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Sonntag, 18. Dezember 2016

Vom personalen Rechtfertigungsbegriff

Wer erkennt, wie sehr der Mensch der Gegenwart von unbewältigter Schuld getrieben ist, wird bald begreifen, wie sehr dieser Umstand Antrieb und Faktor der gesamten menschlichen Geschichte als Erzählung ist. Schuld - und Vergebung, Rechtfertigung - ist und bleibt der Schlüssel zur Existenz des Menschen. 

Dazu muß man nur begreifen, daß es keine Form des Zusammenlebens der Menchen gibt, keine "Gesellschaft" (und der Mensch ist in sienem Wesen auf Gemeinschaft ausgerichtet, ja er braucht diese um überhaupt ein Selbst in einer Identität sein zu können) die NICHT auf dem personalen Zusammenhang von Zugehörigkeit (also von Eigentum in direkter Korrespondenz zur Persönlichkeit) aufbaut. 

Der Versuch, Gesellschaft egal welcher Form zu systematisieren, zu einem bloßen via technische Funktion abrufbaren Wirkmaschinerie zu machen weil zu erklären, muß deshalb in seinen ersten Fundamenten schon scheitern. Denn er ermöglicht nicht, was aber Essenz jedes menschlichen Moments ist: Den der Befreiung von Schuld, den der Rechtfertigung. 

Nicht zufällig fällt ein solches Volk auf eine Religion der "Verhaltens-Moral" zurück, die eine technische Maschinerie der Lossprechung bedeuten soll. Darin versucht sich eine Gesellschaft, jeder Einzelne darin, zu entschulden, indem er in seinem Handeln Rechtfertigung simuliert. Vermeintlich. Vermeintlich deshalb, weil in der Verhaltensmoral ein geistig Ding zur nur der Welt entstammenden Vorstellung (denn Konkretion IST ja das Wesen der Welt) verdinglicht wird, aber damit genau dort bleibt, wo es entstanden ist: in der Welt, in der Welt ohne reinen Geist, und damit den Menschen nie zur Ruhe bringend, denn der Mensch steht mit seinen Beinen zwar auf der Erde, ragt aber mit dem Kopf in die Sphäre des Göttlichen.

Hier zeigen sich die katastrophalen Auswirkungen der Eliminierung zweier realer personaler Prinzipien: Dem personaler Regierung (die nur im König möglich ist) eines Gemeinwesens, als Realisierung des Grundprinzips, das von der einfachsten Gemeinschaft, der Familie (und damit Ehe) ausgeht, und dem anderen Ende dieser Gemeinschaftsoritneirung des Menschen, der Orientierung auf den Vater als Analogie des Wortes, von dem alleine Rechtfertigung kommen kann. In dieser Position ist der Vater Analogie zum Verhältnis des Menschen zu Gott, und diese Wirklichkeit ist nur über die Erfahrung dieser ersten Autorität auch als gewissermaßen vorgeformte Fleischlichkeit (als Haltung) - natürlich, nicht in der Vergöttlichung des Vaters, diese Ablösung ist entsprechend ja Folge der Erwachsenwerdung, als Objektivierung dieser weltlich erfahrbaren Ausrichtung - der Gottesbeziehung erfahrbar.

Nur vom Vater kann also Ort und seine Rechtfertigung stammen, und nur von ihm kann auch Vergebung für Verstöße kommen, die in Gott hinein verlängert ist, als Tangente des Kind-Vater-Verhältnisses, als Tangente des Verhältnisses einer Familie auf den König hin. Wo immer dieses Verhältnis gestört ist - und hier ist der Feminismus in seine fatalsten Wirkung erfaßt - wird menschliche Gesellschaft (zuerst in der Familie, dort am härtesten, schärfsten, denn dort setzt die prinzipielle Individualisierungs-Realisierung des Menschen an) zu einer Kampfsituation, in der die Menschen von permanenten Rechtfertigungskämpfen getragen sind. Die notwendig in der Selbstbestrafung und der Selbstvernichtung enden, und sei es durch Entzug von Lebensmitteln (wie im Veganismus, oder dem Kampf gegen das Kohlendioxyd.)

Denn es geht um Schuld, es geht um die Suche nach einem mangels Vater* aber gar nicht erlangbaren Lossprechung und Rechtfertigung, die auf sich selbst zurückgeworfen in einer mehr oder weniger zwanghaften Selbstrechtfertigung des eigenen Lebens ausgehen muß.

Jede Form von Revolution richtet sich deshalb auf die Grundordnung, auf den Ort, auf die konkrete Form menschlicher Gesellschaft aus, und endet in der jedem Einzelnen unlösbaren Frage der Suche um Rechtfertigung und Schuldnachlaß. Um bei den einen im reuevollen Rückstieg auf die alte Ordnung, bei den anderen in der immer fiebrigeren Suche nach neuen Ordnungsschemata zu enden.**

Damit wird auch deutlich, daß jede Gesellschaft in ihre Schuldzwänge fallen MUSZ, die die Väter aus dem Kollktivgedächtnis als Ansprechstation ausschließt. Deshalb zielt auch jede wirkliche Revolution auf das Austilgen der Väter als Anhaltepunkt ab. Wer ein Volk zerstören will, muß deshalb nur seine fleischlich-positive Erinnerung zerstören, und das reale Anknüpfen an die Väter zur Schuld erklären. Er muß ihm vor allem seinen König nehmen.

Die Querverbindungen, die von hier aus zu ziehen sind, sind atemberaubend vielfältig und erhellend.



*Der reale Ersatz des Vaters durch eine vatergeiche, als in den wesentlichen Attributen väterlich seiende Priesterfigur ist eine sehr schwer zu erringende Substitution. Nur sie aber wäre ein möglicher Ersatz, der einem Überspringen einer natürlichen Stufe entspricht, die eigentlich gar nicht zu überspringen ist (gratia supponit naturam!) Was deutlich macht, welch hohe individuelle Leistung dies ist, die deshalb nur wenigen gelingt, weil auch sie gar nicht ohne realen Vater auskommt.

**Was die Geschichte jeder Revolution der Weltgeschichte eindrücklich zeigt.





*061116*