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Mittwoch, 22. Juli 2015

Umsturzphantasien

Eine interessante Studie der FU Berlin kam dem VdZ unlängst über SWR 2 zu Gehör: Eine Untersuchung in Deutschland ergab nämlich, daß nahezu ein Viertel der Bevölkerung dem Gedanken einer (linken) Revolution nahe steht, und meint, daß eine Änderung der Verhältnisse anders nicht möglich sei. 17 % der Deutschen entsprechen dabei dem Kriterium von "linksradikal", und sehen den Verursacher der "Herrschaft einer Minderheit über eine Mehrheit" im Kapitalismus.

Davon 4 % ganz sicher, weil in allen Schattierungen dessen, was man als linksextremistisch bezeichnen könnte - diese Gruppe sieht sich auch bewußt außerhalb des Verfassungsspektrums. 7 % der Deutschen befürworten (linke) Gewalt, auch gegen Einzelpersonen, um Änderungen zu bewirken. Tendenz: stark steigend. Sie lehnen die momentane Pluralität ab, neigen zu Verschwörungstheorien, und wollen sowohl das Wirtschafts- wie das  Politiksystem radikal ändern. Das ist ungefähr das Kriterium für Extremismus: Wenn Gruppen die herrschende gesellschaftlich-politische Ordnung prinzipiell beseitigen wollen.* Denen jedes Mittel** recht ist, das zum proklamierten Ziel führt. Die von einer anthropologischen Ungleichheit ausgehen, oder den Vorrang des Individuums zugunsten einer kollektiven Gleichheit ablehnt: Der Einzelne hat sich einem wichtigeren Ganzen rückhaltlos zu unterwerfen.*** Opposition ist um des entscheidenden Gesamtzieles willen auszuschließen oder zu eliminieren.

Das Verhältnis zum demokratischen Verfassungsstaat ist taktischer Natur, an sich lehnen sie die Lebensweise und Wertewelt des Westens ab. Sie glauben, so wie die 68er-Bewegung, sich in einer historischen Mission sehen zu müssen, die jedes Vorgehen rechtfertigt.**** Zwar ist eine Massenbewegung derzeit nicht zu befürchten, so die Studie, aber eine deutliche Erhöhung der Gewaltbereitschaft steht außer Frage. Sie richtet sich gegen Polizistgen genauso wie gegen Rechtsextremisten, Burschenschafter, aber auch Vertreter bürgerlicher Parteien, darunter selbst SPD und Grüne, wenn sie diesen Kreisen zu wenig radikal sind. Mit einem erstaunlichen Detail, das ein gewisses Licht auf die Szenerie wirft: 30-40 % der links motivierten Gewalttaten der letzten Jahre sind NICHT von zuvor als extremistisch eingeschätzten Tätern vollbracht worden.  

Alleine 2013 gab es aus diesem Posten in Deutschland 271 Körperverletzungen und 50 Brand- und Sprengstoffdelikte, was aber kaum öffentlich zur Kenntis gelangt ist. Stark zugenommen hat auch die Konfrontationsgewalt zwischen Links- und Rechtsextremisten, wobei nach Behördenstatistiken die Gewalt meist von Linken ausgeht. Gewalt gilt in diesen Kreisen als selbstverständlich. Nahezu alle linken Extremisten halten einen gewaltlosen Übergang des Regimes für unmöglich. Sie wähnen sich, so die Untersuchung, als Teil eines weltweiten Kampfes, in dem sie von zahllosen Feinden umzingelt sind.

Interessant dabei ist, daß die Studie auch ergab, daß sich links- wie rechtsradikal bedingen. Sie benötigen einander regelrecht als Legitimation ihrer Existenz, sehen ihre Aufgabe im Kampf gegeneinander. Ohne den jeweils anderen extremen Konterpart wäre ihre Daseinsberechtigung schwer unter Druck. Das hat ja auch der VdZ an dieser Stelle bereits umfassend darzulegen versucht. Die Studie ist deshalb interessant, weil sie eben auch treffend nicht um INHALTLICHE Unterschiede bemüht war, sondern lediglich die STRUKTURELLEN MERKMALE untersuchte.

Erstaunlich hoch ist in Deutschland aber die Zustimmungsgrad zu linksextremen Positionen. So sieht ein hoher Prozentsatz der Bevölkerung Kapitalismus und Unterdrückung in einem Zusammenhang,. ebenso wie Armut, Hunger und Krieg als Kapitalismusfolge eingeschätzt wird.

(Na, da sind sie ja mit dem Papschd einer Meinung, der auch meint, Kapitalismus hätte nur mit Gier zu tun, ohne je in seinem Leben auch nur einen Schilling selbst generiert zu haben. Und sich - siehe Biographie - nicht vorstellen kann, daß es Geld und Vermögen und Kapital gibt, das NICHT durch Gaucho- und Abenteurer-Methoden eines bis heute deutlich unentwickelten Landes von Zuwanderern - Argentinien - erworben wurde. Braucht es noch die Erwähnung - für jene, die eine Ahnung von Charaktergenesen haben - daß Bergoglio aus einer ... relativ wohlhabenden Mittelschicht stammt? Die nur das Pech hatte, sich in der Weltwirtschaftskrise zu verspekulieren, worauf seine unmittelbare Familie in Bedrängnis kam. Die Bergoglios aber, die aus Italien ca. 1926 nach Argentinien einwanderten und dort die Hilfe bereits ausgewanderter Verwandter vorfanden, waren alles andere als arm. Wer zu lesen versteht, versteht.)

Überraschend für die Untersuchenden war insgesamt die hohe Zustimmung zu direkt antidemokratischen Aussagen. Eine absolute Mehrheit (!) in Deutschland vermutet, daß unsere Demokratie gar keine "echte Demokratie" sei, weil die Wirtschaft die wesentlichen Entscheidungen treffe bzw. bewirke. Gut die Hälfte der Deutschen ist der Meinung, daß Kritiker in der heutigen Demokratie schnell als Extremisten abgestempelt würden.

Fast ein Fünftel sieht die Gefahr eines neuen Faschismus in Deutschland. 40 % befürworten, daß es für Rechtsextremisten keine Meinungsfreiheit und kein Demonstrationsrecht geben sollte. 30 % glauben, daß Deutschland durch die zunehmende Überwachung immer mehr zu einer Diktatur werde.

Nur ein Drittel ist der Meinung, daß Deutschland alle aufnehmen solle, die hier Zuflucht suchten - im Westen deutlich mehr als im Osten. Ebenfalls ein Drittel ist der Meinung, daß Demokratie grundsätzlcih nur OHNE Kapitalismus möglich sei.

Über 40 % der Deutschen sind der Meinung, daß Kommunismus und Sozialismus eine gute Idee wären, die  nur bisher falsch ausgeführt worden wäre. Wenngleich nur eine ganz kleine Minderheit DDR-Verhältnisse wünscht. Soziale Gleichheit ist aber mit demselben Prozentsatz gleich hoch bewertet, und gilt als wichtiger, als die Freiheit des Einzelnen. Im Klartext und näher ausermittelt befürworten diese Kreise zumindest immanent eine Versklavung eines Teiles der Bevölkerung im Dienste des utopischen Gesamtzieles.

5 % der Deutschen bezeichnen sich als "sehr links", und noch weitere 17 % als "deutlich linker als die übrige Bevölkerung". 13 % können sich vorstellen, bei Bundestagswahlen links von der Partei "Die Linke" zu wählen. Bei den 16-29jährigen sind das sogar 18 %. Die Gewaltbereitschaft weil Kompromißlosigkeit ist sehr hoch. Sie wollen der breiten Masse der Bevölkerung diktierne, was zu denken und zu reden ist. Eines der Totschlagargumente dabei ist ... daß jeder ihrer Kritiker zwangsläufig den Rechtsextremismus fördere oder verharmlose. Sie sehen sich einer strukturellen Gewalt des Machtstaates gegenüber, die nur durch Gegengewalt zu bekämpfen sei.²

Fazit: Nach diesen Erhebungen würden sich selbst zwar nur wenige Deutsche als "linksextrem" bezeichnen, doch entsprechen erstaunlich viele Deutsche diesen Kriterien. Umso mehr, als viele Deutsche in traditionell - aber unbewußt gebliebenen - linksextremen Positionen ihre Unzufriedenheit ausgedrückt finden. Um dann Angela Merkel zu wählen (!), unter der das traditionell konservative Mittelpublikum so nach links gerückt ist, daß es der SPD (und längst auch den Grünen, Anm.) das Wasser abgräbt.

Auffällig ist, daß die Kriterien für links- und rechtsradikale - eindeutig demokratiefeindliche - Einstellung fast deckungsgleich sind. Was auch heißt, daß diese hohen Anteile in der Bevölkerung blitzschnell zwischen diesen beiden Polen ausschlagen können. Mit ein Grund dafür ist, daß das Maß der Bewußtheit über die REALE Lebenssituation zugunsten einer "abstrahierten" Diskussion zurückgewichen ist. Man diskutiert ABSTRAKT über DEN Kapitalismus, DEN Sozialismus, und ist sich erstaunlich wenig bewußt, wie dieser Kapitalismus real aussieht - mit enorm ausgebauten Sozialsystemen - und vergißt oder blendet aus, wie die realen Formen des Sozialismus ausgesehen haben und aussehen. Das wird auch im Osten Deutschlands erstaunlich weitgehend vergessen. (Weil noch dazu, genau befragt, so gar nicht mehr gewollt.)





²Das klingt phasenweise wie Zitationen aus Laudato Si.

*Wie lange wird es wohl noch dauern, bis man begreift, daß die Klimaerwärmer - unter die sich nun auch der Papst gereiht hat - ja genau das wollen!? Also - linksextrem sind! Sie "argumentieren" das lediglich als "vernünftig". Aber glaubt ein Linksextremer, daß er "unvernünftig" ist? Beruft sich nicht jeder auf Vernunft? IST die Kirche heute damit nicht schon per Verordnung linksextrem gemacht? Das verstärkt die bereits geäußerte Meinung des VdZ: Die Kirche wird verfolgt und als Feind gesehen werden, das ist ziemlich sicher wenn sie so weiter macht. Aber sie wird es NICHT aus Glaubensgründen! Das Blutgericht über die Kirche ist kein Martyrium! Man ist nicht automatisch Märtyrer, weil man getauft ist, und jemand einem die Kehle aufschlitzt. In dieser Menge wird aber der wirkliche Feind - der eigentliche Katholik, eine verschwindend kleine Minderheit - quasi "untergehen". Er wird mit unter das kommende Pogrom fallen, denn er ist ja der eigentliche Feind.

**Haben wir es in den Diskussionen über die "richtige Pastoral", hinter denen in Wahrheit tief inhaltliche Probleme stehen, mit genau demselben Problem zu tun? Ist nicht seit geraumer Zeit quasi Dogma - so wird vielfach ausgesprochen oder immanent, ja das 2. Vatikanische Konzil betrachtet - daß das Ziel jedes Mittel rechtfertige? Es ist eine Kernfrage der Gegenwart, wie auch Laudato Si beweist. Das die Würde des Menschen nicht mehr generell sieht, sondern bestimmten wandelbaren Bedingungen unterwirft.

***Wenn die Klimawarmbewegung also heute erklärt, daß Einzelbemühungen zwar nett, aber wirkungslos sind (siehe: G. Wagner, "But will the planet notice?"), weshalb nur groß angelegte, globale Maßregeln wirksam sein können, macht sie GENAU DAS.

****Naja, ab da wird es für jeden Katholiken natürlich happig ... denn Katholik-Sein ist natürlich auch das Sein eines Radikalen! Wer glaubt, es sich als Katholik unter dem Daunenbauch der Gesellschaftsglucke warm einrichten zu können, wie es etwa das Opus Dei tendentiell betreibt, indem es Moral mit Kleinbürgerlichkeit gleichsetzt, hat ein tiefes, prinzipielles Problem mit dem Kairos.




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