ordnung dieses gegenseitigen Bedürfens verstehbar wird, ein gefundenes Fressen.

Einer Ex-Kultur, die wenn sie schon selbst nichts mehr zuwege bringt als Illusionen, wenigstens die anderen Mitspieler auch destabilisieren möchte. Damit endlich endlich alle gleich werden. Im Nichts.

Was aber scheint sich da auch im Westen aufzubauen? Dämmert da nicht eine eigentümliche Sympathie, ja Sehnsucht nach dem Licht aus dem Osten? Nach dem "lux ex oriente"? Die Menschen scheinen seltsam eigen zu empfinden weil zu werten. Seltsam für das, was sich in Europa noch Politiker nennt. Und damit genau die Tore dafür öffnen, was zu verhindern sie vorgeben.

Seltsamer Geist, der stets verneint, und genau damit schafft.




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Montag, 16. Juni 2014

Aus dem Vollzug genommen

Nun ist die Welt ja  nicht eine Summe von Bäumen, Steinen, Kubikmetern Wasser, Lebewesen etc. Sondern das, was wir als Wald bezeichnen, ist das, was wir als umfassendere Wirklichkeit dieser hier stehenden Bäume bezeichnen. Und es ist mehr - es ist eine höhere Wirklichkeit, die sich auf die Bäume selbst bezieht, und diese wiederum auf sie, in untrennbarer Zweiseitigkeit. Deshalb läßt sich die Welt nicht in eine Summe von Funktionen auflösen, die als "chemische Reaktionen" oder "mechanische Wirkung" bezeichnen lassen, wie es die Wissenschaft tut, die sich ja nur auf diese Teile beziehen kann, insofern zwar Wissen schafft, aber dieses Wissen erhält nur Sinn und Bedeutung, wenn es in seinen höheren Bezügen gesehen wird.

Im alltäglichen Leben ist der Mensch (bzw. ist alles) als Vollziehendes aufgenommen wie aufgefaßt. Der Mensch hat es als gewissermaßen ersten, begegnenden Gegenstand mit  dem Baum zu tun, mit dem Kubikmeter Wasser. Die höhere Wirklichkeit, in die alles eingebunden ist, gleichfalls wahrzunehmen, gleichfalls in diese umfassendere Wirklichkeit (die, noch einmal, real ist, kein rein "gedachtes Ding", ohne das es auch ginge) ist das, was wir als Kultur bezeichnen. In die hinein deshalb ein Mensch erzogen werden muß, weil sonst die Kultur mit jeder Generation wieder abreißt, von vorne beginnen muß. Auf der Ebene des Baumes, sozusagen, gibt es nämmlich gar keinen Wald, auf der ersten Ebene der gegenständlichen Begegnung gibt es ihn überhaupt nicht.

Das Darstellen dieser Wirklichkeit ist nun die Aufgabe der Kunst, (die sich hier mit Religion berührt). Sie stellt die Dinge des Weltraumes, der uns umgibt, in ihrer gewisermaßen höheren Wirklichkeit dar, sie stellt diese Wirklichkeit selbst dar. Und damit macht sie sie zu einem "vollziehenden Ding" für den Betrachter. Sodaß er, auf einer höheren Ebene, damit umgehen kann. Darauf reagiert, damit hantiert, damit lebt, damit und auf es bezogen handelt.

Der Künstler muß damit zuerst die Dinge "zerschlagen", er muß sie in gewisser Weise entwirklichen, aus ihrem Realzusammenhang herausnehmen, um sie aus dem Vollziehenden herauszunehmen. (Es ist etwas anderes, eine Würstelbude vor sich stehen zu haben, die verkauft, oder eine Abbildung der Würstelbude zu sehen, die nur noch "virtuell" verkauft. Hier tritt etwas anders in das vollziehende Wahrnehmen (über die Sinne) - die höhere, ja eigentlichere, wirklichere Wirklichkeit, die damit zum Objekt der Erfahrung wird, und damit Gefühlswert erhält (und so den Menschen als Kulturwesen bereichert, formt). Das ist mehr als "Erkenntnis", die abstraktiv wieder nur in vollziehenden Gedanken abzulösen vermag. Und es ist der Quell des Denkens.

Dazu muß der Künstler sich selbst von diesen Dingen aber gelöst haben. Er darf sie nicht als die Objekte verwenden wollen, die sie im alltäglichen Vollziehen (bloß) sind. Er muß sie "entschärfen", sie werden zum bloßen Material einer darzustellenden höheren Wirklichkeit.

Und nun, um beim Beispiel zu bleiben, kann der Künstler "den Wald" zum Objekt der Erfahrung machen, und damit wird er als erkanntes Ding zum Objekt der Welt des Betrachters. Auch wenn dieser "Wald" "in den Bäumen" steckt. Je höher er in seinem Erkennen steigt, desto höher, umfassender wird deshalb auch die dargestellte Wirklichkeit als Erfahrungsgegenstand. (Worin, übrigens, das Phänomen begründet liegt, daß Künstler von ihrer Zeit nur selten verstanden werden, ihr immer voraus sind - weil sie die "nächste'" Zeit ... gründen.)

Weil aber diese dargestellte Wirklichkeit real ist, ist sie nicht einfach "hinzuzudenken", oder gar "zu erfinden". Der Geist des Menschen ist nicht einfach ein bliebiges Gedankenkonstrukt, ja er wird überhaupt erst zum Geist, wenn er in persönlicher, das heißt sich selbst in Freiheit vollziehender Gestalt auftritt.

Gleichzeitig ist es nicht "egal", anhand welcher Qualität der Darstellung der Gegenstände eine Wirklichkeit gezeigt wird, wie jüngst jemand meinte, als er es als gleichgültig bezeichnete, ob man "Liebe" durch einen mickrigen Blumenstrauß oder ein großartiges Bucket ausdrücke. Es ist nicht egal, wenn auch im Einzelfall komplex und erklärungsbedürftig. Aber versuche man die selbe Darstellung mit einem Strauß Disteln sich vorzustellen - und schon ist die dargestellte Wirklichkeit völlig anders, so gleich das Lachen im Gesicht des Gebers auch (trechnisch) sein möge. Diese Wirklichkeit hängt untrennbar mit den Gegenständen zusammen! Eine Ansammlung von Rumpelstilzchen wird kein "Wald" (bzw. bestenfalls im übertragenen, eingeschränkten Sinn.)

Diese Wirklichkeit kann nur GEfunden werden, nicht ERfunden, und nimmt im Sichtbarmachen automatisch die Formenwelt und (auch ästhetische) Charakteristik der Zeit an, weil auch der Künstler ja nur aus dieser Zeit heraus kommen kann (aus der er heraussteigt, sie somit - mehr als der Mensch des Alltags - erkannt und in letzter existentieller Kraft, die auch ihren Tod enthält, den der Vollziehende ja notwendig ausklammert, erfahren hat: dem Künstler muß alles gestorben sein, damit es vollkommen leben kann). Sonst wird das Objekt ("Kunstwerk", das aber dann gar keines mehr ist) zum bloßen Gegenstand einer ästhetisierenden Geste. (Der weil in jedem Fall so auch hier eine ethische, sittliche Haltung zugrundeliegt.) Und es wird durch die Kunst, deren Einfließen in und als Kultur damit deutlich wird, keine unreale Wirklichkeit geschaffen, sondern jene Wirklichkeit dem Menschen mehr und mehr erschlossen, in der er ohnehin lebt, der er sich aber nicht in Freiheit zuwenden kann, die ihn einfach beherrscht. Deshalb muß Kunst - wahr sein. Und Kunst, die solche ist, ist wahr, wenn in ihrer Reibung zum alltäglichen Vollzug auch nicht immer bequem.*




*Auf das Spezialgebiet "sakrale Kunst" wollen wir hier nicht näher eingehen. Die sich in vielem Grundsätzlichen ja gar nicht von "profaner" Kunst unterscheidet, aber etwa im Sakralraum oder liturgischen Dienst eine neue Ebene der Gesamtwirklichkeit betritt, die es noch einmal überhöht. Denn in der Liturgie, im Kult, wird die höchste, alles umfassende, göttliche Wirklichkeit dargestellt, IST diese Wirklichkeit. (Oder, wie im Heidentum, in allem Nicht-Katholischen, SOLL sie sein.)




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Samstag, 14. Juni 2014

Genau hinsehen

Eigentlich müßte man die Frage viel weiter, viel grundsätzlicher stellen, als es der (immer wieder sehr lesenswerte) April-Newsletter von genesisnet.info tut. Er wirft die für die Evolutionsgläubigen schwierige Frage auf, wie es kommt, daß immer wieder Fossilien gefunden werden, die sich von heutigen Lebensformen überhaupt nicht unterscheiden. Die also, wie im Fall des Königsfarns, über 180 Millionen Jahre völlig unverändert geblieben sind. Und zwar, wie hier auch, bis in die subzellulären Strukturen hinein, was zumindest sehr ungewöhnlich ist und einem der tragenden Paradigma aller Evolution nicht ganz entsprechen. 

Diese Tatsachen sprechen vielmehr dafür, daß die Veränderung von Lebewesen zwar im Dialog mit der Umwelt vor sich gehen, ja, und das hat auch nie jemand bestritten, im Gegenteil, aber ein Dialog zwischen einem an sich unveränderlichen Grundplan und den faktischen Umwelteinflüssen sind. Im Rahmen eines Stufenbaus der Natur, die Ausdruck des je Allgemeineren hin zum immer Spezifischeren, bis zum Universalen - und Transzendentalen - des Menschen ist, in dem Alles und Eines zusammen ist. 

Das heißt, Anpassungserscheinungen - in Mangel wie in Entsprechung - für eine Entelechie sind, die allen Dingen, allen Lebewesen zugrundeliegen. Um es platonisch zu formulieren: Daß sich alles also nach einer Idee entfaltet, und nicht die (primäre) Idee aus dem Faktischen der Weltveränderung entsteht. Die Welt also ein Spiel zwischen Form und Inhalt, Idee (eidos, formendes Bild) und Materie, act und potens ist. Die zwar nicht trennbar, doch logisch einander hierarchisch in vor und nach zugeordnet sind, und sich je aufeinander (real) beziehen. Sodaß alles, was es gibt, nicht einfach ein zufälliges "etwas" ist, sondern immer ein bestimmtes "Etwas", das in einer Begriffspyramide, an deren Anfang das (nur dynamisch zu verstehende, alles potentiell enthaltende, im Akt zur fleischlichen Gestalt des Seienden, im Geist der Liebe ausfließende wie sich zurückbeugende) Sein selbst steht, Gott, vom Verstand in Begriffen und Logik (als ähnliches Abbild - Analogie - dieser göttlichen Aktivität, die ja allem Seienden zugrundeliegt) symbolisiert werden kann.

Wer weiß also aber, was wir unter der Brille, nur nach "Verändertem" zu suchen, alles übersehen haben. Denn nur unter diesem Paradigma wird seit hundert Jahren geforscht, gedacht, gefiltert. Unter dem Druck, eine mechanistische Evolution beweisen zu sollen, ist es höchst wahrscheinlich, daß wir uns auf einen kleinen Ausschnitt der Natur konzentriert haben, und das große Ganze, den überwiegenden, ja den erdrückend überwiegenden Teil der Natur gar nicht rezipiert haben. Daß wir nur sahen, daß die Naturwissenschaft nur suchte, was dem evolutionären Paradigma (wie gesagt: als mechanistisch-immanentistisches, rein materiales Prinzip gesehen) entspricht.

Dann wäre auch diese Sammlung von Thesen (denn von einer geschlossenen Theorie ist die Evolutionsforschung weit entfernt, was alleine zeigt, welcher Wille dahintersteht: der bereit ist, riesige und überaus häufige Lücken - "Hier hat die Evolution in Millionen von Jahren ..." - zu akzeptieren, um dennoch eine Welterklärung daraus abzuleiten, die enorme Auswirkungen auf die alltägliche Wirklichkeitsrezeption hat) nur eines der für die letzten 200 Jahre vor allem typische Symptom einer Zeit, die den Blick von der Welt wegwandte, um Wahrnehmung (und vertieften Sinneseindruck) einer oberflächlichen Thesenwelt, einer virtuellen Welt zu widmen. Was sich in den politischen, geschichtlichen Entwicklungen am augenfälligsten zeigte, als Zeitalter der Ideologien. Eine Grundhaltung, für die das Internet exzellenter Ausdruck ist.

Was im übrigen der Verfasser dieser Zeilen auch für zutreffend hält. Die Evolutionsparadigmata (in der Form einer Gesamtweltanschauung*) sind ein Phänomen der Massenpsychose, nicht weniger als so viele politische Theorien, als so viele anzutreffende Weltanschauungsmodelle und Esoterismen, und nicht weniger als apokalyptistische Massenphänomene wie die Klimahysterie es ist, selbst wenn sie da und dort richtige Feststellungen enthalten. Die aber selten mehr als Äquivokationen sind - gleiche Worte, aber falsche oder verschobene Begrifflichsinhalte. Ja, unsere gesamte heutige und alltägliche Anschauungswelt besteht bereits fast ausschließlich ... aus Massenpsychosen, die sich in einer virtuellen Welt wie in einer Nährlösung entfalten, die den Kontakt mit dem Boden der Welt verloren haben. Und die nicht nur "bereits" die Wissenschaft ergriffen haben, sondern die im Wechselspiel von ihr ausgehen.





*Daran ändern auch noch so phantasievolle Neu-Theorien etwas (die in letzter Zeit auffällig und weltweit entstehen, weil die Unzulänglichkeit und Widersprüchlichkeit bisheriger Evolutionsparadigmen einfach zu offensichtlich wurde - als Ergebnis der Forschung, übrigens), die versuchen sich Gesamtbilder auszudenken, die "funktionieren würden ...". Mit dem Ziel, das materialistische Paradigma der totalen Weltimmanenz, auch des Geistes, zu retten.

**Über einzelne Anpassungserscheinungen, ja Entwicklungen, streitet niemand, und hat auch nie jemand gestritten. Ja im Gegenteil, sie erhalten erst unter dem Begreifen als Schöpfung ihren Sinn und helfen umgekehrt, Schöpfung noch tiefer zu begreifen. Es geht also nicht um einen simplifizierten, zur Ideologie erstarrten Creationismus. Auch wenn der VdZ der Meinung ist, daß selbst diese einfachen bildhaften Modelle noch mehr Welterhellungskraft besitzen, als der Evolutionismus, der den Blick auf die Welt schwer verdunkelt.




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Donnerstag, 12. Juni 2014

WEM glauben, um zu erkennen

Die Kernfrage heute ist nicht, daß die Menschen nichts mehr glauben. Oh ja, sie glauben, und gerade die, die das bestreiten, glauben umso mehr. Die Frage ist nur - WEM und WAS glauben wir dadurch, daß wir JEMANDEM glauben. Weil subjektives Urteil aus dem individuellen geistigen Horizont erst aus dem (über die Sinne) Begegnenden eine Wahrnehmung (über die Welt) machen, baut jeder Mensch auf Gewißheiten auf. Deren Gestalt er aber ... nicht aus sich bezieht. Die Erfahrung vermag nur diese Theorien unterfüttern. Sie ist aber darauf und zuvor angewiesen.

Damit reduziert sich die Frage nach Erkenntnis (bzw. Wahrheit) auf die Frage nach der Autorität. Ohne die es keine Erkentnis gibt. (Was die Bedeutung der Familie, der Eltern, sowie der realen familiären Struktur erkennen läßt.) Nicht als "Zwangsinstrument", als die Autorität verleumdet wird und wurde (um andere Autoritäten und damit Erkenntnisinhalte zur Geltung zu bringen, um nichts sonst geht es dabei), sondern als Quelle der Erkenntnis.

Dieselben Leute, die auf traditionelle Autoritäten (Religion, Kirche, Familie, Väter) schimpfen, sie so gerne verleumden, entkräften wollen, beziehen sich in der nächsten Bewegung auf andere Autoritäten, denen gemäß etwas so oder anders wäre. Denen sie blind Glauben schenken. Es kostet oft genug ein Lächeln, wenn man erkennt, in welchem Ausmaß die Menschen heute blind glauben (und: es dabei ja doch nicht tun, weil ohne Verifizierung/Falsifizierung glaubt man gar nicht.) Unser ganzes heutige Denken und Meinen ist nichts als von Autoritäten übernommene Erkenntnis . Das wäre nichts Neues, weil das so ist weil es nicht anders sein kann. Die Frage ist nur, welche Autoritäten zur Geltung kommen.

Aber das enthebt nicht den Einzelnen - heute mehr denn je - die Aufgabe zu übernehmen, das Geglaubte selbst zu verifizieren/falsifizieren. Zu prüfen, ob es mit seinen sinnlichen Daten übereinstimmt. 

Deshalb ist der sicherste Weg zur Wahrheit - die Genauigkeit und Hingabe, sich der Welt, der Schöpfung, dem Begegnenden zuzuwenden. Denn dort liegt der sicherste Anker. Zwar noch nicht für die Wahrheit selbst - die muß empfangen werden. Aber für das Ablehnen oder Zustimmen. Und deshalb sucht die Lüge zuerst die Loslösung von der sinnlichen Erkenntnis der Dinge, der Welt. 

Diese Hinwendung aber ist eine Frage auch der Zeit, die man einer Sache betrachtend zuwendet. Die Verwirrtheit der Moderne geht deshalb einher mit der Flüchtigkeit, mit der die Welt betrachtet wird, mit dem Tempo. Deshalb hat die Lüge nie Zeit. Sie drängt immer. Und ein Ding ergibt sich not-wendig (im wahrsten Sinn) aus dem anderen.

Wer sich aber mit vollen Sinnen der Natur zuwendet, wer sich den Dingen betrachtend zuwendet, dem geht dieses Hinweisen, dieses Ahnen aller geschöpflichen Dinge auf. Dem geht auf, daß dieses Ahnen eine Erfüllung braucht - die Wahrheit einer Autorität. Denn die Welt ist uns "auferlegt", sie stellt sich uns zur Aufgabe. Sie ist kein Material, mit dem wir machen können, was uns einfällt.

Es wird heute so viel davon geredet, sinnlich zu werden. In gewisser Weise mit Recht. Denn genau das - sind wir so wenig wie noch kaum eine Kultur in der Geschichte. Der Empfindung zu verfallen heißt nämlich nicht, sinnlich zu sein. Wahrnehmung ist eine Frage der Wahrheit, der Deutung des über die Sinne einlangenden Eindrucks. Eine Frage des Urteils. Dem Glauben - dem Für-wahr-halten - geht ein Akt voraus, der Freiheit und deshalb Wahrheit und Reife verlangt. (Die dem Kind die Eltern vorgeben müssen, bis es zu dieser Reife im Erwachsenwerden selbst gelangt ist.)

Aber immer gilt, daß wir erst, wenn wir bereit sind, den Dingen ihr Recht (ihre Gestalt) zu belassen, sie in uns (von der Phantasie - einer sittlichen Kraft! - gewogen und gedreht) zur Entfaltung bringen und damit erfahren, im spielenden Aufnahmen der Eindrücke, im Erinnern, und ihnen nicht vorschnell mit Theorien zu Leibe zu rücken - dann werden wir auch die rechte Wahl finden, welcher Autorität wir glauben können. Denn ohne diese Rückbindung an das, was wir sinnlich vorfinden, wird Autorität zum blinden Fanatismus. Wird auch die Hilfestellung durch die Technik zur alles beherrschenden Welt selbst, die uns in Wahrheit die Welt aus der Hand schlägt.

Und unsere Zeit ist erschreckend fanatisch. Weil sie die rechte Autorität nicht mehr kennen will. Denn die verlangte auch ... die Mühe der Selbsthebung, der Überwindung der Trägheit, die Treue zum Urteil, ohne die sich Wahrheit aber gar nicht erschließt. Sondern zur These wird, der die Wahrheit zur Gefahr wird.




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Dienstag, 10. Juni 2014

Götter und Gewalten

Die Auflösung  kultureller Formen als Ordungssysteme der Allgemeinheit - in Institutionen, Verhaltensmaßregeln und nicht zuletzt religiösen Riten - bringt in einer Gegenbewegung das Bestreben an die Oberfläche, sich individuell zu verankern. Ganz auf sich geworfen, beginnt so klammheimlich die Selbstvergottung des Menschen, denn fallen die Riten und Ordnungen, fällt auch die Bedeutung der Ordnung als Ausdruck göttlichen Willens, als Analogie, Ähnlichkeit zu göttlichen Gesetzen fort. In der Profangeschichte kann man es mit "Cäsaropapismus" bezeichnen: Ohne weitere Verankerung im Vernünftigen, wenn auch mit leidlicher posthoc-Verankerung im Rationalen als (sprachlich gesehen: äquivoke, tautologische) Rechtfertigung, wird eine Person zur autonomistischen Quelle von Ritus und Ordnung.

Das heißt, daß mit dem Auflösen der Riten und Ordnungen die Welt ihr Heil als von sich abgeschlossen, das Transzendente als nicht mehr existent erlebt. Denn in den Riten, in den Ordnungen drückt sich der Wille Gottes aus. Das ist eine uralte Menschheitserfahrung, in der sich der Mensch gar nicht anders "sichern" kann denn durch die Einbettung in die kosmische Gesamtordnung, die sich wie in den Planetenbahnen, in der unfaßbaren Ordnung der Natur, so auch in der menschlichen Gesellschaft ausdrückt.

Also greift man auf Ersatzriten, auf Ersatzordnungen zurück, denen dasselbe eignet: sie suchen (mangels Vertrauen auf die Gegenwart Gottes in überlieferten Formen und Gestalten) neue Bezugspunkte, suchen eine neue Definition des Kosmischen, und fallen fast zwangsläufig darin auf das Individuum zurück, der, traditionslos und entwurzelt, nur noch sich selbst als Maßstab und Urteilenden hat.

Was nichts weniger bedeutet, als eben - Selbstvergottung. Weil diese Reaktion aber nicht erfolgen kann, ohne die Grundbewegung des Menschen als auf "Etwas" außerhalb seiner zu integrieren, ja: die Herkunft der Grundlage seiner Erkenntnis aus (bzw. in) der Autorität (die nun selbstgesucht ist) - als Gegebene sohin, denn gegeben sind auch dem Autonomen Menschen die ersten Grundlagen seines Erkennens und Urteilens - folgt mit gleicher Zwangsläufigkeit die Vergottung anderer.

In solchen Phasen einer Kultur treten die Messiase auf, die politischen unumschränkten Herrscher. Hier treten die Gurus auf, und die Rattenfänger. Denn diese Bewegung auf die Autorität hin muß wesensgemäß irrational sein.

Diese Quasi-Göttlichkeit läßt sich seit vielen Jahren und in den beiden letzten Jahrzehnten in immer deutlicherer Ausprägung in der Stellung der Päpste erkennen. Selbstverständlich nicht in dogmatischer Ausprägung, sondern eben - irrational, das heißt zwar real, aber nicht im Wort. Hier ist nicht nur eine immer raschere und lückenlosere Sanktifizierung der (verstorbenen) Päpste zu beobachten, sondern im letzten Jahrzehnt wuchs diese zeitliche Differenz - die Kirche hat früher nicht ohne Grund zwischen Heiligsprechung und Todeszeitpunkt einen oft langen Zeitraum verstreichen lassen - auf eine "Minuszeit." Schon bei Benedikt XVI. war die Tendenz zu bemerken, ehe sie sich in Papst Franziskus endgültig bahnbrach. Der noch kaum ein Wort gesagt hatte, und schon als "fraglos heilig" galt und gilt, ja mehr noch: als psychologische Tatsache (noch einmal: natürlich nicht dogmatisch ausgeprägt oder explizit so verbalisiert) wird dieser Papst bereits als Gott verherrlicht.

Das nährt sich noch aus eine weiteren Quelle, ja sie ist eine der Hauptquellen dieser psychologischen Bewußtseinsentwicklung, als die man es begreift. Diese "Minuszeit" wurde Wirklichkeitsausdruck im selben Maß, in dem die Heilsvermittlung mit dem Gottesvolk selbst zusammenwuchs. Die Distanz zum Altar, zum Opfer wurde nicht nur geringer, sondern in der Praxis sogar völlig eliminiert.

In einer Umdeutung des Missionarischen, an dem jeder Gläubige teilhat, wurde dieser Sendungsauftrag ("Allgemeines Priestertum") losgelöst von seiner Grundbedingung - der Heiligkeit. Was durch die Symbolik des Tuns selbst zwangsläufig die Folge hatte, daß sich die Gläubigen bereits als Heilige begreifen.

Weil aber damit kein reales liturgisches Geschehen mehr diese Gegenwart Gottes sinnenfällig verwirklicht (auch nicht dort, wo sie tradionalistisch-museal erstarrt ist), die Liturgie selbst zu einem Stehkonzert mit Wortspenden reichlichster Art reduziert wird, fehlt Menschen (wie Priestern!) die Realerfahrung des Göttlichen. Also - und das muß endlich einmal gesagt werden - wird die rein menschliche, irdische Gestik zum Ausdruck dieses Versuches, den transzendenten Gott, quasi in die Welt zu reißen, zu zwingen. 

Die Liturgie, die sich in einer Parallelentwicklung zu den gesellschaftlichen Organisationsformen (Staat) als therapeutische Erziehungsanstalt begriff, therapiert jeden der Teilnehmenden, wobei jeder jeden therapiert.* Die gegenwärtige** Liturgie ist die Gegenwärtigsetzung des Menschen, nicht mehr Gottes (auch wenn sie das im reduziertesten Kern natürlich noch ist, das, was man also "gültig" nennt), und sie ist seine Heiligsprechung als Postulat. So, wie die "Autoritäten" postulativ heiliggesprochen werden, das Wort vom "Heiligen Vater" einen neuen faktischen (und gewissermaßen wörtlichen) Sinn erhält. Die religiöse Praxis der Gegenwart erzeigt sich somit als Ausdruck der realen Erfahrung der Weltordnung aus dem gesellschaftlichen Leben heraus. Wie sollte es auch anders sein. Hier schließen sich die Kreise.





*Erst dieser Tage hat der VdZ an einer Sonntagsmesse teilgenommen, in der er wieder einmal einen Priester erlebte, dessen extrem übertriebene Gestik sich als verzweifelter Versuch verriet, diese Immanenz, in die der Mann - und das Gottesvolk - eingesperrt ist, gewaltsam zu durchbrechen.

**Wie sie in der Realität vorzufinden ist - auch hier natürlich: nicht dogmatisch, theoretisch so ausgelegt; zur schizoiden Zweiteilung von Wort und Inhalt sei auf den Artikel über die Er-innerungslose Erinnerung von voriger Woche hingewiesen



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Montag, 9. Juni 2014

Sexuelle Perversionen

Es ist einfach interessant, die Schlüsse mögen dem Leser dieser Zeilen anheimgestellt sein. Aber eine Untersuchung in den USA ergab, daß Frauen von - per Lesart: verpönten - harten Pornos kaum weniger "angetörnt" werden, als Männer. Zwar ist die offizielle Aussage anders, zwar betonen Frauen, befragt, die Wichtigkeit feministischer Sichtweisen (was sonst ... wird ja an allen Ecken autoritativ als Wahrheit verkündet), aber in ihrem realen Verhalten reagieren sie anders. 

"Es gibt durchaus ein Publikum für feministenfreundliche Pornos, jedoch ist das nur ein kleines Publikum und ein kleiner Teil der Frauen insgesamt. Was faszinierend ist, ist dass Frauen oft die Idee von feministischen Pornos unterstützen und sozial daran glauben wollen. Aber wenn es darauf ankommt, ist das einfach nicht das, was sie gerne sehen wollen," schreibt Pressetext.at

Das ist wohl auch das, was Lars von Trier zu Anfang seines Films "Nymphomenia II" versucht hat. Zu dem ihm aber nach und nach, und schon gar in der Endredaktion, der Mut verließ, sodaß der Film erbärmlich in einem stockdummen feministischen Statement endet. Mit dem der Filmemacher wohl versuchte, die ursprünglich deutlich geahnte, mehr als gewußte, reflektiverte Grundaussage des Films abzuschwächen versuchte. "Kreide zu fressen," um von den Lämmlein angenommen und geliebt zu werden, so einer der Lehrer des VdZ zu diesem selbst, angesichts seiner Versuche, "konsumiger" zu werden.  

Denn der (freilich) intellektuell überladene Film (was auch dann zum Ausweg aus der eigentlichen Aussage werden soll) zeigt am Anfang durchaus einen Kern der Problematik: Die Frau sucht Heilung von ihrer sexuellen Empfindungslosigkeit durch Unterwerfung. Nicht unähnlich, wie es der VdZ in seinem Roman "Helena" versucht hat.

Dies aber dann als feministisches Problem einer männerzentrierten Gesellschaft auszudeuten läßt auf den Filmemacher freilich nur mit Verachtung herabblicken. Das hätte er billiger haben können. Und er scheint sich selbst dieser Feigheit bewußt gewesen zu sein, denn seine provokanten Äußerungen (über Hitler) motivieren sich so recht eindeutig.  Nur hat er keinen Mut. Leider. Angefangen hätte er nämlich gut. Deshalb bleibt der Film - wiewohl gut im ersten Ansatz - widersprüchlich, in seinem Effekt zwangsweise verwaschen, wird zu einer Mißgeburt.

Trailer zu "Nymphomanica II"




Pornographisch? Lächerlich. Das gehört sogar zu einer der wenigen Stärken des Films: Nymphomaniac II zeigt zwar (auch) "die Pornographie", aber er "ist" sie nicht. Er ist im übrigen auch nicht erotisch.

Was von Trier erst versuchte - es sei ihm wohlwollend unterstellt - trifft die Wahrheit der heutigen Frau tatsächlich zutiefst: Sie fühlt, daß sie ihre sexuelle Erfüllung nur in der Hingabe, in der Eingliederung in die hierarchische Zuordnung von Mann und Frau gewinnen kann. Die ihr ihr (weicher, enteigentlichter) Mann nicht bietet. Dazu muß sie aber aus dem konventionellen Gefüge der Gesellschaft aussteigen. Und das ist SEHR wahr. Eine Unterordnung, die sie dann explizit sucht.

Es gibt erstaunliche Untersuchungen aus den USA, die belegen, daß sexuelle Stimulanz bei der Frau signifikant mit Unterwerfungswünschen und -gesten bzw. -phantasien zusammenhängt. Das feministisch-historisch-relativ umzudeuten ist trottelhaft. Es ist in der Perversion, in der Manie, wie im Film, die natürliche Reaktion auf das offizielle (Denk-)Verbot, das heute über alle Frauen und Mädchen verhängt wird, das sich auf die natürliche Zueinanderordnung Haupt - Leib bezieht: Mann - Frau.

Erst in den vertrottelten 1970igern, einer Epoche, deren paranoider Grundstruktur sich der VdZ in nächster Zeit noch intensiver widmen will - es ist immerhin seine Jugendzeit -, wurde der Orgasmus zum Merkmal von gelungener Sexualität überhaupt. Als die Sexualwelle, aus den USA - bis heute eines der (wie der VdZ mittlweile aus eigener Erfahrung weiß) prüdesten, leibfeindlichsten, puritanischesten Länder weltweit - nach Europa überschwappte, und es zum "Skandal" wurde, daß mehr als ein Drittel der Frauen noch nie (bewußt) einen ... Orgasmus gehabt hatten. Plötzlich wurde es (wer kennte nicht die grotesk dummen Kolumnen etwa einer Gerti Senger in Österreich) zum Kriterium: Die Frau müsse einen Orgasmus erlangen! Selbst und vor allem die Frauen glaubten daran. In einem Satz drückt es ein Proponent im Film auch aus: Am Beispiel von Zenon und der Schildkröte. Was man besonders will, aber dem Geschehen immanent ist, erreicht man nicht, bleibt immer VOR einem.*

Als zweitwirkliche Perversion erscheint dieses Verlangen, das eine ontologische Grunddisposition des Geschlechtlichen anzeigt, dann, wenn diese Untergliederung unterdrückt wird, also keine Weg zur Persönlichkeit findet - und deshalb virtuell bleibt. (Der eigentliche Ehepartner bzw. dann Freund/Partner der Proponentin in dem Film ist entsprechend ein weicher, "verständnisvoller" Nicht-Mann.) Die Proponentin orgasmiert, wenn sie geschlagen wird. Und erweist sich damit als Opfer der Trottelsaga, die seit den Siebzigern grassiert - die gelungenen Sexualität mit der Leistung des Mannes kombiniert, die Frau "zum Orgasmus zu bringen". Ein Spruch, der wie wohl kein anderer gelungene Sexualität seither verhindert.





*Das Beispiel von Zenon gilt als eines der Paradoxa der Logik. Zeon erzählt Folgendes:  Ein Läufer und eine Schildkröte machen einen Wettlauf.  Darin hat die Schidkröte einen Vorsprung von fünf Fuß. Es legt aber die Schildkröte immer ein Fünftel des Weges zurück, den der Läufer aufholt. Fazit: Der Läufer holt die Schildkröte - dieser Logik nach - nie ein ... denn immer, wenn er den Vorsprung aufgeholt hat, ist die Schildkröte wieder um ein Stück Weges voraus. Holt der Läufer diesen auf, ist sie wieder voraus ... Ein Paradoxon der Logik.




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Sonntag, 8. Juni 2014

Dem Geiste nach sehen

Die Welt ist nicht selbstevident, sie erschließt sich nicht aus den Empfindungen. Diese sind selbst bereits auf die Theorie angewiesen, auf die (geistig-menschliche) Deutung. Diese nimmt aus der Sinneswahnehmung lediglich ihr inhaltliches Material, an dem sie bzw. der Mensch wirkt. Was Ortega Y Gasset schreibt, ist auch der vielleicht tragendste Gedanke bei der Verfassung von "Helena oder: Das Gute ist was bleibt" (Eberhard Wagner, Passagen Verlag, Wien, 2. Auflage) und begründet den für manche so schwierigen Anfang. Der genau das zeigen soll: Die Dinge selbst sprechen nicht.

Man sagt nicht zu Unrecht, daß das gemeine Volksempfinden den Entwicklungen der Philosophie- UND der Wissenschaft - um ein- bis zweihundert Jahre hinterherhinkt. Nicht nur glaubt der VdZ, daß es bedeutend mehr sein kann, sondern die Disparatheit des heutigen Lebens, der Auseinanderfall des gesellschaftlichen Ganzen, das die Individuen auf sich zurückwirft, woraufhin dieses verzweifelt versucht, die Einbindung wiederzufinden, sondern die Tatsache, daß der heutige Mensch mit Sprache, mit Information pausenlos zugeschüttet wird, macht es dem gemeinen Mann in seinem Wechselspiel aus Notwendigkeiten kaum noch möglich, das Sinnesmaterial zu deuten.

Gefährlich wird es nämlich, wenn die Menschen glauben, wie es heute so oft verkündet wird, daß es nicht so sei. Daß eben die Empfindung auch die Erkenntnis gänzlich enthalte. Das verweist den Menschen auf etwas, das ihm keinen Halt zu geben vermag. Weshalb er von einem Ding zum nächsten eilt, um es zu genießen, um davon zu kosten - und nicht klüger, geeinter wird daraus. 

Aus den Empfindungen darf und kann nichts Originäres geschlossen werden, sie sind selbst Ergebnis einer Theorie. Vielmehr weisen die Empfindungen auf ein Problem hin, das nur in einer Theorie, von der sie als Glieder einer Kausalkette aufgefaßt werden, zu lösen ist. Außerhalb der Tätigkeit gibt es nur das Problem. Vor dem Urteil aber wiederum liegen die Akte, die der Erkenntnis ihre Materie liefern. Die Welt kann nur in diesem Doppelgesicht gesehen werden.

Doch die Welt ist für den Menschen, sie ist auf ihn ausgerichtet. Und über ihn erst auf Gott. Deshalb streben alle Dinge, alle Lebewesen auf ihn hin, und über ihn - auf Gott. In allem findet sich sohin  Verweisendes erst dann, wenn es der Mensch überzuführen vermag in den Geist. Und das ist nicht einfach "Denken", sondern dieses muß selbst in der Intuition liegen, sich auf das beziehen, was aus der "wahrhaftigen Wesensschau" (die die Reingung der Sittlichkeit braucht) erwächst.

Denn in der wahrhaftigen Reflexion muß dem Akt, dem Sinnesmaterial, seine Vollzugskraft genommen, diese ausgeschaltet werden. Es verlangt also die "Klammersetzung" über das Denken selbst, die Betrachtung des aus Akt und Wahrnehmung entstehenden inneren und reaktiven Bewegtseins.* Denn das Wirkliche ist nicht das "Bewußte", sondern klammert alles mit ein, übersteigt es.

Dem Empirismus, der meint, aus den Dingen (und Empfindungen) alleine erkennen zu können, liegt natürlich ein Funke Wahrheit zugrunde. Nämlich der, daß sich tatsächlich in der Erfahrung der Schlüssel zur absoluten Wirklichkeit selbst birgt. Aber er übersieht, so wie es heute generell übersehen wird, daß der Mensch nicht in jedem Zustand diese Wirklichkeit erkennt. Er übersieht den schweren Kampf den es braucht, um diese Wirklichkeit erkennen zu können. In einer Zeit wie der heutigen, in der sich jeder selbst heilig spricht, in einer Zeit, die sich selbst heilig spricht (und deshalb allen ihren Akten den Stempel des Absoluten aufprägt), in der die autonome, sich (etwa auch durch öffentliche, institutionalisierte Sühneakte - die political correctness läßt sich so verstehen - die Vergebung zur kulturellen Geste geworden ist, ein fundamentales Problem, ein Kulturproblem.

Deshalb sieht nur der geläuterte Mensch IN Gottes Geist (und nur vor dem Hintergrund des Glaubens an die göttliche Vorsehung, denn erst dann öffnet er sich dem Begegnenden, derst dann kann er überhaupt erkennen) in allem einen Gruß Gottes, überbracht von den Dingen, in denen er noch je nach Stufe allgemeiner leuchtet, ehe er sich im Menschen (und das macht die zentrale Bedeutung von Jesus Christus aus) zur Vollgestalt seiner Möglichkeit erhebt. Er sieht es tatsächlich, nicht virtuell (als Einbildung oder Selbsttäuschung gemeint). Deshalb kann man vom Geist Gottes als der einzigen, totalen Wirklichkeit sprechen, die je nach der sittlichen Reife des Menschen zugängig wird. Ohnendlich, weil das, was sie umfaßt, alles umfaßt was überhaupt möglich ist, und das ist ohnendlich.

Deshalb sieht aber auch der Mensch, der nicht in Gott ist, der nicht aus seinem Geist atmet, nirgendwo Gott. Und weil er in den Dingen, ihrer (ohnendlichen) Vielfalt, nichts sieht - sieht er nichts als menschliche, separate/disparate Gebilde, aus einer menschlich-reduktiven (endlichen) Theorie heraus, denen aber ihr Wesentliches fehlt: ihr Wirkliches.

Man sieht dem Geist nach, in dem man atmet.



*Man wäre geneigt zu sagen, daß hier auch die Psychologie viel beizutragen hätte. Wäre. Hätte. Hätte  man es nämlich heute nicht mit einer Psychologie zu tun, die ihre Grundproblematik nicht gelöst hat, Prämissen setzt, ohne es sogar oft zur Kenntnis nehmen zu wollen, damit "nicht weiß was sie tut", sich dabei aber verabsolutiert, und damit ihre Teilerkenntnisse oft völlig entwertet und irrelevant macht. Erst eine Psychologie, die ihre Begriffe (philosophisch) geläutert hätte, wäre brauchbar. Oder ist es wenigstens in beschränktem Rahmen, was derzeit nur von der Logotherapie gesagt werden kann, die genau diese Begriffsklärung im "Behandelten" zum Inhalt hat, freilich noch ohne ihren ontologischen Rahmen gefunden zu haben. Die besten Psychologen haben sich deshalb zu allen Zeiten im Beichtstuhl gefunden. Denn sie hatten auch den ontologischen Rahmen und Horizont, in dem der Mensch gesehen werden muß.




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Freitag, 6. Juni 2014

Erinnerung ohne Er-innerung

Wenig Überraschendes brachte ein Untersuchung an der Victoria University of Wellington http://victoria.ac.nz. Sie wollte die Zusammenhänge von Erinnerungsvermögen und dem Photographieren sehen.

Dazu teilten sie ihre Versuchspersonen in zwei Gruppen: die eine war mit einem Photoapparat ausgestattet, und sollte alles, was sie sah (bzw. ihr gezeigt wurde - Kunstartefakte, Gebäude etc.) ablichten. Die andere hatte nur ihr Gedächtnis.

Ergebnis? Die Photographierenden hatten deutlich schlechtere Erinnerung an das Gesehene, erkannten das "Gesehene" (=Photographierte) schlechter oder sogar überhaupt nicht wieder, und wußten weniger Details, als die, die nur ihr Gedächtnis hatten. 

Die Neuseeländischen Forscher meinen auch, daß dies stark mit dem Faktor des Erlebens zusammenhängt. Das läßt auf weitreichende Konsequenzen schließen, die die heutige Photographier-Manie haben könnte. Denn während Photos zwar Erinnerungen auch stützen können, so tun sie es nur im Ausmaß des mit dem Dargestellten Erlebten, das heißt: Als aktives in-Bezug-Setzen der Person mit dem Begegnenden. 

Man könnte deshalb fast von der Gefahr eines kollektiven Erinnerungsverlusts sprechen, zumal die vielen Photos einhergehen mit der Unlust wie vor allem Unmöglichkeit, sie auch entsprechend wieder zu betrachten. Damit sinken Erlebnisse überhaupt ins Nichts des Vergessens.

Ohne Erinnerung aber gibt es keinen Persönlichkeitsaufbau, weil sich kein Persönlichkeitsgrund bilden kann, der Mensch immer im Fluß des Aktuellen verloren bleibt. Es fehlt also die Basis, aus der heraus jemand dem Aktuellen begegnet.

Das erinnert an die Folgen der Veränderungen des Verschriftlichungstechnik, wie sie im Mittelalter einsetzten. War bis ins 10. Jhd. Lesen und Schreiben nur ein Ausdruck des Sprechens, und damit immer ein gegenwärtiges Geschehen, so entfernte sich die Verschriftlichung mehr und mehr davon, daß ein Schrifttext ein Ereignis selbst war, löste die Inhalte von der Form, und machte das Denken so zu einem mathematischen Prozeß, der sich nur noch im Kopf des Lesenden abspielte, nicht zu einem lebendigen Dialog mit einem realen Gegenüber. Weil Erinnerung aber wesentlich mit realen Dingen zu tun hat, das Erinnerte als Teil einer Landschaft, eingebettet in eine Architektur eines Gebäudes behalten werden kann, sodaß man an die Teile erst kommt, wenn man durch die Zimmer und Gänge wandelt, waren Einzelgedanken nie aus sich heraus verstanden.

Doch veränderte sich die Schrift selbst wesentlich durch technische Prozesse (alleine, was die Erfindung der Tinte bedeutete) zu einem Baukasten (etwa Worte und damit Begriffe zu denen des Alphabets), in dem die Ganzheitlichkeit einer Aussage - eines Wortes, das doch in Wahrheit nie vom Ganzen eines Textes, einer Aussage losgelöst werden kann - und Denken wurde zum "Ergebnis" eines technischen Prozesses, in dem eine bestimmte und veränderte rationale Logik das Zueinander bestimmte. So wird auch die Übersetzung möglicher Ersatz der Texte in der Originalsprache, wird Text nicht mehr als Gesamtdichtung begriffen. Ja, die Worte bleiben dann sogar gleich, aber das damit Ausgedrückte verschiebt sich.

Das Denken selbst veränderte sich. Mehr und mehr wurden "Gedanken" als ablösbare Werkzeuge und Bausteine erfahren, die auch in anderem Zusammenhang verwendbar - "nützlich" - waren. Die völlige Neubewertung des Denkens, wie sie sich bereits bei Descartes zeigt, war nicht zuletzt eine Folge der Erinnerungstechnik.




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Donnerstag, 5. Juni 2014

Ende der Fahnenstange

Tja, da hört es eben auf. Da sendet die Agenda Austria einen ihrer manchmal recht brauchbaren Rundbriefe aus. In denen zwar richtig aufgezeigt wird, daß die Lohnsteuern in Österreich nur ein Drittel der staatlichen Einnahmen, die Sozialabgaben aber fast die Hälfte ausmachen (den Rest füllen Konsumsteuern wie Mehrwertsteuer auf) - aber greift tüchtig in den "Gatsch", wenn sie deshalb vorschlägt, die Krankenvorsorge auf Konkurrenz aufbauen. 

Einen Mythos durch einen anderen ersetzen? Wie das? Denn Krankenfürsorge ist niemals ein Objekt der Konkurrenz. Er ist eine Sache der Nächstenliebe. Und deshalb - und DAS ist der Krebsschaden, der sich auf Bismarck zurückführt - darf Krankenfürsorge auch nie Gegenstand von Konkurrenz- und Gewinndenken sein. Denn Nächstenliebe ist immer persönlicher Akt. 

Deshalb kann es eine Gesundung der Sozialsysteme nur geben, wenn die Sozialität gewissermaßen auf Personen - und auf eine sittliche Leistung, die auch verweigert werden kann! - zurückgeführt, und das heißt: zerschlagen, auf Lokalität, bis auf die Gemeindeebene - keine historisch ältere Stadt, die kein Armenhaus, kein Bürgerspital gehabt hätte - zurückgeführt wird. Bei allem Versagen, das hier im Versagen des einzelnen Menschen begründet liegt. Anders geht es eben nicht. Nach wie vor versagen die Menschen, aber im Gesamtsystem potenziert wirkt es sich auch noch doppelt und mehrfach aus. So ist eben das Leben, so sind die Menschen - man muß mit Versagen leben. 

Alle Versuche, die Unmenschlichkeit der Einzelnen auszuschalten, durch System, im Namen einer Idee, sind nicht nur längst gescheitert, sondern produzieren noch mehr Unmenschlichkeit. Und, erstaunlicherweise: mehr Kosten. Verluste drücken immer eine falsche Gewichtung von realen menschlichen Verhältnissen aus.

Bereits jetzt ist die Explosion der Krankenfürsorgekosten auf eben dieses Geschäftsprinzip zurückzuführen, zumindest: zum großen Teil. Operationen, die ausgeführt werden, um den Kostendeckungsbeitrag des Krankenhauses zu steigern, sind nach neuesten Untersuchungen in Deutschland zu mindestens einem Drittel unnotwendig und medizinisch fragwürdig. Und wir wollen hier gar nicht in die Tiefe gehen, oder gar in die Thesen der Schmerzvermeidung um jeden Preis, denn da würde sich noch so manches aufdecken, über das zu reden schmerzhafter ist - als es einfach ... zu tun, weil es aus der menschlichen Logik. (der MENSCHLICHEN) erfließt.

Hier plötzlich in eine mythisch-vernebelte Utopie auszuweichen ist nur noch lächerlich, werte Herren. Deshalb kann auch das Konzept der Überregionalisierung, noch weit mehr Entkoppelung von Erfahrung der Zusammenhänge von Beitragszahlung und Sozialmaßnahme, und deshalb auch die von Euch propagierte Zusammenlegung der Sozialversicherungen nicht greifen, im Gegenteil: noch mehr Regionalisierung ist notwendig, will man zur Gesundung des Landes beitragen. Der Arzt, der Krankenhausbetreiber muß es mit einem persönlichen - und das heißt: von Personen getragenen - Anliegen zu tun haben, nicht mit einer per staatlich festgelegten Abrechnungstarif verrechenbaren Geschäftsleistung. Und schon gar nicht ist Krankenfürsorge "vergleichbar", als kaufte man einen Laptop bei MediaMarkt oder Saturn.

Und Krankenvorsorge heißt auch nicht, um jeden Preis Schmerz zu vermeiden. Hier hat die Palleativ-Medizin übrigens ein erstaunlich unversorgtes Sinnloch.




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Mittwoch, 4. Juni 2014

Wir sind, deshalb denken wir

Es ist nicht möglich, schreibt Ortega Y Gasset, das menschliche Denken (weil: überhaupt den Menschen) aus seiner Geschichtlichkeit lösen zu wollen. Denn es bleibt auch in der Reflexion zeit- und damit und vor allem ortsgebunden. Nicht also gilt "cogito ergo sum" des Descartes, sondern "sumus, ergo cogitamus": erst SIND wir, und deshalb denken wir auch. Aber dieses Denken bleibt in seiner Weise immer naiv an die begegnende Welt gebunden, steht mit dieser in einem Dialog, der in Haltungen, Überzeugungen wurzelt.

Deshalb ist dem Menschen das "absolute Denken" gar nicht möglich. Er selbst ist vielmehr nur aus seinem Insgesamt heraus zu verstehen - aus seiner ontologischen Situation, die eine des Lebens ist. Und die es aus den bloß faktischen Vollzügen herauszulösen gilt.

Die absolute Gewißheit aus dem Denken heraus ist dem Menschen unzugänglich. Wo er das glaubt - also: zu glauben vorgibt - versucht er etwas anders damit zu bewirken. Er findet sich aber immer an jenes Licht gebunden, das ihm das Geglaubte spendet, und deshalb offenbart sich im Reden und Denken des anderen auch, wenn man genau hinsieht, woran er glaubt.

Nicht die Denkinhalte also sind es primär, die das menschliche Denken kennzeichnen. Vielmehr ist es die Melodie seines Denkens als lebendigem Akt, der wir in diesen Äußerungen gegenüberstehen. Wir haben uns also bei dem, was ein Mensch als Gedanken hat und äußert zuerst zu fragen, was ist das, was er damit will, und: was will er eigentlich?

Der Mensch aber bleibt ein Verlorener, ein Fremder, ein Schiffbrüchiger. Der der Welt gegenübersteht, einerseits, der anderseits nur in dieser Parallelität - Mensch und Umwelt - verstehbar wird. Die sich ihm als Problem stellt, der er zum Problem wird.

Deshalb ist auch die Gestalt der Wahrheit nur als lebendige - und damit: als Person - denkbar. Und sie ist etwas, das dem Menschen auferlegt ist, die er sich nicht "machen" kann, ja, das Licht, das das menschliche Denken erst wirklichkeitsrelevant macht, muß geoffenbart werden. Sodaß sich die Wahrheit seines Denkens aus der Wahrhaftigkeit dieser personalen Begegnung, der Haltung, in der er ihr entgegensteht, ergibt. Denn das Wirkliche, das ein prozessuales Geschen ist bzw. sich darin zeigt, können wir nur staunend annehmen, um so an ihm teilzunehmen.

Die Wirklichkeit des Menschen, der er nie entfliehen kann, in die er immer eingebunden bleibt, erschließt sich deshalb weder in einem archäologistischen Rückgriff, noch in einem utopisch starren Bild eines "vollkommenen Lebens". Das Ewige bricht je nur ein in ein geschichtlich bedingtes Jetzt.




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