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Dienstag, 22. August 2017

Wenn andere als Unternehmer Firmen gründen

Auch dies ist ein Fall, wo ein verfehltes Wirtschaftsverständnis zu perversen Mechanismen führt, die vieles, was sich heute als "Wirtschaftsgeschehen" ausgibt zur Makulatur machen. Konkret geht es um eine Serie von Firmenzusammenbrüchen von sogenannten "Startups". Binnen weniger Monate sind zwei solcher Startups kollabiert, und ihr Kapitalwert hat sich entweder vollständig oder fast vollständig aufgelöst. Jeweils 2 Milliarden Dollar privater Gelder haben sich dabei in Luft aufgelöst. Es geht dabei um Technikfirmen, genauer um Firmen, die mit Software-Ideen agieren.

Der Grund ist relativ einfach zu erklären: Zunehmend werden Firmen - "Startups" - gegründet, denen jedes solide Fundament des Wirtschaftens fehlt. Man spekuliert mit der Gier der Anleger, doch den einen oder anderen Zuckerberg zu finden, der aus der Garage heraus ein Milliardenunternehmen aufzieht. Kaum jemand achtet dabei auf fundamentale Wirtschaftsdaten, niemand denkt sich etwas dabei, wenn junge Firmen kaum ein paar Dutzend Angestellte haben, aber mit Milliarden jonglieren ohen daß auch nur irgendjemand sagen könnte, wie die jemals reale Geschäfte, reale Umsätze und reale Gewinne tätigen sollen. Ja, so zu denken gilt nachgerade als verpönt. Und die sogenannten Unternehmensgründer tun dies am allerwenigsten.

Denn es ist üblich geworden, Firmen nur noch zu "initiieren". Unternehmer im eigentlichsten Sinn gibt es immer weniger. Vielmehr geht es darum, in möglichst kurzer Zeit den "Markt" zu so hohen Erwartungen zu treiben, zusammen mit einer gut geschnapsten PR-Kampagne, daß der Wert der paar Schreibtische im angemieteten Halbstock eines Büroturms auf astronomische Höhen steigt, weil alle etwas Großartiges erwarten. Das  heißt, eigentlich nicht einmal das, sondern alle hoffen auf den, der etwas Großartiges an dem findet, in das sie ihre Geld gesteckt haben, um dann nämlich ihre Anteile mit hohen Gewinnmargen zu verkaufen. Oder bis halt jemand doch so fest an das Potential dieser Idee, die derweilen Millionen um Millionen verschlingt weil nur Kosten produziert werden, glaubt, daß er die Firma unbedingt kaufen möchte.*

Dabei ist Zeit das wertvollste Gut. Denn nur die, die schnell sind und womöglich am öffentlichen Glauben an diese Idee sogar noch kräftig mitwirken, die ganz am Anfang "investieren", erleben, daß ihre eingesetzten Gelder (als Firmenanteile) sich kräftig vermehren - um sie dann so rasch als möglich abzustoßen. Wie in einem Kettenbrief bleibt dann der langsamere, der von zig Berichten im Kopf schwammig gemachter Investor übrig. Denn er ist nun mit der Realität konfrontiert, und die kann ganz schön grausam sein. Von Wirtschaften versteht dabei niemand mehr etwas, vom Unternehmertum schon gar nicht, und vermutlich auch kaum von dem Fachgebiet, in dem sie sich da bewegen. Dafür umso mehr von all den Flausen und Grillen, die diese heutige Art von "Wirtschaft" mit sich gebracht hat, wo es überhaupt niemandem  mehr um solide Arbeit und Wertschöpfung geht, sondern vor allem um - Geld.**

Während der Gründer des "Startup" von seinem schönen Anwesen in Florida aus ergreifende Biographien schreibt (bzw. schreiben läßt), in denen er der Welt erklärt, wie genial er und seine Idee war (und warum sie andere dann in den Sand setzten), und wo der Bartel den Most holt.





*Das hat sein Pendent in der heutigen Charakterstruktur, meinetwegen der "narzißtischen" Charakterstruktur, die auch bei uns den Kindern bereits von Kleinkindstadium an anerzogen wird. Wo dann alle meinen, sie "wären" genial, und nur darauf käme es ja an. Aber etwas konstruktiv aufrichten ist immer eine Frage der Sittlichkeit, also eines zur Hingabe geformten, genau nicht auf sich, sondern auf die Sache bezogenen Charakters. Der heutige Mensch aber glaubt, er habe aufgrund seiner "Begabung" Anrecht auf entsprechende Anerkennung und Ernte. (Wir haben darüber schon viel hier geschrieben.) Und das wesentliche seien "Einfälle" (meist fälschlich als "Ideen" bezeichnet.). Immerhin erlebt er es ja auch so: Kaum hat er "Einfälle", kommen sie schon, die "fördernden Hände", die staatlichen Gelder, die "Investoren", die "liebenden Eltern". Das gilt auf allen menschlichen Gebieten. Aber eine "Idee" ist etwas ganz anders. Sie ist logos, sie ist Sinn und Quelle von Sinn, ist Ziel, das letztlich kaum je erreicht wird, und dennoch alle Bindekraft hat weil fordert.

**Dieses völlige Mißverständnis von Wirtschaften findet sich leider im ehemaligen Ostblock sehr verbreitet. Dem nämlich jene Schichte von Verantwortungsträgern fehlt, die - in schön patriarchalem Sinn - Ihr Unternehmen als Lebensaufgabe sehen, namentlich: die (meist familienbezogene) Mittelschicht. Es ist auffällig, wie schnell hier Geschäfte mit "Ideen" gegründet werden, und blitzschnell auch alle Attribute herbeifliegen (wie große Autos), aber schon nach einem halben Jahr oder Jahr wieder zugesperrt werden, weil sie doch nicht so lustig waren, wie man dachte. 

Weil sie etwas verlangt hätten, das ein Lebenswerk eben verlangt: Persönliche Hingabe, in der das Geld nur zweite Geige spielt, als Parameter, auf das zwar natürlich zu achten ist, das aber die Frucht der Hingabe - nicht ihr hauptsächliches Ziel, als "schnell reich" - und hoffentlich Ergebnis eines langen Leidensweges ist, den jeder Schaffensprozeß bedeutet. 

Leider glauben viele im ehemaligen Ostblock tatsächlich die Mär des Kalten Krieges, daß es "der Kapitalismus" gewesen wäre, der den Westen so wohlhabend gemacht habe. Aber es war nicht der Kapitalismus, der erzeugt nur Blasen, die irgendwann platzen und die dann die Allgemeinheit irgendwann ausgleichen muß. Es ist der Gewerbefleiß persönlicher Unternehmer. Von Menschen, die ihre Lebenswirklichung in Freiheit schöpferisch umsetzen. Und schöpferisches Tun ist weit weit mehr als "Einfälle haben".





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