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Sonntag, 25. Dezember 2011

Haß macht blind

Einer der grundlegenste Schritte zur Freiheit ist, für seine Feinde, für seine Peiniger zu beten! Wo immer noch Haß gegen jemanden besteht, versperrt man die Fähigkeit zur Erkenntnis.

Und wie schwer fällt das doch oft! Aber dort ist das erste Tor zur Freiheit.


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Freitag, 23. Dezember 2011

Von der Unmöglichkeit der Wahrheit

Florenski sagt etwas ganz Wesentliches: Er sagt, daß es ihm bzw. jedem Menschen nicht zusteht zu meinen, man würde und könne Absolutes Wahres sagen. Was immer der Christ sagt, hat nur in diesem Hier, Jetzt, in dieser Situation wahrhaftig zu sein. Und nur aus und in dieser Situation heraus ist es beurteilbar. Absolutes Wahres zu sagen steht höchstens der Kirche zu. Wer aber eine Aussage eines Menschen aus dem Rahmen reißt, in dem sie gesagt ist, vergewaltigt die Sprache. Absolut Wahres steht untrennbar überein mit einem Aussagenden, der absolut wahr IST.

Das ist kein Mensch.



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Donnerstag, 22. Dezember 2011

Mittelverwendung

Some years ago a small rural town in Spain twinned with a similar town in Greece.

The Mayor of the Greek town visited the Spanish town. When he saw the palatial mansion belonging to the Spanish mayor he wondered how he could afford such a house. The Spaniard said; “You see that bridge over there? The EU gave us a grant to build a four-lane bridge, but by building a single lane bridge with traffic lights at either end this house could be built”.

The following year the Spaniard visited the Greek town. He was simply amazed at the Greek Mayor’s house, gold taps, marble floors, it was marvellous. When he asked how this could be afforded the Greek said; “You see that bridge over there?”

The Spaniard replied: “No.”


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Mittwoch, 21. Dezember 2011

Dunkle Motive

Wie das zu sehen ist? Ich weiß es nicht. Sehenswert ist die Dokumentation über die Aktivitäten und Ziele der Moslembruderschaft in Europa - der vielleicht nicht einzigen, aber wohl einflußreichsten muslimischen Internationale - aber gewiß. Mit deutschen Untertiteln.

Europa überrumpeln? Man muß nicht Krieg führen, um zu siegen, meint der Imam. Weil es schon aus demographischen Gründen gewisse Wahrscheinlichkeit hat. Muslime treffen in Europa auf eine Gesellschaft, die in Dummheit und gleichzeitig überheblichem Moralismus stirbt.

Während mehr und mehr sogar der Begriff "Demokratie" zum schwammigen Irgendwas aus Lebensgefühl, Libertinität, Antiautoritarismus und Wohlstand gerät. Gezielt verwischt, um nicht-demokratischen Zielen zu dienen, von verschiedenen Seiten. Vielleicht von allen. Denn der Verdacht könnte sich aufdrängen, daß Demokratie in unserer Form nur deshalb so proklamiert wird, weil sich alle erhoffen, mehr als der Nächste an sich reißen zu können, klüger als alle zu sein.

Längst läßt es sich auf rein ideenphänomenologische Ebene herunterbrechen: Eine säkularisierte Welt zerfällt zwangsläufig, löst sich auf. Nachdem das Christentum in Europa auf kaum faßbare Weise verdunstet, verdunstet auch Europa. Religiosität ist ein menschlicher Grundakt. Es gab noch nie eine Kultur ohne Religion, und jeder Mensch ist auf eine Weise religiös, ob er das will oder nicht. Doch in Europa zeichnet sich eine erste wirklich a-religiöse Gesellschaft ab. Die Frage ist, wo sich die chthonischen Kräfte, die auch in diesen Menschen wirken, anbinden werden oder längst angebunden haben.

Es gibt gewiß auch Kluge, überall, auch im Islam: Da sagt einer der führenden Köpfe des Islam, der in Kairo in einer Wohnung lebt, die mehr einer Bibliothek gleicht, daß der Islam vor 1000 Jahren zu denken aufgehört habe. Die Muslime seien - sagt der Imam! - zu Affen geworden, die andere imitierten. Vielleicht beschreibt er einfach die Endlichkeit von Denksystemen des Irrtums? Denn nur die Wahrheit ist unendlich entfaltbar, nur die Wahrheit, die persönliche Wahrheit, nicht eine Lehre, ist ohne historische Formenbegrenztheit. Jedenfalls sagt er, daß die Muslime sich an jene Kulturen anpassen sollten, in denen sie wohnen. Es gibt keine Regeln, die den Hijab (den langen Schleier, Anm.) vorschreiben - das sind Identitätsmerkmale, politische Zeichen, keine Glaubenssätze. Damit schaden sie nur dem Ansehen des Islam.

Aber die Muslimbrüderschaft - eine politische Vereinigung mehr, als eine religiöse - ist höchst aktiv. 1920-1970 noch waren die Frauen in Ägypten von Frauen in Europa in Gehabe und Kleidung kaum zu unterscheiden. Noch 1995 hatten in Kairo kaum Studentinnen einen Schleier, um ihr Haar zu bedecken. 2004 haben bereits 90 % der Studentinnen an der Universität einen Schleier. Mit dem Schleier, den man den Frauen aber umhängt, erstirbt auch ihre Neugierde für die Welt.




The Islamic Brotherhood in Europe 
with German Subtitles
  from Vlad Tepes on Vimeo.



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Dienstag, 20. Dezember 2011

Wenn das der Führer wüßte

So war für nicht wenige ihre Gesamtsicht der Dinge unter Hitler gerettet, ohne daß sie das Gesehene irritieren konnte. Und so scheinen die Menschen immer zu denken, auch in Klimafragen, insbesonders wenn es um "nachhaltige Energiegewinnung" geht. Sie sehen, aber sie sehen nicht, was Windräder sind, was Solaranlagen sind.

Man erwartet also nichts, wenn man etwas zeigt. Aber man staunt schon, wei offensichtlich manche Dinge sind, und wie wenig Rolle sie aber überhaupt zu spielen scheinen - denn genau darum geht es offenbar: man spricht von Windrädern, aber sie selbst spielen gar keine Rolle, die Diskussion ist ein einziger Nebel.

Nur ein Beispiel: In den USA stehen mittlerweils 14.000 Windräder still, und verschandeln die Landschaft, ohne auch nur ein Watt Strom "nachhaltig" zu liefern. Dieses Schicksal wird zweifellos auch Europa blühen. Denn was hat sich herausgestellt? Schon vor vielen Jahren gab es in den USA einen regelrechten Boom auf Windräder. Sie wurden mit staatlichen Mitteln sehr stark gefördert, und überall schossen die Windparks aus dem Boden.

Windpark in den USA
Bis ... bis die staatlichen Mittel versiegten. Plötzlich nämlich stellte sich heraus, daß die Windräder nicht wirtschaftlich sind! Nicht nur, daß sie sehr wenig Strom liefern, ist ihre Warung und Erhaltung einfach nicht zu verdienen! Also? Also legte man sie still. Denn der Abbau ist natürlich schon gar nicht zu bezahlen.  (Einen umfangreicheren Bericht finden Sie hier.)

Wobei das "Stillegen" so funktioniert, daß die Rotoren natürlich weiter drehen - nur von der Turbine abgekoppelt sind. Mit dem Ergebnis, das gleichfalls in der europäischen Diskussion kaum berücksichtigt wird: daß dadurch Unmengen an Vögeln und Flugtieren getötet werden. Es gibt Erhebungen, daß pro Windrad pro Tag bis zu 500 Vögel getötet werden.

Sie meinen, das habe keine Relevanz? Es gibt Erhebungen über Fluginsekten und elektrische öffentliche Beleuchtung. Vor 50 Jahren wurden pro Tag 20.000 getötete Insekten eingesammelt. Heute? Wenige Dutzend ... Aber nicht, weil sie gelernt haben, das Licht und die heiße Oberfläche zu meiden. Es gibt sie einfach nicht mehr in dieser Menge.

Aber ich bin es müde darauf hinzuweisen, wie bei uns Meinungen, Meinungsdruck, und damit Politik - ach ja, wir leben ja in einer Demokratie! - gemacht wird. Ich bin es müde auf PR-Methoden und Lobbying hinzuweisen, und habe es satt den Unsinn nachzubeten, daß Demokratie eben heißt, seine Meinung durchzudrücken. Ich bin es leid.

Frage zum Abschluß: Wer wird, wenn bei uns die Vernunft wieder einkehrt, vor allem aber wenn es keine Wirtschaft mehr gibt, die die entsprechenden Gewinnübeschüsse erwirtschaftet, die solche Leerkosten einfach trägt, wer also wird bei uns einmal die Kosten für den Abbau tragen? Der Autor dieser Zeilen weiß die Antwort, denn wir haben keine riesigen Prärien, die wir zu "Nicht-Orten" degradieren können. Denn dann wird der nächste Notstand eingetreten sein, der alle Noteingriffe legitimiert. Denn wir leben sogar von unserer Landschaft, von der wir jeden Quadratkilometer brauchen.

Was für eine Überraschung, die wir da also erleben werden ... Aber gut, das konnte ja keiner wissen.



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Montag, 19. Dezember 2011

Was sich aber wirklich darstellte

Die interessanteste Aussage zum Ende von "Wetten, daß ...?" kam von Thomas Gottschalk, und die FAZ berichtete davon. Denn wenn auch der offizielle Anlaß der Unfall eines Wettkandidaten war, so war dies wohl nicht der Grund. Vielmehr schien sich der Grund einen Anlaß gesucht zu haben. Denn Gottschalk meinte, daß das Sendekonzept schon längst an die Grenzen gekommen war. Es hätte einer dringenden Überarbeitung bedurft, und wohl auch eines neuen Moderators.

Da sind wohl nur die Zähne eines Reißverschlusses zusammengegangen, als der junge Mann über die Autos stürzte? Übrigens das erste mal, daß ich die Sendung nach fünfzehn oder zwanzig Jahren wieder einmal ansah, weil ich das Phänomen - und das war es: es war die letzte "große Samstag-Abend-Show", wie sie das Fernsehen so lange Jahrzehnte, von der Wiege an, geprägt hatten, einen gesellschaftlichen Gesamtzustand charakterisierend: Gemeinsamkeit, ja Volksgemeinschaft - für meine Studenten wieder einmal näher ansehen meinte zu müssen, denn wir sprachen darüber. 



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Die Hölle anrichten

Die beiden Filmteile zu je 15 bis 20 min wurden vom WDR angefertigt. Und sie werfen ein eigentümliches Licht auf den World Wildlife Fund, dem der Gatte der englischen Königin als Gallionsfigur vorsteht.

Hier soll aber nicht ins Horn des Sensationellen gestoßen werden, das ist längst langweilig. Der Einglick in den WWF, der diesen in seinen Aktivitäten als höchst fragwürdig erkennen läßt, zeigt vielmehr etwas, das Henry de Lubac einmal so beschreibt:

Es steht außer Zweifel, daß der Mensch in der Lage ist, eine Ordnung zu schaffen. Aber es ist ebenfalls ohne Zweifel, daß diese Ordnung sich gegen ihn wenden wird. Was immer der Mensch an positiver Ordnung zu erfinden sucht, wird zu kurz sein. Die Welt IST ein Geheimnis, ein prinzipiell, nicht wegen der Quantität durchschaubares Insgesamt von Zusammenhängen, die man nur achten, respektieren, mit Ehrfurcht betrachten kann. Man kann sie nicht nur nicht ersetzen, sie zu ersetzen führt zu einer neuen Form von Hölle.

Dem Menschen fehlt die Dimension, die ihm angemessen ist. Sie wird ihm zum einen genommen und durch eine abstrakte weltweite Dimension ersetzt. Plötzlich aber ist ein kleines Denken mit großen Auswirkungen, um es einfach auszudrücken. Im großen Maßstab stimmen Wahrnehmung und Problemdimension nicht mehr zusammen. Damit können die großen Erscheinungen auch nicht auf (allem gleiche) Abstrakta heruntergebrochen werden.

Dies angesichts von Gesellschaften, wo diese Inadäquanz von Person und Handlungsebene Prinzip geworden und zu Moralressentiments - "Freiheit", "Demokratie", "Gleichheit" etc. - verankert worden ist.

Gleichzeitig gibt es auch keine Methode, wie das "erlernbar" oder ersetzbar wäre - jeder Mensch beginnt in winziger Dimension, weitweite Dimension ist eine Frage persönlicher Tugend, Reife, und vor allem Erfahrung: nur so läßt sich eine Erscheinung, wo immer sie in der Welt zu beobachten ist, auf ihre Wirklichkeit hin erfassen.

Nur im Zurücktreten ließe sich dieser Blickdefekt korrigieren - im Loslassen, im respektvollen Akzeptieren eines Ganzen. Wer aber die Welt als Mechanismus sieht, den er - "die Menschheit" - durchschaut oder prinzipiell durchschauen kann, damit das Wesen von Wissenschaft völlig verkennt, wird nur erleben, daß der Dschungel über ihm zusammenschlägt. Das einzige, was ihm noch bleibt, ist ein manisches Freischlagen einer überblickten Kleinstfläche.



 






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Sonntag, 18. Dezember 2011

Das Böse ist besiegt!

Es gibt kein Böses mehr - diese Botschaft darf man getrost für bare Münze nehmen, die Gerichtsverhandlung um Anders Breivik, den Massenmörder aus Norwegen, beweisen es.

Nein, da hat nicht einer willentlich 70 oder 80 oder 90 Menschen abgemurkst, kaltblütig erschossen (und hier trifft das Wort kaltblütig wirklich zu!) Hier ist nicht einer vorsätzlich und klug geplant auf eine Insel getuckert und hat seinen Munitionsvorrat leergeschossen, um den sozialistischen Feind zu treffen. Nein!

Hier hat auch nicht einer eine Weltanschauung aufgebaut, herbeikonstruiert, die in Wahrheit aus subjektiven Erfahrungen mit zerbrochenem Elternhaus eine unterbewußten Haß auf die Gesellschaft gemacht hat, der nun seine Bahn brach! Nein!

Hier hat ein Produkt des Sozialstaates nicht anders gekonnt, und weil das Ergebnis nicht erwünscht ist, wird der Ersatzteil ausgebaut, und zum Hersteller zurückgeschickt. Breivik war nicht zurechnungsfähig, und wird deshalb in eine Anstalt gesteckt. Nicht bestraft. Wobei: wer die Strafanstalten in Norwegen kennt, kommt eher auf den Gedanken, daß sie staatlich finanzierter Dauerkuraufenthalten dienen, aber keiner Strafe.

Diese Kategorie gibt es nicht mehr in modernen Zeiten. Dafür gibt es nur noch Verständnis, alle sind ja nur Opfer und Produkte gesellschaftlicher und familiärer Bedingungen, wie sollte man da jemanden für etwas verantwortlich machen? Wenn niemand - und genau das findet sich in Norwegen in einem beeindruckend fortgeschrittenen Stadium - wenn also niemand mehr Wert darauf legt, etwas zu sein, sondern alle sich bescheiden damit, nichts zu sein, um Konflikte zu vermeiden, dafür aber bestens versorgt sind, funktioniert das schon! Glauben sie alle zumindest. Die Wissenschaftler und Gesellschaftspropheten der Linken. Es gibt nur einen Feind, und erst meinte man schon, in Breivik einen solchen zu haben: die Systemverweigerer. Die Individualisten, die etwas ganz anderes suchen als Völlegefühl nach Krabbencocktails und Fernsehhighlights, die Persönlichkeit sein wollen. Fort mit Ihnen! Raus mit Ihnen!

Aber Breivik? Nein, den hat man schon integriert, in Watte gepackt, und unschädlich gemacht. Er ist nicht zurechnungsfähig. Denn wer dieses Wohlsein nicht will, der kann nur unzurechnungsfähig sein. Schließlich will doch jeder normale Mensch nur eines: Glücksgefühl? Die Psychologie sagt es doch! Glück ist eine Frage der Endorphinausschüttung. Also, rein mit der Pille, und das Leben ist bewältigt!

90 Tote? Kollateralschaden. Statistisch akzeptierte Ausschußquote. Kennt jeder, der sich mit Prozeßablaufoptimierung (ISO 9000) auseinandersetzt. 2 % Bodensatz, das ist kaum zu beseitigen, der Aufwand dafür steigt nicht nur exponentiell für diesen Rest, sondern er reduziert sich kaum, weil der Apparat beginnt sich selbst zu produzieren, und irgendwann produziert nur der Apparat mehr Fehler, als der Produktionsprozeß. Aber wir arbeiten dran.

Der Glücksfilm riß an einer Stelle. Das ist unangenehm, gewiß, also für die, die es betrifft, aber nun ist die Stelle wieder repariert. Nur niemanden beängstigen, daß es auch Böses gibt auf der Welt! Seid ganz ruhig, es gibt nur technische Abläufe, Mechanismen, und die sind da und dort einmal defekt, das ist so, damit muß man leben, aber mit jedem Fall mehr kriegen wir auch das in den Griff, wird die Maschine perfekter, lückenloser. Mit mehr Disziplin der Bevölkerung, jede außerhalb des Systems auftauchende Sonderregung zu unterbinden, auf jeden Fall.

Denn an sich geht es doch allen gut, blendend, hervorragend! Und alle sind glücklich inNorwegen, dem kleinen Paradies, das man hier aufgebaut hat, mit Petrodollars, die verantwortungsbewußt in Südamerika oder Bangladesh angelegt werden, natürlich ökologisch und fair, nachhaltig eben. Und wer nicht bekommt auch seine Therapie bezahlt die ihm alles aus dem Gehirn räumen soll, es auflösen soll, was diesem Empfinden entgegensteht. In einem Staat, in dem niemand mehr gebraucht wird, weil er durch das Nordseeöl für alle Zeiten (Gänsefüßchen) ausgesorgt hat, aber jeder alles darf.

Breivik? Ein unschuldiges Opfer. Nicht erwünscht, gewiß. Aber wer nimmt Produkte ernst? Breivik wird dafür ganz gewiß dankbar sein. Hoffentlich vergißt keiner einmal die Psychopharmaka, mit denen er niedergehalten werden wird müssen. Der arme Kerl, klar, wenn jemand so denkt wie er, kann er ja gar nicht anders. Also sollte man zuerst auch seine Weltanschauungen aushebeln, ihn von dieser Last zu denken befreien. Mit Pillen geht das ohne weiteres! Wir wollen ja nicht gleich von Laseptomie reden.

Nur: was heißt "unzurechnungsfähig"? Eben, den Bruch des Vernünftigen. Das Maß der Schuld wächst mit dem Maß der Freiheit, in der jemand aus dem Vernünftigen zurücksteigt in den Brei der Unentschiedenheit, der richtig verstanden genau der Brei des Dämonischen ist, des Chaotischen, und plötzlich das Nicht-Richtige wählt. Kraft seiner Freiheit.

Ist nicht das Böse also genau das - unzurechnungsfähig? Wir kennen Breivik nicht. Aber wie Produkte eines kranken Gehirns haben seine Thesen im einzelnen so gar nicht geklungen, sondern durchaus konsistent. Wirr, gewiß, aber nur in den Gewichtungen und Schlüssen. Wie es eben passiert, wenn jemand im Grunde längst etwas will, und weiß daß er es will, und nur daran arbeitet, dieses Wollen auch zu rechtfertigen. Dann wird das Gedankengebäude, an dem er oft energisch arbeitet, nicht organisch, sondern etwas unrund. Weil jedes Wollen unrundes Denken mit sich bringt, es umgekehrt aber gar kein wollensfreies Denken gibt, nur eine Sache, um die es geht. Und dort liegt nämlich die Freiheit des Menschen - in der Entscheidung für eine Sache. Samt allen Irrtumsmöglichkeiten. Samt allen Möglichkeiten, böse, also bewußt zerstörerisch, zu handeln. Wobei meist das Böse in uns schon daran erkennbar ist, als wir uns im Denken sehr gerne verwirren, um die Gewissenslast zu erleichtern - eine Art autochthone Entmündigung also.

Wenn die Sache freilich dogmatisiert ist, weil das Wissen dogmatisiert ist (durch den Aberglauben an eine rationalistische Wissenschaft, an ein logizistisches Denken dem es nur um richtige Summenbildung gehen kann, um eine Nachahmung von Computerprozessen also, sodaß es nicht wahres, sondern nur richtiges Denken gibt, das nur noch ein Ergebnis bringen kann) - dann ist ja ... jeder unzurechnungsfähig, der nicht das gewünschte Denkergebnis bringt?

Was fatal an den durschnittlichen Universitätsabgänger der Gegenwart gemahnt: der nicht lernt, oder angehalten wird, die ihm eigene Urteilskraft (die nur als persönliche Reife und prinzipielle Philosophie zu denken ist) zu entwickeln, wo konkretes Wissen absolut flexibel bleiben muß, weil erst aus dieser Reife überhaupt hervorgeht. Wo er also lernt, mit seinen Willen umzugehen, nein: heute ist der elitär, der lernt, vorgegebenes Wissen anzuwenden und zu "begründen," scheinvernünftig also zu machen. Das wird wissenschaftliche Arbeitsmethodik genannt.

Und je mehr dem Einzelnen das gelingt, desto mehr Anerkennung winkt ihm von jenem System, das auch seine Opposition längst integriert hat, das keinen Feind mehr kennt. Außer seine wirklichen Feinde. Aber über die wird nicht gesprochen, denn wirkliche Feinde bekämpft man durch Nichtung - also durch Ignoranz. Schlimmstenfalls erzeugen wir Notfälle, Notsituationen (jawohl, erzeugen, weil dazu interpretieren!), in denen nicht lange gefackelt werden kann, denn nun geht es ums Ganze, wurscht, ob das je so gewollt worden war oder nicht. Diese Diskussionen werden nicht geführt, sie wurden auch nie  geführt, aber jetzt ist auch keine Zeit dazu. So ist die Wirtschaftskrise und die Politik dazu zu sehen.

Fazit? Wir beginnen in der Schule, der Erziehung bei den zu habenden, von einer Kommission festgelegten Denkergebnissen. Und von dort weg arbeiten wir uns nach unten, in die Entstehungsprozesse, in die Menschen. Und dort operieren wir, am offenen Gehirn, bis die Synapsen wie gewünscht funktionieren, die gewünschten Ergebnisse stützen. Ach ja, Kreativitätsknöllchen nicht vergessen! Zellen, wie jene, in der Breivik nun kreativ werden kann. Endlich. Er konnte als Bub so gut zeichnen, wissen Sie das?

Geht einfacher, als über DenkERGEBNISSE zu streiten. Oder über Schuld und Verantwortung und Sühne und Vergebung nachzudenken. Das ist doch Schnee von übervorgestern. Als man noch dachte, der Mensch wäre frei, wäre überhaupt ... Mensch. Und nicht Zellenapparatur Zeta-Ypsilon.

Übrigens: es gab mal eine Zeit, und sie ist noch gar nicht lange vorbei, da waren die kommunistischen Systeme vor allem dadurch berühmt, daß sie Denkabweichungen als Geisteskrankheiten klassifizierten. Pauschaliter, und prinzipiell. Wer das Glück der Menschheit nicht will, wie es wissenschaftlich erwiesen ist, der muß krank sein! Also ab in die Psychiatrie, und weggespritzt, das Bewußtsein!


P.S. Angerissen, mit ähnlich aufgeworfenen Fragen, ein Artikel in der FAZ.


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Samstag, 17. Dezember 2011

Und da hat er verdammt recht

Winfried Kretschmann, MP v. Baden-Württemberg
Der in Baden Württemberg regierende Ministerpräsident Winfried Kretschmann ist ein Grüner, und zwar einer aus dem alten christlich-konservativen Lager, das in Österreich "als alles begann" eines der beiden, ja das stärkere der beiden Grünlager gewesen ist, und aus vermeintlicher Erhöhung der Durschlagkraft - beide Gruppen verfehlten jeweils den Einzug ins Parlament, das muß ca. 1980 oder 1985 gewesen sein - sich mit den "linken" Grünen zusammenschlossen - und dann elegant von diesen assimiliert wurden, sodaß ein solches Gründenken in Österreich heute so gut wie nicht mehr existiert.

Entsprechend ist der Deutsche auch in seinen Äußerungen erkennbar, denn die sind ausgewogen, und nicht nur das: hier wird das Grünsein plötzlich wieder in vielem ídentisch mit dem Kampf gegen die Moderne, also zu einer Art Romantik, verstanden als Erneuerung von den Quellen her. Das Ewige soll wieder präsent werden, das verdrängt, vergessen wurde.

Und so ist Kretschmann auch ein unbedingter Befürworter des Regionalismus! (Ganz anders die österreichischen Grünen, die linke Zentralismus-Propagandisten sind!) Nein, sagt er deshalb, die Landesparlamente gehören doch nicht aufgelöst! Die Zentrale gehört abgespeckt, und wir dürfen nur abgeben, was wir in den Ländern wirklich nicht lösen können.

So etwas läßt sich hören. Denn man muß ja nicht in allem einer Meinung sein - aber auch anerkennen, was richtig ist.

Hier einige Ausschnitte aus dem Interview im Kurier:

Welche Erfahrung können Sie den österreichischen Grünen über den Schritt an die Regierungsspitze mitgeben?
Man steht dann für das Ganze und muss führen. Das ist eine gewaltige Umstellung. Aber es bringt auch einen ganz anderen Gestaltungsspielraum. Dass ich Ministerpräsident - gerade in einem Hochtechnologieland - geworden bin, ist auch Ausdruck, dass unsere Themen in der Mitte der Gesellschaft und der Wirtschaft angekommen sind. Unser Lebensmodell mit den Grundlagen des Planeten in Übereinstimmung zu bringen, ist die große Jahrhundertfrage.
Kanzlerin Merkel hat sich mit dem Atomausstieg ein grünes Kernthema angeeignet. Müssen sich die Grünen inhaltlich neu erfinden?
Es ist umgekehrt. Wir sind orientiert. Wir geben den Takt vor. Die CDU rennt unseren Themen hinterher. Sie hat ein Orientierungsproblem und gehört in die Opposition. Oppositionsbänke sind hart - regen aber das Denken an.
Sie sind eben Politiker des Jahres geworden, haben gute Umfragewerte, ihr CDU-Vorgänger Oettinger sagte einmal: Kretschmann ist Kult. Wie gehen Sie damit um?

Als Katholik weiß ich: Zwischen 'Hosianna' und 'Kreuziget ihn!' können nur drei Tage liegen. Man muss bescheiden bleiben und der inneren Überzeugung folgen.
Deutschland ist wie Österreich stark föderal organisiert. Sind die Länder in finanziell klammen Zeiten ein Teil der Lösung oder Teil des Problems?
Teil der Lösung. Wie sollen sich Menschen sonst in einer globalisierten Welt beheimatet fühlen. Gerade jetzt ist es wichtig, nur die Probleme nach oben zu delegieren, die man unten nicht lösen kann. 

 

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Freitag, 16. Dezember 2011

Seit Wikinger Zeiten


Auf den Färöer-Inseln gibt es eine jahrhundertealte Tradition: seit der Wikingerzeit, mit exakten Aufzeichnungen seit dem Jahre 1584, werden rund um die Färöer von Mai bis Oktober die Meere beobachtet. Wird eine Herde von Grind- oder Seitenwalen oder großen Tümmlern entdeckt, wird es auf der Insel per Rundfunk bekanntgegeben.

Sofort versammeln sich die Fischer der Inseln zu einer organisierten Treibjagd - es beginnt die Grindadráp.

Dabei treiben die Färinger die Wale auf eine der 17 offiziell für diesen Zweck genehmigten Buchten zu, wo sie von der mittlerweile versammelten Bevölkerung, vor allem aber von den mit Grindmessern, Haken und Seilen (mehr Waffen sind nicht erlaubt) ausgerüsteten Männern erwartet werden, die bis zur Hüfte ins Wasser waten.

In einem Kampf Mann gegen Wal werden nun die Wale getötet, an Land gehievt, und später verteilt. Das meiste erhalten die Fischer und die beteiligten Männer und Parteien, der Rest aber wird zur freien Entnahme zur Verfügung gestellt, und das wird auch genützt. Früher war dies die hauptsächliche Fleischquelle der Bewohner! Ca. 10 % des Fleischverzehrs auf den Färöer-Inseln wird aber nach wie vor durch dieses Gratisfleisch gedeckt. Es soll entfernt wie Rindfleisch schmecken, und als Steak hervorragend sein. Am Markt taucht es so gut wie nie auf, weil es fast zur Gänze privat verzehrt wird - was im Grunde auch vorgeschrieben ist.

Haltbar wird das Walfleisch angeblich durch Lufttrocknung.

Leider geht der Brauch zurück. Aber nicht, weil die Proteste der internationalen Tierschützer ihre Wirkung zeigen. Sondern weil die Bewohner der Färoer einen doppelt so hohen Quecksilbergehalt in ihrem Körper haben, als als normal gilt. Dies ist auf die Verseuchung der Meere zurückzuführen, die sich im Walfleisch ausdrückt.


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Donnerstag, 15. Dezember 2011

Sie fehlen uns

Wie kath.net schreibt, war Steve Jobs eine alles andere als gewollte Schwangerschaft, und die Umgebung seiner Mutter drängte darauf, daß sie ihn abtreiben lasse. Immerhin würde sie damit ihr ganzes Leben ver(b)sauen.

Sie tat es nicht, und trug ihn aus, und gab ihn zur Adoption frei. Viele Jahre später hat Steve Jobs sie ausgeforscht, und sie trafen sich. Er meinte, er habe wissen wollen, ob es ihr auch gut gehe.

Sie wäre mehrfach in Tränen ausgebrochen, und habe sich bei ihm entschuldigt, daß sie ihn zur Adoption freigegeben habe. Er aber habe abgewinkt: denn er sei froh, daß er lebe, und nicht abgetrieben worden ist.

Dieser berührende Artikel läßt vor Augen steigen, welches menschliche Potential bei den jährlich 30-100.000 Abgetriebenen in Österreich, bei den Millionen weltweit vernichtet wird. Diese Menschen fehlen nämlich, das ist gewiß. Und sie fehlen - auch das ist sicher - genau deshalb, weil jede Zeit ihre Schwächen und Fehler hat, aber auch ihre Lösungen. Ausgerechnet dieser "unerwünschte Mensch", der genau unter jenen Kriterien litt, die heute ohne große Debatte als "schwierige Lebenslage" angesehen werden, die eine Abtreibung "rechtfertige", ausgerechnet dieser Mann hat die letzte wirklich industrielle Revolution der letzten Generation angeführt - in der Erfindung des Personal Computer.

Man kann darüber denken wie man will, man kann auch Jobs mögen oder nicht, und man kann von ihm halten was man will - "an sich" ist der PC ja nicht schlecht oder böse, nur das Insgesamt ist ausgeartet, die Erfindung fand nicht ihren rechten Platz, um es so zu sagen. Zu denken gibt dieses Beispiel also allemal!

Die eigentümliche angebliche "Alternativelosigkeit", mit der wir heute ständig konfrontiert werden, hat vermutlich genau damit zu tun: die Menschen, die neue Motive und Bewegung in das gesellschaftliche Klima bringen wurden ja getötet.

Nun fehlt das, was sie - so wie jeder Mensch - einzigartig der Welt hinzufügen hätten können. Und die Überlebenden wundern sich, daß ihnen an dieser Welt etwas fehlt, das genau für sie gepaßt hätte. Also müssen sie reagieren ... denn die Welt ist immer ein riesiges Ganzes.


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Dienstag, 13. Dezember 2011

Amerikanische Mißbrauchsklarheiten

Es lohnt, die amerikanischen Studien zu dem Thema näher anzusehen. Die es dort längst und seit Jahrzehnten gibt, auch im Netz und leicht aufzufinden. Die aber in Europa, speziell in Deutschland und Österreich, gewiß aus politisch-ideologischen Gründen regelrecht verschwiegen werden. Denn schon nach den ersten Lektüren ist der Autor dieser Zeilen perplex, wie exakt die seelische Befindlichkeit eines Mißbrauchten mit dem übereinstimmt, wie er aus vielfachen Beobachtungen es erfaßt und in "Helena" beschrieben hat.*

Nur einige Fakten, zum Hineinschnuppern, und aus mehreren Studien quergeprüft: Während 55 % der Mißbräuche durch Männer geschehen, passieren fast gleich so viele, nämlich 45 %, durch Frauen. Kennzeichnend für den Mißbrauch durch Frauen ist die oft große Zeitdauer, die brutalere Gewaltanwendung (vor allem seelisch) und die deutlich tiefergehenden Folgen.

65 % der Mißbraucher als Männer sind von Frauen mißbraucht worden, und wollen mit ihrer Täterschaft ein daraus resultierendes Problem bewältigen, eine Reaktion setzen, die ihnen versagt geblieben ist.

So wie überraschenderweise festgestellt wurde, daß der Anteil an lesbischen Akten äußerst hoch (25 %!) ist. Und wer sich damit einmal befaßt, wird die aggressive, bösartige Natur solchen Mißbrauchs durch Frauen bestätigen. (Es ist auch aus Gefangenenlagern jeder Art bekannt, daß weibliche Wächter den anvertrauten Frauen gegenüber häufig weit sadistischer waren, als Männern gegenüber.)

Mißbrauch ist also im Grunde kein sexuelles Problem! Es ist ein hoch komplexes seelisches Problem. Der Mißbrauchte bildet eine Art "Parallelidentität", weil das Geschehen unbewußt nicht in sein Beziehungsschema paßt, und baut eine zweite Persönlichkeit auf, die er dann "vergißt". Beim Mißbrauch durch die Mutter (oder weiblichen Personen ähnlich familiären bzw. für die Identität bedeutenden Status - etwas was gerne übersehen wird, weil es Mißbrauch durch Priester zum Inzest macht, nicht zur Vergewaltigung o. ä.) greift die Verstörung natürlich enorm tief.

Besonders erwähnenswert sind auch die Ausführungen diesbezüglich, daß der Mißbrauch nicht nur beim Opfer, sondern auch beim Täter oft dramatische unterbewußte Reaktionen der Schuldbewältigung auslöst!

Und auch wenn der Verfasser dieser Zeilen es nicht auf sexuellen Mißbrauch beschränken will, so ist dies das wahrscheinlich ausschlaggebendste Problem des Identitätshasses, der die Kirche seitens gewisser Personenkreise seit Jahrzehnten prägt, weil - und das ist Teil des Problems, ich habe es hier mehrmals bereits unter "Muttersöhnchen" angespielt - auch die vorzufindenden Charaktertypologien in der Kirche eine sehr spezifische Personengruppe mit Identitäts- und Frauenproblemen ist. Gerade, weil sie es abstreitet, bei anderen (!) thematisiert.

Insofern ist die Aussage zutreffend, daß es keinen "typischen" Mißbraucher gibt, was seine soziologischen Merkmale anbelangt. Was bei den wesenshaften Ursachen aber nicht mehr zutrifft. So wenig Mißbrauch prognostizierbar ist.

Noch ein Wort aber: schon vor Jahrzehnten hat der Verfasser dieser Zeilen resigniert zur Kenntnis nehmen müssen, daß der Mißbrauch durch "Verwahrlosung", die ein massives Herunterziehen der Würde des Schutzbefohlenen bedeutet,  sodaß derjenige seine Identität darauf aufsetzt - von österreichischen Gerichten, Jugendämtern und Sozialstellen nicht zur Kenntnis genommen, sondern auf fast lächerliche Offensichtlichkeiten reduziert wurde. Das stimmt aber nicht - Verwahrlosung ist in ihren Folgen dem Mißbrauch weitgehend gleich, und die amerikanischen Studien bestätigen das auch.


*Ein entscheidender Moment in der Konzeption des Romans war, als ich an einem Abschlußkonzert der Musikschule des Marktes beiwohnte, in dem ich damals lebte. Und an dem auch Kinder von mir mitwirkten. Da saß einige Stuhlreihen vor mir eine Mutter, die mir schon aufgefallen war, als sie ihre Tochter gebracht hatte: ein zehnjähriges Mädchen, geschminkt, bekleidet und zugerichtet wie eine Nutte. Dazu das seltsame Grinsen der Mutter, die in einem vulgären Lederrock dasaß und sich regelrecht an der Nacktheit ihrer Tochter delektierte. Aus deren Verhalten, aus dem Verhalten des (armen) Mädchens blitzte mir plötzlich etwas entgegen, und mit einem Schlag lag das Wesen der Mutter-Tochter-Beziehung vor mir, aufgeblättert wie ein Buch.

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Montag, 12. Dezember 2011

Kleine Ursache, große Wirkung

In "The big short" von Michael Lewis findet sich eine interessante Aussage, und sie ist wie nebenher gesagt, so wie das Geschehen, das sie erwähnt, wie nebenher geschah, udn doch war es von fundamentaler Bedeutung: die Krise von 2008f. ist nämlich eigentlich schon 1981 grundgelegt worden. Damals hat sich, öffentlich kaum beachtet,  Entscheidendes ereignet.

Die großen New Yorker Investmentbanken, beginnend mit Salmon Brothers, haben sich von Gesellschaften von Investoren zu Aktiengesellschaften gewandelt. Lewis schreibt, daß persönlich haftende Gesellschafter niemals Geschäften zugestimmt hätten, wie sie 2007f. durchgeführt wurden! Seit 1981 wußten auch immer weniger Menschen, was überhaupt passierte, immer weniger Personen, die aber verantwortliche Entscheidungen zu treffen hatten, durchschauten bald noch die Komplexität der eingegangenen Risken. Es begann mit Salmon Brothers, und bald folgten sämtliche übrigen Investbanken. Eine ganze Branche setzte sich somit selbst auf immer brüchigeres Eis.

Was 2008 passierte, "passierte" im wahrsten Sinn des Wortes! Nicht wegen großer Hechte im Karpfenteich, den buchstäblichen bösen Spekulanten, sondern aus oft lächerlichen Fehleinschätzungen, manchmal auch irrationalem Vertrauen aufeinander, oft völlig überforderter Manager.

"Aus Vertrauen wurde blindes Vertrauen. Keine Investmentbank, die ihren Beschäftigten gehört hätte, hätte das Verhältnis von Fremd- zu Eigenkapital auf 35 zu 1 erhöht oder Mezzanine-CDOs im Wert von 50 Milliarden US-Dollar gekauft und behalten. (...) Die kurzfristig zu erwartenden Gewinne hätten die langfristig zu erwartenden Verluste nicht gerechtfertigt".

Was die These nährt, in der ich immer behauptet habe, daß die Entpersönlichung der Wirtschaft ihr eigentlicher Todesstoß ist. Nur Unternehmer, als physische Persönlichkeiten, können als Partner in einer Wirtschaft gelten. Kein Staat, keine reinen Kapitalinteressenten wie Aktionäre, nicht einmal, wenn diese mit ihrem Aktienkapital haften. Aber diese Konstruktionen sind schuld, wenn plötzlich das Hauptinteresse der Wirtschaft vom Produkt und vom Kunden zu bloßer Gewinnmaximierung wandert, die als höchster Zweck alle Mittel zu heiligen beginnt. Meist nicht gleich, aber allmählich, und schließlich ganz.

Und so wird eine gesamte Volkswirtschaft vom Kapital korrumpiert, weil sie (über Folgerisken und -insolvenzen, im privaten Bereich) zur Gänze in den Händen bloßer Geldinteressen liegt. Plötzlich wird das Primat der Politik identisch mit dem Primat der Geldwirtschaft! Genau dort sind wir heute.

Oh nein, wie oft habe ich schon darauf hingewiesen, und so habe ich es erlebt, so habe ich es überall gesehen: Die großen Dinge der Welt geschehen nicht unter Fanfarenklängen und bombastisch verkündeten Generalbefehlen. Die großen Dinge der Welt "passieren" eigentlich immer, aus unzähligen kleinen Dingen, Geschehnissen, "Stolperern" und Fehler(chen) und Schwächen. Oder Tugenden, Geduldsmomenten, STeinchen, die man aufeinanderlegte, und plötzlich war etwas anders ...

Denn das gilt sowohl im Guten, wie im Schlechten.

Selbst in der Kindererziehung habe ich immer wieder oft winzigste Momente aufblitzen sehen, wo plötzlich im Kind etwas gedreht hat, wo plötzlich etwas passierte. Dabei war man nicht ungeduldiger als sonst auch einmal, dabei war man nicht "böser" als man es immer ist. Aber es brach etwas, das Verhalten ändere sich schlagartig beim Kind.
Sodaß auch die Hoffnung erlaubt, in dieser Richtung fortzusetzen, im Guten: ... dabei war man nicht liebevoller oder zugewandter als man es sonst auch zuwege brachte. Aber das Gute ist eben "normal". Das Schlechte schießt etwas aus der Welt, darum fällt es auch auf. Die These, daß das Bewußtsein nur enthält, was fehlt, was gestorben ist, ist nicht nur Erfahrungsschatz des Verfassers dieser Zeilen.



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Sonntag, 11. Dezember 2011

Es geht um die Wurst

Was sonst - die Weltklimakonferenz in Durban kommt angeblich zu keinem Ende, weil zu keinem Ergebnis, sodaß man sie, erstmals, vertagt, also nur unterbricht. China, Indien und die USA sind nicht zu bewegen, die Protokolle zu unterzeichnen bzw. ihre Wirtschaft dem Diktat und das heißt der Begrenzung der Klimabewegten zu unterwerfen.

Das habe ich vorhergesagt, und es war nicht schwer: den seit einem Jahr weht in den Medien ganz langsam ein anderer Wind, bricht die öffentliche Meinung, kommen auch bei der Bevölkerung Zeifel an der ganzen Klimageschichte auf.

Das haben alle die Nasenbohrer und Klimawissenschaftler und Adabeis und Journalisten und NGO-Vertreter und Pressesprecher etc. etc. längst gewittert, und umso energischer drängen sie nun darauf, ihr Dasein einzuzementieren. Schon zeichnen sich ja nächste Szenarien ab - das Weltall wird sie vom Sitz blasen, hier stand es längst als Prophezeiung.

Aber sie habe in einem Verzweiflungsakt ihr Schicksal an das Klima gekettet, mit der einzigen Nottür: die Wissenschaft könnte sich ja doch geirrt haben. Längst heißt es ja, daß von einer Klimaerwärmung gar keine Rede sein könne, und wenn sei sie eher marginal. Seit 10 oder 12 Jahren ist auf jeden Fall eine Abkühlung zu bemerken, und von den Entstehungszusammenhängen haben sich auch die meisten bisherigen Thesen in Luft aufgelöst - da sinken die Temperaturen, während der CO2-Gehalt der Luft steigt, das kann es ja überhaupt nicht geben!

Also laufen sie, die Sesselfurzer und Abzocker, die Lügner und Verleumder, die Gewalttäter und Menschenverwirrer, die Medienprofis und Neiderfüllten, ihren Stand und ihre Wichtigkeit zu sichern, und trotz ihrer miesen Charaktergrundlagen endlich auch etwas zu erreichen - die Mittelmäßigen und Nichtsnutzigen, die Muttersöhnchen und Arschkriecher, gegen die Mutigen und Männlichen.

Laßt sie doch bitte laufen!


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Samstag, 10. Dezember 2011

Nur mit Freunden

aus 2007) Branko Lustig, Produzent u. a. von "Schindler's Liste" und "Gladiator", im Radiointerview:

"Ich hätte 15 Jahre früher nach Amerika gehen sollen. Warum? Weil man als junger Mensch leichter Freunde gewinnt. Steven Spielberg ist auch mein bester Freund!Und im Film braucht man Freude, sonst kann man Film nicht machen, ich habe überall Freunde, die bringen dann meine Filme, oder helfen mir, oder ich ihnen.

Und alle müssen dasselbe wollen. Ich habe nie einen Film gemacht, wenn nicht der Regisseur und ich dasselbe gewollt haben. Nur manchmal, wie im Gladiator, war auch der Schauspieler gleich wichtig, denn Ridley Scott wollte unbedingt: es mußte Russell Crowe sein. Ich habe später mit Russell Crowe aber ganz schrecklich gestritten, und dachte schon, daß wir den Film abbrechen müssen."



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Freitag, 9. Dezember 2011

Wie sollte es sonst sein?

Vaclav Klaus
Schon öfter an dieser Stelle, und er wird es wohl auch weiterhin, ist der tschechische Staatspräsident Vaclav Klaus erwähnt worden. Denn seine Aussagen sind in ihrer Klarheit und vor allem in ihrem Mut dieser Erwähnung wert.

Freilich, was er nun beklagt, was er nun schildert, ist nur "weise", wenn man sich eine andere Hälfte dazudenkt. Die fehlt nämlich. Es ist die der fundamentalen Demokratiekritik, weil sie in der heutigen Form, und bei diesen Staatengefügen, ein untaugliches Instrument menschlicher Organisation ist.

Das Wesen des Menschen ist hierarchisch, und also ist es auch jede Gesellschaft. Darüber zu klagen, was sich real nun in Europa an Machtkonstellation findet, ist müßig. Hätte es je anders kommen können? Ja im Gegenteil, jetzt wird es erst spannend.

Denn selbstverständlich gilt, was für den Einzelnen gilt, auch in umgelegter Form auf das Zueinander der Staaten! Und nun werden sich - das wage ich hier zu prophezeien - jene nie gelösten Konflikte und Fragestellungen ganz neu stellen, die aus dem 19. Jhd. heraus (nein, schon viel früher ... ich rede hier von Jahrtausenden) in zwei Weltkriegen gemündet haben. Die erfolglos genau diese Frage klären sollten: die der realen Machtverhältnisse am europäischen Kontinent, eingebunden in globale Machtfragen.

Aber hier also Klaus, wie ihn die Kronen Zeitung zitiert:

"Merkel und Sarkozy haben die enorme Kraft, jegliche Entscheidung durchzusetzen, zu der sie gelangen und die die gesamte EU, einschließlich der Tschechischen Republik, betrifft", kritisiert der Staatschef.

Er habe mehrmals erlebt, dass die deutsche Kanzlerin und der französische Präsident "in einen Nebenraum gehen, nach einer halben Stunde zurückkehren" und dann einen Vorschlag präsentieren. "Und dieser Vorschlag wird angenommen", wird Klaus in der tschechischen Tageszeitung "Lidove noviny" zitiert.

In der derzeitigen Krise der Euro- Zone sei die Kraft von Merkel und Sarkozy noch stärker geworden, weil die EU- Institutionen "ganz zahnlos" und "in dieser Hinsicht auch wertlos" seien. Jemand habe die Macht ergreifen müssen, und nur die beiden hätten momentan die reale politische Kraft, so Klaus.

Man dürfe die Kritik nicht persönlich nehmen, hielt Klaus fest: "Mir geht es nicht um Merkel und Sarkozy, sondern um das Tandem der zwei stärksten europäischen Länder. Und dieses hätte nie so viel Entscheidungsmacht, wenn zuvor nicht die Rolle der einzelnen nationalen Staaten so dramatisch eingeschränkt worden wäre."
Papandreou schießt gegen Ex- Kollegen

Auch der ehemalige griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou sparte bei einem Gastauftritt beim Parteitag der deutschen Grünen nicht mit Kritik an seinen europäischen Ex- Kollegen. Wenige starke Akteure und nicht die Gemeinschaft der Staaten würden die Maßnahmen beschließen, sagte er, ohne Namen zu nennen.

Gemeint waren aber offenkundig Merkel und Sarkozy, die mehrere Maßnahmen gegen die Schuldenkrise in der Euro- Zone durchgesetzt hatten. Den konservativen Parteien in Europa warf Papandreou vor, mit fremdenfeindliche Ressentiments und nationalistische Tendenzen zu spielen. Nötig sei eine weitere europäische Integration, "Multikulturalität ist kein schmutziges Wort", sagte der sozialistische Politiker weiter. Europas Verschiedenheit könne Stärke sein und nicht Schwäche.



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Wie zu erwarten war

Nun, nachdem also miteinander gegangen ward, ohne über das Ziel einig zu sein, ist man miteinander gefangen. Und nun wird in Brüssel diskutiert, wie man dieses Miteinander optimiert, das noch nie ein solches gewesen ist, das nie mehr war als ein bequemeres Aufeinanderverlassen. Und plötzlich "muß" man einander retten, plötzlich ist man existentiell aufeinander angewiesen.

Worüber in diesen Tagen in Brüssel diskutiert wird
Nun werden Durchgriffsmöglichkeiten diskutiert, die die Souveränität der Länder aufhebt. Denn Souveränität ist nicht parzellierbar, sie ist, oder sie ist nicht. Mit einem mal stellen sich alle die nie gelösten Fragen wieder, diesmal aber können sie nicht mehr beantwortet und ausverhandelt werden. Diesmal "müssen" sie einem bestimmten Zweck untergeordnet werden, oder man geht unter. Heißt es.

Europa ist unversehens in eine "Vereinigte Staaten Europas" gerutscht. Manche haben das gewußt und gewollt, manche haben es geollt aber nicht gewußt, und manche haben es nie gewollt, aber auch nicht gewußt. Wieviele es nie gewollt und als Konsequenz gewußt haben, kann man nur schätzen. Ich habe das dumpfe Gefühl, daß es die Mehrheit ist.

Keiner der derzeit in Brüssel verhandelnden Politiker weiß, so meine Unterstellung, worum es wirklich geht. Keiner hat die Position eines wirklich distanzierten Betrachters, der das Ganze überblickt. Sie folgen alle einer irgendwie - von Medien, von Hysterien, von Beratern, von persönlichen Vorlieben, was auch immer - nach oben gedrückten Priorität der "Rettung". Wovon? Auch das weiß niemand. Oder: bestimmter Abläufe und Mechanismen halt. Denn von schöpferischem Umgang mit Europa und seiner Idee war nie eine Spur. Auch Otto von Habsburg hatte sie nicht wirklich, war zu naiv und gutmeinend, um die richtige Idee zwar zu besitzen, aber nicht zu erkennen, daß die Perfidie der Realitäten dieser Reichsidee zuwiderläuft. Mit dem wesentlichsten Konstruktionsfehler: der fehlenden Verankerung der Verantwortlichkeit der Macht in der Transzendenz, in Gott.

Auf sich geworfen, so schreibt deLubac einmal, wird der Mensch zwangsläufig zu seinem eigenen Peiniger. Es besteht kein Zweifel, schreibt er, daß der Mensch sich ohne Gott organisieren kann. Aber diese Organisation wird immer unmenschlich.

Ohne diese Verankerung gibt es auch kein Europa. Es gibt nicht nur kein optimales Europa, sondern es wird zur Peinigung der Bürger.

Europa hat, um im Weltkonzert (vermeintlich) zu überleben, sein Sterben zum technizistischen Gewaltkonstrukt hin gewählt. Das muß man auch einmal schaffen.



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Donnerstag, 8. Dezember 2011

Zur Männlichkeit geleistet

(Aus Die Presse:) ... Aus der Ferne sehen sie so freundlich aus, die Murmeltiere, aber der Blick täuscht, es wird erbittert gekämpft, auch unter den Weibchen: In jeder Gruppe – bis zu 20 Mitglieder – monopolisiert ein Alpha-Weibchen die Reproduktion und macht alle anderen nieder, mit hoch aggressivem Verhalten. Zwar kann es nicht verhindern, dass auch andere kopulieren und trächtig werden, aber dann fällt es so aggressiv über die Konkurrenz her, dass die in extremen Stress gerät und die Föten abgehen.

„Wenn doch einmal ein anderes Weibchen Junge bekommt – das ist so selten, dass ich es in 15 Jahren Feldarbeit nur ein Mal erlebt habe –, werden sie vom Alpha-Weibchen getötet. Da geht es rüde zu“, berichtet Wildbiologe Walter Arnold, „aber man muss den ökologischen und sozialen Hintergrund sehen.“ Murmeltiere leben im Hochgebirge, ihre Jungen kommen im Juli zur Welt und haben dann zwei Monate, sich auf den siebenmonatigen Winterschlaf vorzubereiten. Ohne die Erwachsenen würden sie den nicht überleben: Die Großen nehmen sie in den Höhlen in die Mitte und wärmen sie, vor allem die Männchen tun es, die Weibchen sind zu erschöpft, sie müssen auch nach jeder Geburt ein Jahr Pause einlegen (verhindern in dieser Zeit aber auch die Reproduktion anderer). Viele Junge haben nicht Platz, deshalb kann sich nur ein Weibchen reproduzieren. Und wenn sie es tut, wirft sie im Durchschnitt drei Junge, zwei Drittel davon sind Männchen bzw. sie werden es:  

Bei allen Säugetieren müssen die Föten dafür etwas tun, bestimmte Gene aktivieren und das männliche Sexualhormon Testosteron produzieren (tun sie es nicht, werden sie sterile Weibchen).

Dazu läßt sich so manche Beobachtung über "männliche" ("unweibliche") Frauen, oder gar über hermaphrodite Menschen stellen. Denn die auf manche so besonders anziehend wirkende (im besonderen über fetischisierte Sexualformen) "träge", lasziv, melancholisch-passive Charakterprägung gerade solcher männlicher Frauen fällt einem dazu ein. Daß gerade solche Typen heute sehr "gefragt" scheinen, liegt an nichts Geringerem als an der Tatsache, daß je geringer die Identität des Partners ausgeprägt ist, umso weniger Last des Selbstseins zu bewältigen ist: man trifft sich auf dem mittleren Niveau des Identitätsverzichts, sozusagen. Darin liegt die Prägung dieser Charaktere zum Fetischismus - als vorgestellte, nicht aber reale Geschlechtlichkeit begründet: in der Ausschaltung der Ebene wirklichen Seins, der Realität.

Auch die Homosexualität als "zu schwach ausgebildete Ursprungs-/Zielidentität" erhält unter diesem Gesichtspunkt weiteres Licht, weiß man, daß es bei der männlichen Identität um eine notwendig zu erbringende Leistung geht. Während die weibliche Identität gerade im Gegenteil, in der gelassenen Passivität ihre Ausreifung erfährt. Beide Geschlechter, je reziprok, leiden also unter einerseits zu geringem Vertrauen in ihre jeweilige Charakteristik - Aktivität/Passivität, sehnen sich aber anderseits genau danach, schieben diese Ebene aber in die Vorstellung, damit sie nicht real gefährlich (weil real prägend) werden kann.


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Mittwoch, 7. Dezember 2011

Zurück zum Eigentlichen

Christoph Waltz im Interview mit der Kleinen Zeitung:

WALTZ: Es kam nur ein Kompliment von [Roman Polanski's; Anm.] Seite, er habe noch nie so eine Gruppe von Schauspielern erlebt, die sich nicht gegenseitig übertrumpfen wollte, sondern für die das Gelingen des Films zählte. Keiner stellte den anderen in den Schatten oder profilierte sich auf dessen Kosten. Wir wussten genau, jeder Einzelne ist nur so gut, wie es der Partner auch sein darf. So eine Sensibilität findet sich leider nicht oft.

Mögen Sie Komödien?
WALTZ: Ich mag die Hintergründigkeit. Stücke sind nur wirklich humorvoll, wenn sie etwas verbergen, etwas offen lassen. Hinter jeder Komödie steckt eine Tragödie. 

Was sind die Schattenseiten des Ruhms? 
WALTZ: Wir übertreiben dieses ganze Getue um Personen und vergessen, über den Inhalt zu reden, über die Geschichten auf der Leinwand, die das Publikum bewegen. Dieses ständige Gequassel über Celebrity-Aspekte und das Getümmel auf dem roten Teppich nervt mich. Leider entpuppt sich dieses überflüssige Theater langsam als eine Art soziale Währung, mit der wir unsere Rechnungen zahlen. Wenn mich jemand nach persönlichen Dingen fragt oder gar danach, was ich in einer Beziehung mag, könnte ich aus der Haut fahren. Wir ändern uns doch jeden Tag und damit ändern wir auch unsere Meinung, wir sind ja keine Maschinen. Aber vielleicht reden Filmleute ja irgendwann wieder über Filme.


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Samstag, 3. Dezember 2011

Komplexe Klarheiten

Im Kurier findet sich das nur blöd zu nennende Unterfangen, in einer Photoserie zu beweisen, daß "google-maps" - das wahllose, systematisch-archivarische Ablichten der Welt, um Orte über Satellitennavigation und entsprechende Ortswahl anschaulich zu machen - viele "Kunstwerke hohen Ranges" aufweise. Nun giengen Fachleute daran, die Unmengen (noch einmal: wahlloser) Bilder zu sichten, und die Kunstwerke daraus auszusortieren.

An diesem offensichtlichen Unsinn, der jeden Begriff von Kunst und Künstler lächerlich macht, wird aber viel deutlich, allem voran, welche Irrtümer sich in der Betrachtung von Kunst bereits allgemein festgesetzt haben. Ich will auch nicht davonsprechen, daß sich die Art zu photographieren durch die Digitalisierung dem willkürlichen Verfahren von Google kaum noch unterscheidet. Ich will auch nicht davon sprechen, daß die Begriffsverwirrung bereits so total und allgemein ist, daß kaum noch jemand darauf Antwort geben könnte, und der Hinweis auf das Humanum in der Kunst ist auch selten mehr als bloße Willkür, als utilitaristischer oder romantischer Rettungsversuch - aber wovon? Zweck hat noch nie zur Schöpfung motiviert, Zweck ist Zwang, nicht freies Spiel, zwecklos, aber nicht sinnlos, denn der Sinn liegt im Menschen quasi verfleischlicht, ist immanenter Ausfluß seiner Tätigkeit.

Ich will also nur anreißen, was für eine Problematik darin liegt, daß sich ein Zeitungsredakteur nichts mehr dabei denkt, ein rein zufälliges Produkt einer Maschine - Kamera - zum Kunstwerk zu erklären.

Viel mehr sagt sich aus über Kunst und Reproduktion. Das Photo liefert ja lediglich eine Referenz zu einem realen Gegenstand, es hat für sich eine völlig anders gelagerte Wirklichkeit. Illustrativ wird es bei der Vorstellung, jemand stelle sich in Paris vor die Monalisa und mache davon eine Photoablichtung.

Ist es wirklich nur - wie Benjamin schreibt - die fehlende Echtheit? Ist es wirklich nur die Aura als quasi bloß psychisches Anhängsel an ein Ding, geboren aus soziokulturellen, psychosozialen Zusammenhängen?

Nein, es ist viel mehr. Und jeder, der obiges Experiment macht, wird es feststellen, soferne er noch halbwegs gesunde Reflexionskräfte und Wahrnehmungsfähigkeiten hat. Denn nur die Monalisa hat eine Wirklichkeit die "Monalisa" heißt. Nur das Original bringt eine Figur, eine Person zur Wirklichkeit, nur Leonardo da Vinci hatte die Wirklichkeit der Person als eigentlichen Darstellungsgrund erfaßt und umgesetzt.

Der Photograph, und selbst der bloße Kunstfälscher, greift bereits auf eine zweite Wirklichkeit zurück, auf eine abgewandelte Interpretation (wie der Maler), beide stellen nur noch das Bild dar, nicht mehr die Monalisa!

Die Photographie funktioniert überhaupt nur noch durch die direkte Referenz auf eine Wirklichkeit. Der Betrachter sieht also bei der unkünstlerischen Photographie - und ich gestehe, nach wie vor keinen Weg gefunden zu haben, wie Photographie Kunst sein kann - nur deshalb etwas, weil ihm das Dargestellte "bekannt" ist, er sieht durch Erinnern. Die Wirklichkeit aber, der er im Bild gegenübersteht, ist ganz anderer Natur, und sie ist keine Wirklichkeit der Darstellung, sodaß das Abgebildete wirklich "ist", eine Wirklichkeit ist, die hier, präsent vor mir hängt oder liegt.



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Ach ja, natürlich

Sie ist ein wenig aus den Augen gerückt, die Klimakatastrophe. Aber es stimmt nicht, wenn man sagt, daß die wirtschaftlichen Themen und Krisen alles verdrängt haben, es ist nicht richtig wenn es heißt, daß das Thema vernachlässigt wird.

Es wird nicht vernachlässigt, sondern es korrigiert sich ganz leise, und Stuck für Stück, auf ein ganz seltsames Maß zurück ... wer die Tangente anlegt und verlängert könnte glatt meinen, es käme noch der Tag, wo das Thema überhaupt vom Tisch verschwindet. Weil es nie existiert hat, vielleicht?

Das schreibt nun die Presse: "Ausgerechnet" der Kern der Klimaprognosen ist der unsicherste Teil daran. Ach nein?!

Justament der Kern aller Klimaprognosen ist ein wenig sicherer Schätzwert, der nun von Forschern nach unten revidiert wird. Für gewöhnlich wird versucht, die „Sensitivität" aus den letzten 150 Jahren zu erheben.

Die Klimaerwärmung wird nun doch nicht so stark ausfallen, wie prognostiziert, die 0,8 Grad (!), die das Weltklima "nachweislich" seit 100 Jahren wärmer geworden ist, werden vielleicht doch nicht als Anfang eines "Hockeyschläger-Wachstums" zu sehen sein. Es sei außerdem so schwierig, die Zusammenhänge des CO2 mit dem Klima nachzuvollziehen. Vor 22.000 Jahren, gewiß, das erzählen uns die Bohrkerne in der Arktis, gab es Eiszeit, und wenig CO2. (Wobei noch niemand - dieser wichtigen Herren des UNO-Weltklimabeirats IPCC - auf den Gedanken gekommen ist, die Ursache-Wirkungs-Verhältnisse gleichermaßen in Frage zu stellen - daß nämlich mehr Vegetation WEGEN wärmerer Verhältnisse auch logischerweise mehr CO2 in der Luft bewirkt.)

Na da können wir ja froh sein, daß die Wissenschaft sensationellerweise (cit.) ihre Methodik ändert, und nun meint, daß sich nur schwer eine wirkliche Aussage treffen lasse. Sensationall, gewiß. Zwanzig Jahre war ja anderes zu hören. Nun aber, nun können wir der Wissenschaft wieder vertrauen.

Aber wen wundert überhaupt noch etwas? Haben Sie schon UNO-Mitarbeiter kennengelernt? Der Autor dieser Zeilen hat. Es erübrigt sich jeder weitere Kommentar zu deren Realitätskompetenz.



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Freitag, 2. Dezember 2011

Nachgetreten

Scheidende Führungskräfte sind zumindest interessant, wenn auch unter zwei Gesichtspunkten problematisch: wäre das Fallen figuraler Zwänge und Notwendigkeiten (der Scheidende spricht nicht mehr offiziell im Namen der von ihm vertretenen Korporation) noch ein Fallen von Denk- und Sageverboten, so können Verletztheiten gerade hier Verzerrungen bringen. Umgekehrt werfen "Enthüllungen", "Wahrheiten", die sich jemand von der Seele redet, ein schlechtes Licht auf den Redner: warum hat er noch zu Zeiten der Verantwortung das alles nicht beherzigt? Die Rückschlüsse auf den Charakter sind meist aussagekräftiger als sein offizielles Fazit, das sich ja gerne weise gibt.

Jürgen Stark war Chefvolkswirtder Europäischen Zentralbank (EZB), und man darf ihn durchaus unter dem Prismenglas ansehen. Aber er ging unter Protest, was doch etwas aussagt: denn er hält es für unverantwortlich, daß die EZB Staatsanleihen von Krisenstaaten aufkauft.

Einige seiner Aussagen sind deshalb bemerkenswert (wenn auch nicht überraschend), mit denen er in der FAZ nach seinem Ausscheiden auftritt. Im besonderen warnt er davor, daß die EZB zu einem politischen Instrument mißbraucht wird.

Warum war der Ankauf von Staatsanleihen durch die EZB für Sie und Axel Weber so ein unverzeihlicher Tabubruch?
Die Mehrheitsentscheidung des EZB-Rates ist zu respektieren, in dieser besonderen historischen Situation Staatsanleihen aufzukaufen.
Aber wo liegt die Gefahr?
Es geht weniger darum, dass der Anleihenkauf im Augenblick zu Inflation führt. Die EZB schöpft regelmäßig die Liquidität wieder ab, sie sammelt das ausgegebene Geld also gleichsam wieder ein. Wichtiger und problematisch ist, dass das Zinsniveau für Staatsanleihen durch den Anleihenankauf beeinflusst wird und damit einen fiskalpolitischen Effekt hat.
Warum?
Wir beeinflussen die Bedingungen, zu denen Regierungen sich verschulden können. Das ist absolut nicht unsere Aufgabe.
Warum ist es schlimm, wenn die Notenbank den Staaten hilft?
Es muss eine klare Aufgabentrennung zwischen Zentralbank und Regierungen geben. Die Zentralbank hat für Preisstabilität zu sorgen. Und es liegt in der Verantwortung der Regierungen, für angemessene Bedingungen für die Finanzierung ihrer Staatsausgaben zu sorgen. Wenn die Märkte seit einiger Zeit sensibler auf die hohe Verschuldung der Staaten reagieren und deshalb höhere Zinsen verlangen, ist es nicht die Aufgabe der Notenbank, das zu korrigieren.
Was ist dabei das Problem?
Wir wissen aus der Wirtschaftsgeschichte, dass es immer zu Katastrophen geführt hat, wenn eine Zentralbank in großem Stil Staaten finanziert hat. Das endet in Inflation. Nicht immer kurzfristig. Aber mittel- bis langfristig. Und es führt letztlich zu wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Instabilität.

"Liquidität findet immer ihren Weg," sagt er weiter. Die Vermehrung des Geldumlaufs drückt sich in jedem Fall in höheren Preisen aus - entweder in Inflation, oder in der Erhöhung von Immobilien- und Vermögenspreisen. Oder es verlagert sich durch Geldflüsse - die Geldmengen des Nordens haben ja die Inflation in den Schwellen- und Entwicklungsländern in die Höhe gehen lassen, weil nun dorthin investiert wurde.

Und noch einen klugen Satz sagt Stark: Auf die Frage, ob in Krisenzeiten nicht Regeln ausnahmsweisig auch gebrochen werden sollten, meint er: "Regeln sind dazu da, gerade in Krisenzeiten Orientierung zu geben."

Grundsätze gelten gerade in kritischen Zeiten. Die Vorstellungen, alle Problem der Welt immer mit zusätzlicher Liquidität zu lösen, sind irreführend. Es mag kurzfristig helfen, führt aber mittelfristig zu Marktverzerrungen und höherer Inflation. Aber gerade amerikanische Denkfabriken stimmen die Öffentlichkeit und die Politik auf höhere Inflationsraten ein, und die Diskussion hält langsam auch in Europa Einzug. Eine Empfehlung, die EZB solle statt zwei Prozent Inflation vier oder fünf Prozent zulassen, halte ich für grundfalsch. Eine solche Entwicklung kann nur sehr schwer wieder eingefangen werden.
Dann bleiben am Ende tatsächlich nur Eurobonds?
Eurobonds lösen die strukturellen Haushaltsprobleme, die einige Mitgliedstaaten der Eurozone haben, am allerwenigsten. Vielmehr führen sie zu einer Haftungs- oder Schuldenunion, die niemand wollen kann. Erst wenn entscheidende Schritte hin zu einer politischen Union gemacht worden sind, könnten am Ende auch gemeinsame Anleihen stehen.




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Wie internationale Politik koordiniert wird

Oder: Wer kann gegen die internationale Vernetzung von Politik und Banken noch an? Niemand. Auch nicht Berlusconi ...

Der Nachrichtendienst "The intelligence" bringt in einem Artikel in nachvollziehbarer Weise, wie Berlusconi von der internationalen Banken- und Politikverflechtung staatsstreichartig ausgehoben wurde, ja, wie eng diese Bereiche bereits ineinander wirken! Man erzeugt eine künstliche dramatische Situation, in der nichts anderes mehr möglich wird als ein nationales Notkommitee zu schaffen, das jede nationael Politik aushebelt.

Aus Dokumentationsgründen bringe ich den lesenserten Artikel auch hier:

In Blitzesschnelle erfolgte in zwei von der Krise besonders geschüttelten Ländern, Italien und Griechenland, die Bildung einer neuen Regierung. Ohne Wahlen. Ohne Zustimmung der Bürger. In beiden Fällen stehen Insider aus der Finanzwelt an der Spitze. Auch EZB-Chef Mario Draghi gehört dieser elitären Clique an. Durch den verzögerten Ankauf italienischer Staatsanleihen unterstütze er die neue Regierung unter Mario Monti. Auch Josef Ackermann von der Deutschen Bank „vertraut“ Monti. Beide gehören zu den regelmäßigen Teilnehmern des Bilderberg-Treffens.
Unsere moderne Demokratie zeichnet sich durch zwei wesentliche Punkte aus. Politische Debatten verlieren sich in Unwesentlichkeiten, während von Abgeordneten erwartet wird, entscheidenden Beschlüssen kommentarlos zuzustimmen, wie Bundestagsmitglied Marco Bülow unverblümt in seinem Buch „Wir Abnicker“ in allen Details erklärt. Und alle paar Jahre dürfen Bürger ein Kreuzchen machen, um dadurch zu bestimmen, wer die nächste Regierung bilden wird.

Für den zweitgenannten Punkt, also den „freien“ Wahlen, sind die Medien von wesentlicher Bedeutung. Wo sonst sollten die Informationen herkommen, die Bürgern bei der Entscheidung helfen, wem sie durch ihre Stimme ihr Vertrauen schenken sollen. In Griechenland und in Italien wurde der üblich beschrittene Weg entscheidend abgekürzt. Aufgrund der Dringlichkeit der Situation, wurde auf den monatelangen und kostenintensiven Wahlkampf verzichtet. Die Meinung der Bürger wurde vorweggenommen. Die neuen Regierungschefs wurden vom Parlament eingesetzt – und die Medien bemühen sich nachträglich, dies dem Volk auch schmackhaft zu machen.

Und was könnte die Richtigkeit der Entscheidung besser untermauern als neugewonnenes Vertrauen der Märkte? Die Märkte bestimmen über den Geldfluss. Die Märkte bestimmen über die wirtschaftliche Entwicklung. Die Märkte bestimmen über die Preise. Die Märkte bestimmen über uns.

Um diese Märkte auch entsprechend zu beeinflussen, griff Mario Draghi in die Trickkiste. Davor kurz zur Erinnerung: Der neue griechische Premierminister Lucas Papademos, ehemaliger Vizepräsident der Europäischen Zentralbank, Mitglied bei der Trilateralen Kommission, hat vor einem Jahrzehnt den Beitritt Griechenlands in die Eurozone vorbereitet. Beim entsprechenden Präparieren der Bilanzen, dem Verschleiern der tatsächlichen Verschuldung, half Goldman Sachs. Mario Draghi, seit 1. November Vorsitzender der Europäischen Zentralbank, amtierte zur selben Zeit als Vizepräsident bei Goldman Sachs. Papademos und Draghi besuchten zur selben Zeit die selbe Fakultät an der selben Universität, dem MIT in Boston. Wie Draghi jedoch glaubhaft machen konnte, wusste er nichts von den Manipulationen, die Griechenland den Beitritt in die Eurozone erst ermöglichten.

Draghi, der nach seinem Amtsantritt als EZB-Chef gleich einmal die Zinsen herabsetzte, eine grundsätzlich wirtschaftsfördernde Maßnahme, reduzierte gleichzeitig aber auch den Ankauf von Staatsanleihen, insbesondere aus Italien. Dadurch geriet die Regierung weiter unter Druck und es erfolgte Berlusconis Rücktritt. Kaum war Mario Monti als Ministerpräsident Italiens jedoch eingesetzt, kaufte die Zentralbank plötzlich wieder italienische Staatsanleihen, und zwar in „außergewöhnlich großen Mengen“. Und siehe da, die Märkte zeigten sich mit der politischen Veränderung sehr zufrieden.

Und Josef Ackermann, von dem man mittlerweile weiß, dass er sich aus der Deutschen Bank AG zurückziehen wird, „vertraut Monti“, informiert die Financial Times schon in der Schlagzeile. Gibt es zwischen Ackermann und Monti eine direkte Verbindung?

Werfen wir einen kurzen Blick auf die offizielle Teilnehmerliste bei der Bilderberger-Konferenz in St. Moritz, im Juni dieses Jahres, so findet sich Josef Ackermann als Vorsitzender der Deutschen Bank AG. Mario Monti ist als Präsident der Wirtschaftsuniversität „Luigi Bocconi“ gelistet. In der Teilnehmerliste des Jahres 2010, der Ort des Treffens war Sitges in Spanien, finden sich wiederum beiden Namen: Ackermann und Monti. Im Jahr 2009 wurde das Treffen in Griechenland abgehalten. Wer findet sich auch hier auf der offiziellen Teilnehmerliste (die übrigens nicht unbedingt alle Namen enthalten muss)? Ackermann, Monti – und auch Mario Draghi als Gouverneur der Banca d’Italia.

Dass Mario Monti den Vorsitz der europäischen Gruppe der Trilateralen Kommission inne hält, zu deren Mitgliedern auch der neue griechische Regierungschef Lucas Papademos zählt, darüber hat The Intelligence bereits informiert.

„Na wenn schon“, mag der Bürger denken. Endlich einmal Fachleute an der Spitze, die auch wissen was sie tun. Die Märkte scheinen diese Entwicklung ja auch zu begrüßen. Und wenn diese erst einmal restlos zufrieden sein werden, dann steht einer „Welle der Gutmütigkeit“ ja nichts mehr im Wege. Das mit den Schulden werden sie schon hinkriegen. Und wenn die endlich einmal abgebaut sind, dann wird’s mit der Lebensqualität ja auch wieder bergauf gehen. Träumen ist in der Demokratie schließlich erlaubt.

Natürlich darf die Teilnahme an elitären Treffen nicht automatisch zu einer Verurteilung der Person führen. Internationale Verbindungen und harmonische Kontakte mit anderen einflussreichen Persönlichkeiten bringen zweifellos Vorteile mit sich. Doch ob die derzeit inszenierten Machenschaften auch nur im Ansatz den Interessen der Bürger entsprechen, daran lässt sich durchaus zweifeln. Im Vordergrund stehen, wenn wir den Medien Glauben schenken, die Märkte, die „internationalen Investoren“, die „systemrelevanten“ Monster, unersättliche Instrumente der Kapitalbildung. Regelmäßig verschwinden Hunderte von Milliarden Euro in unkontrollierbaren Finanzoasen. Und in den Parlamenten der demokratischen Staaten Europas wird an Einsparungen gearbeitet, unter denen die Masse des Volkes leidet, um den Wünschen der Märkte gerecht zu werden.

Das Spiel wird immer offensichtlicher. Bemühungen, den Einfluss der internationalen Finanzlobby zu verschleiern, nehmen ab. Denn die Mehrzahl der Bürger interessiert sich ohnehin kaum für diese Dinge. Die zittert vor den Neonazis, begeistert sich für Fußball, plant Weihnachtseinkäufe und träumt weiter von einer Zukunft, in der schon wieder alles besser werden wird. Und eigentlich ist es schwer zu sagen, was schockierender ist: Die Unverschämtheit der Finanzelite oder die Ignoranz der Bürger! Man könne ja ohnehin nichts dagegen tun? Nein, solange es tatsächlich nur eine verschwindende Minderheit ist, die mitdenkt, lässt sich wirklich nichts tun.


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Donnerstag, 1. Dezember 2011

Von sich auf andere

Montaigne, schreibt Erich Auerbach, zielt bei der Erforschung des beliebigen eigenen Lebens auf die Erforschung der condition humaine überhaupt ab. Und er offenbart damit das heuristische Prinzip, dessen wir uns, bewußt oder unbewußt, in verständiger oder unverständiger Weise dauernd bedienen, wenn wir die Handlungen anderer Menschen zu verstehen und zu beurteilen bemüht sind, seien es die Handlungen unserer nächsten Umgebung oder ferner liegende, politische oder geschichtliche: wir legen an sie die Maßstäbe, die uns unser eigenes Leben und unsere eigene innere Erfahrung bieten; so daß unsere Menschen- und Geschichtskenntnis abhängig ist von der Tiefe unserer Selbsterkenntnis und der Weite unseres moralischen Horizonts.

Er ist sich selbst genug, schreibt Auerbach, Montaigne ist sich selbst Studiengegenstand, denn nichts kann er so gut kennen, wie sich selbst, alles andere ist unsicherer. Deshalb lehnt er auch jede abstraktive wissenschaftliche Methode ab, er hat kein Vertrauen zu ihnen.

Wenngleich seine Herangehensweise - das Ausleuchten aus beliebig auftauchenden Winkeln - genau deren Vorgehensweise ist. Aber Montaigne braucht keine naturwissenschaftlichen Erkenntnisse, sie nützen ihm nichts. Nur das Menschliche fesselt ihn. Wie Sokrates könnte er sagen, daß ihn der Baum nichts lehrt, aber der Mensch in der Stadt.


*011211*