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Samstag, 22. Oktober 2016

"Wie der Herr - so's G'scherr!" (1)

Es ist für jeden selbst erkennbar, wenn man es sehen kann und will, soll deshalb in dieser pointierten Form dargestellt werden. Es geht um die Grundtatsache, daß man sich jener Gestalt nachbildet, der man anhängt. Weil man in der Nachbildung auch an ihrem bzw. demselben Geist teilhat. (Im übrigen eine Grundtatsache der menschlichen Erkenntnis überhaupt.) 

Diese wechselseitige Beziehung hat einen anthropologischen Kern - und der liegt in der Ehelichkeit aller Menschen (ja aller Dinge überhaupt, dazu ist hier schon oft geschrieben worden), und natürlich im speziellen in der Ehe. (Das selbst äußerliche, physiognomische Angleichen von Ehepartnern ist ja offensichtlich und bekannt.) Der Satz läßt sich übrigens selbst bei Haustieren und ihren Haltern gut beobachten.

Dieses Anhängen ist ein "Dazugehören wollen". Deshalb ist es von größter Bedeutung, wem man anhängt, denn von diesem wird man geformt, WEIL MAN SICH FORMEN LASSEN WILL. Weil man es zuläßt.

Und deshalb ist es mehr als auffällig, daß Menschen, die Führungspernlichkeiten anhängen, die sich nicht an die Wahrheit selbst hängen, also der Vernunft offen gegenüberstehen, entsprechend ihre Vernunft verlieren. "Wie der Herr - so's G'scherr!" Deshalb zeigen sich heute viele Menschen, die bestimmten Politikern oder Führungspersonen (auch in der Kirche) anhängen, und zwar in deren Faktischem, auch diesen gemäß zu denken und zu handeln beginnen. 

Hier ist der große Riß in den Gesellschaften unseren Ländern am deutlichsten zu erkennen, hier zeigt er sich wieder. Denn das Establishment ist ja nichts anderes als eine (mehr oder weniger konkret definierte) Organschaft, die sich durch den Willen zu Zugehörigkeiten an eine (bzw. bestimmte) Spitzen kennzeichnet. 

Konkret heißt das, daß z. B. Merkel-Anhänger mit der Zeit begonnen haben, genau dieselbe inhaltsleere, vor allem aber von vielen Nebelbegriffen gekennzeichnete  Phraendrescherei zu pflegen, die Angela Merkel selbst an den Tag legt. Oder daß Heerscharen von Papst-Jubilanten dieselben Zweideutigkeiten in ihre Sprache übernommen haben, die den Papst selbst kennzeichnet. Die Beispiele sind beliebig fortzusetzen, und beschränken sich keineswegs auf "Lager".

Damit wird ein Diskurs, eine Kommunikation, ein Gespräch zwischen diesen beiden Lagern unmöglich. Denn es sind tatsächlich ZWEI Lager. Denn es ist unwichtig, WELCHER Person im Einzelnen die Menschen des einen Lager anhängen, die merkmale sind dieselben. Ihnen steht einanderes lager gegenüber - jenes der Menschen, die nicht aufgehört haben, die Wahrheit selbst als existentiellen "Dialogpartner" zu begreifen und zu sehen. Nur sie können jene Vernunft bewahren, die einen Diskurs überhaupt möglich macht, denn Diskurs verlangt in jedem Fall den Referenzpunkt Wahrheit, weil sich sonst schon die Begriffe der verwendeten Sprache unverständlich werden.

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Der entscheidende Punkt ist dabei nicht, einem "Amt" zugehören zu wollen, als Ausdruck eines Punktes in einem Gefüge, dessen Teil man ist und sein soll und sein möchte. Der entscheidende Punkt ist, zwischen der faktischen persönlichen Gestalt und dem Amt nicht mehr zu unterscheiden. Nicht mehr zu unterscheiden, daß sich die Pflicht zu Gehorsam (als Eigentümlichkeit des Eigentums, der Zugehörigkeit, die es ja ist, die einem an den Eigenschaften des Amtes bzw. dessen Repräsentation teilhaben läßt), auf das Amt selbst bezieht. Eine Unterscheidung, die äußerst schwierig, aber genauso notwendig ist. 

Weil nicht einmal im Sakrament der Ehe absolute Zugehörigkeit in allem Faktischen heilsbringend genug ist, obwohl sie dort noch am weitesten geht und sogar gehen muß, weil sonst Ehe gar nicht real - ein Fleisch - wird. Aber sie ist eben das Zusammenschmelzen auf "einen Leib", das heißt, daß beide Ehepartner vom selben irdischen Schicksal getroffen werden. Ohne je den letzten Rest an "reservatio" aufgeben zu dürfen - das Personsein, das Ich-sein, das kein Mensch je abgeben darf.*

Genau das aber tun jene, die meinen, einer Führungsgestalt rückhaltlos und in ALLEM folgen zu müssen. Sie werden nämlich dann nicht nur am Schicksal teilhaben, das dem Gesamtorganismus zugeschrieben und zugelebt wird, sondern auch an dessen ganz persönlichem und endzeitlichen Schicksal "als Maskenträger selbst". Gehorsam aber kann sich nur auf die Maske beziehen! Er bezieht sich auf den Maskenträger nur insoweit, als Maske prinzipiell nie ohne Maskenträger möglich ist, weshalb die pure Existenz dieses Maskenträgers selbst (so defiziös er auch sein mag) nicht von der Maske zu trennen ist. Also nicht wie Luther meinte, daß ein schlechter Amtsträger das Amt selbst verschwinden lassen würde, was entweder zum Pantheismus führen würde, oder zum puren Idealismus, der alles Konkrete auflöst weil konkrete Repräsentation nicht mehr kennt.

Was natürlich zu einem wahren Ritt über den Bodensee, zu einem Eiertanz wird, wenn sich diese faktische Person in vielem als mit dem Amt inkompatibel, als es oft oder zumindest mit gewisser Wahrscheinlichkeit verletzend herausstellt. Dann sind wahrlich schwere Zeiten angebrochen, die - wenn sie nicht verkürzt würden!  ("Sed libera nos a malo!" - so endet das Vaterunser: Befreie uns von dem Übel! Denn wenn die Zeit nicht abgekürzt würde, würde kein Mensch mehr übrigbleiben. Weil auf Dauer diese Unterscheidung nicht möglich ist.)

Umgekeht muß es gerade die Aufgabe von Christen sein, diese Kampf um die Unterscheidung voranzutreiben, ja vorbildlich zu führen, um die aktuellen Maßstäbe herauszuarbeiten. Denn nur sie können ihn überhaupt führen weil die Kriterien erkennen. Denn gerade sie können die größte Verwirrung stiften, bei sich wie bei denen die ihnen zugesellt sind, indem sie eine Körperschaftssolidarität demonstrieren, die alles Faktische einbegreift - und genau damit den eigentlichen Leib zerschlägt, weil auf die Unterscheidung verzichtet. Die Gestalt des Leibes als ehelicher Bezugspunkt der Treue und Liebe also verzerrt. 

Und jeden, der sich ihm zusagt (was ein Wille dazu ist, daß der andere, der, dem ich mich zuschreibe, über mich leiblich, also in der konkreten Gestalt verfügt) und der eines Urteil vertraut mit in die Falle der Zerstörung treibt.**



Morgen Teil 2) Die Anmerkungen, in denen wie so oft an diesem Ort weitere Kerne stecken





*070916*