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Sonntag, 19. April 2015

Vom Selbstbesitz als Wirklichung

Jedes Wesen muß sich, um es selbst (wirklich) zu werden, das heißt: sich wahrzumachen, sich zu substantiieren, selbst auch erfassen (und damit nach Selbstsitz streben) - und dann in der Vollendung sich selbst im Leben (als in der Welt am Leben teilhaben) halten. Dazu aber muß es Widerstand erfahren, Versuchung, gar nicht selbst zu sein, sonst kommt es gar nie zu dieser Selbstbesitzung.

In gleichem Sinn braucht deshalb die Freiheit die Bindung, weil sie nur an der Bindung wirklich werden kann. Wer Freiheit mit Bindungslosigkeit - oder dem Abstreifen von Bindung - versteht, lehnt die Freiheit ab. Er vollzieht sie nicht. Nur im Vollzug aber wird sie wirklich. 

Erst das Wirklich-Gewordene ist dann von der Versuchung befreit.

Deshalb ist auch nur der vernunftbegabte Mensch dazu in der Lage, und es ist ihm Aufgabe, sich selbst zu besitzen. Nur er kann alles Einzelne auf einen zentralen Sinn ausrichten. Das läßt ihn über alle sonstigen irdisch-leiblichen Wesen hinausragen.

Jedes Hinausstreben, jedes Streben nach Wirklichung - am Begegnenden, am Widerstand je neu entfacht - ist deshalb als Suche nach der Ruhe zu verstehen. Denn alles "neu Herantretende" macht erst einmal Unruhe. Es muß sohin in die Vernunft(ruhr) integriert werden, und das ist nur in der Wahrheit möglich.

Denn am vollkommensten ist etwas dann wirklich, wenn es in dieser Ruhe zu bleiben vermag, aus der heraus es "alles" aus sich herausstellen kann. Wobei diese Ruhe immer ein Prozeß ist, in dem auf das begegnende Objekt geantwortet wird.

Darin lassen sich übrigens am besten die Lebensalter als Phasen charakterisieren. Als jedem Lebensalter eigenen Phase der Integration der aus Expansionskräften - als Weg zur Wirklichung - entstehenden Begegnungen in ihren einen Sinn

So hält sich der Mensch (in der Fähigkeit die Gnade aufzunehmen, der er das Lebendigsein verdankt) mehr und mehr über dem Nichts (als: dem Chaos), das seinem (im Anfang seienden) Dasein widerspricht. Und das er in der Vernunft in die Ordnung des Sinns (= logos) einbettet. Die Welt wird erst damit vom Feind - zum Freund.

Das Leben des Kindes zeigt am deutlichsten dieses ständige Spazieren am Abgrund des Nichts, als Bedrohung der Existenz. Aus der nahezu differenzlosen Eingliederung in die Welt der Mutter aber wird allmählich - durch Überwinden der Differenz der nicht-mütterlichen äußeren Welt - das Aufstehen zur eigenen Vernunft, wie sie ihm im Vater erst fern, dann immer näher steht. Denn im Vater (seinem Namen) steht Geist über dem Nichts, als Pol zur Mutter.

Es passiert - und nur so passiert es - als Beleibung. Als und in der Leibwerdung.




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