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Dienstag, 3. März 2009

Aus Mücken werden Elefanten

Valerie von Mertens' Bericht über ihr Leben mit Curt Goetz ist nicht nur dem Umfang nach fast doppelt so lang, wie die beiden Erinnerungsbücher ihres Mannes zuvor, die dieser bis zu seinem Tode veröffentlichte, sondern sie sind auch mit jener Verehrung verfaßt, die einen achtgeben lassen sollte, weil sie zwar von wunderbarem Respekt und Liebe zeugen, aber gefährlich vergessen lassen will, daß es um einen Kollegen geht.

Denn durchaus lassen sich je gleiche Erfahrungen abgeklärt und ruhig - und bombastisch zum weltzeugenden Moment schildern. So daß einem Alltägliches durch den Blick des Dilettanten plötzlich zum Fremden, Staunenswerten wird.

Als Schauspieler Biographien von Schauspielern zu lesen kann also durchaus gefahrvoll sein, indem man sich selbst laisiert und zum Dilettanten macht.

Dies ist häufiger zu beobachten als man meinen könnte! Ja, manchmal könnte man den Eindruck gewinnen, daß es im Künstlerbetrieb (vor allem der darstellenden Künste, wo das Material der Künstler selbst ist) vorherrscht. Schon die Bedeutung, die man dem Beifall zollt, weist auf solche Maßstabsverrückung.

Wieviel mehr noch die abstoßende Unsitte, nicht mehr zu fragen, WAS man tut, sondern nur noch, WO beziehungsweise, ob es der Mehrung der Popularität dient. Eine Kategorie, die teuflisch-nachäffend künstlerischen Ruhm (und: wo Rauch da Feuer: Künstlertum) vortäuscht. Was bis zur Simulation des Künstlertums an sich geht, welches aber nur als Vehikel benutzt wurde.

Und wo es kaum bis gar nicht um künstlerische Ziele und Inhalte geht. Weshalb sich solche Geisteshaltung gerne mit ideologisch-moralischen Forderungen, oder sogar deren Gegenteil (weil es überhaupt um den demonstrativen Umgang mit Moral geht) verschwistert, die vielfach als Ausweis für Künstlertum gelten, ja wo moralische Qualität (einer Konvention entsprechend) überhaupt dem Künstler auferlegt wird, was bis zum Entzug der Daseinsberechtigung geht. Was zwar wiederum den echten Künstler kaum zu beeinträchtigen vermag, aber seine Arbeits- und Lebensbedingungen doch erheblich erschwert, weil das Publikum verbildet - oder (wie heute) verjagt.




 *030309*