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Montag, 17. Juli 2017

Veränderung der Bevölkerung

Neue Untersuchungsmethoden bei der Extrahierung von DNA aus sehr altem Knochenmaterial machen es mittlerweile möglich: Eine jüngst abgeschlossenen Untersuchung des Genoms von über 150 ägyptischen Mumien aus der Zeit 1400 bis 400 vor Christus brachte dabei ein überraschendes Ergebnis. Denn diese Menschen zeigen genetisch hohe Verwandtschaft mit der Genlandschaft der Menschen der Levante, des Nahen Ostens und aus Europa aus der Zeit des Neolithikums.

Auffallend ist auch, daß sich den untersuchten Mumien aus einer Zeitspanne von 1.000 Jahren so gut wie keine wesentlichen Veränderungen der DNA zeigen. Das bedeutet, daß sich auch die vielen Fremdherrschaften kaum auf die genetische Disposition der Ägypter dieser Zeit auswirkten. Das wollten die Forscher der Universität Tübingen und vom Max Planck-Instituts nämlich herausfinden. Vergleicht man diese DNA mit der DNA aus Gebeinen des Neolithikums der erwähnten Räume liegt der Grund auf der Hand: Die Völker dieses geographisch gesehen großen Raumes unterschieden sich kaum. Zumindest nicht genetisch.

Insgesamt deuten die DNA-Befunde nämlich darauf hin, daß es eine genetische Kontinuität im Mittelmeerraum vom Neolithikum bis hin zu den Römern gibt. Zwischen den alten Ägyptern und den Römern bestand damals genetisch mehr Ähnlichkeit als zwischen heutigen Ägyptern und heutigen Europäern. 

Was der bisherigen These widerspricht, nach der die Assyrer, Griechen und Römer den alten europäischen Genpool überlagert und stark verändert hätten. Diese Untersuchungen, denen ein wissenschaftlicher Durchbruch in der Ausfächerung alter DNA-Zeugnisse zugrundeliegt und die eine bisher nie erreichte Verläßlichkeit haben, belegen, daß  dies nicht der Fall war. Daß es also vor diesen tausenden von Jahren keinen Bruch in der Bevölkerung gab. Vielmehr haben wir es im Neolithikum (das man ab dem Ende der letzten Eiszeit etwa 10.000 v. Chr. bis 2.200 v. Chr. ansetzt und die Zeit der Seßhaftigkeit, der landwirtschaftlichen Technik und der ersten Städte anzeigt) mehr oder weniger mit ein- und denselben Menschen - von der Levante über Anatolien bis nach Zentraleuropa - zu tun.*

Sie unterscheiden sich aber erheblich von heutigen Ägyptern, die bereits eine weit höhere genetische Verwandtschaft mit der Sub-Sahara-Bevölkerung aufweisen als zu früheren Zeiten. Insgesamt zeigen dabei die alten Ägypter sogar einen weiter gefächerten Genpool auf als die Ägypter des 21. Jhds., was auf die Stellung des alten (Unter-)Ägypten als von vielen Völkern begehrten wirtschaftlichen und politischen Dreh- und Angelpunkt der Region verweist. Die genetische Verengung, die die Afrikanisierung des ägyptischen Erbgutes mit sich brachte, kann erst in den letzten 1500 Jahren eingetreten sein.**




*Das entspricht auch alten wie neuen Befunden, die aus archäologischen Fuinden darauf hinweisen, daß sich vor einigen tausend Jahren eine mehr oder weniger einheitliche Kultur von Ost nach West - vom Ural bis zur Donau, ja bis zur Normandie - und von Nord nach Süd bis über den Kaukasus hinweg ausgebreitet hatte. Dem entsprechen religionswissenschaftliche Untersuchungen die zeigen, daß die religiösen Vorstellungen in diesem Raum (den man sogar bis hinein nach Indien ausweiten muß) weitgehend gleiche Wurzeln verraten, die sich erst mit der Zeit differenziert haben. Der vielbesprochene Synkretismus der Römer war gar kein solcher, sondern vor zwei- bis dreitausend Jahren waren die religiösen Vorstellungen rund ums Mittelmeer generell sehr ähnlich. Lingustische Untersuchungen haben ja schon seit langer Zeit darauf hingewiesen, daß der Europäer seine Wurzeln im (im weitesten Sinn) kaukasischen Raum hat. Über die Rolle des Einbruchs des Mittelmeeres ins Schwarze Meer (ca. 6000 v. Chr., andere Schätzungen gehen von weit jüngerem Datum aus, also etwa 3000 v. Chr., etwa auch jener Zeiteraum, in dem der große sahara-afrikanische Binnensee versickert sein muß), das eine massive Wanderung der Schwarzmeervölker nach Norden (Skandinavien) und Westen ausgelöst haben muß, bestehen ja mittlerweile kaum mehr Zweifel.

**Wir enthalten uns aber ausdrücklich einer Wertung oder Spekulation! Oft zeigt Vielfalt nämlich auch Schwäche, ja mangelnde Kultur an, und es gehört zu den Merkmalen der postmodernistischen Zeit, wie wir sie heute erleben, "unspezifische Vielfalt" pauschal auch als "gut"  zu klassifizieren. Dabei kann sie auch Zerfall, Verlust der Einheit und spezifischen Kraft, ja damit Kulturlosigkeit anzeigen. Wenn schon, dann ließe sich genau das aus der bewegten Geschichte dieses Kulturraumes ableiten: Vorzeiten eines Ringens um Kultur, das aber über Ahnungen und Vorboten noch nicht hinwegkam. Man sollte sich also hüten, aus Befunden wie dem obigen mehr abzuleiten, als abzuleiten ist. Und nicht übersehen, daß wissenschaftliche Erkenntnisse prinzipiell einen ganz ganz schmalen, sehr abgegrenzten Grad an "Gewußtem" bedeuten.






*210617*