Aber diese über ganz Deutschand verstreut eingerichteten Kleinlager waren rasch zu Stätten derartig ausufernder Peinigung, Folter und Quälung der Inhaftierten geworden, daß es sogar Hitler (der an und für sich auch hier gar nicht wissen wollte, wie es wirklich aussah) zu viel war. Außerdem fürchtete er einen negativen Effekt auf die öffentliche Meinung, die ihm stets extrem wichtig war. So hatte er mehrere Fliegen mit einer Klappe erschlagen. Nicht zuletzt die Entmachtung der SA, die mit ihren zweieinhalb Millionen Mitgliedern nun ein Problem geworden war. Für die SS hinwiederum war diese Aufgabe sofort gern genutze Quelle ihrer Finanzierung über Zwangsarbeit (und direkte materielle Ausbeutung, wie beim Zahngold der Toten.) Aber alleine DADURCH waren der Quälerei der Inhaftierten Grenzen gesetzt.
Eine Verbesserung, sozusagen. Denn diese Lager sofort nach dem Jänner 1933 eingerichteten Lager sollten ja die SA absorbieren. Und den vielen und allzuvielen , die der nationalsozialistischen Partei alles Ansehen, Stellung, Autorität ihres Lebens verdankten, ihre Wirkstätte geben. Die sie natürlich gerne erfüllten. Denn nun waren sie endlich die lange schon herbeigesehnte gesellschaftliche Autorität und Elite. Auch das war im Kommunismus nicht anders, und das GULAG-System war ein System persönlicher Rache- und Neidgefühle, Anziehungspunkt für niedere Charaktere, oft genug voller Sadismus.
Vor 1933 war ihre beabsichtigte Wirkung die Destabilisierung der Weimarer Republik. Das war jetzt aber kontraproduktiv und gefährlich, weil die SA nun auch die Armee ersetzen wollte. Und die brauchte Hitler auf jeden Fall. Und die Bevölkerung goutierte die Machenschaften der SA ohnehin nicht. Aber um öffentlich aufzumucken hatte sie zuviel Angst vor ihr. Man erlebte ja - genau wie im Kommunismus - wie nach und nach Menschen aus der eigenen Lebensumgebung in diese Lager verschwanden. Also leitete man die Abneigung in die Abneigung zu den bis ins kleinste Dorf nun alles bestimmenden Parteibonzen um. Die waren auch leicht vom größte Tabu - Adolf Hitler in persona - zu lösen, denn jeder kannte sie ja. Weil sie seinen Namen von all den vielen Dingen, mit denen die Deutschen unzufrieden waren, unbefleckt hielt. Immerhin lag der Lebensstandard im Reich gegen alle Versprechungen unter den von 1928. "Wenn das der Führer wüßte!" war eine Redensart, die sogar Hitler selbst als höchst nützlich ansah. Vielleicht hat sie ja sogar Goebbels erfunden, der sehr genau wußte, daß man auch der Kritik einen Raum geben muß. Und gibt es sie nicht, muß man sie erfinden. Wichtig ist lediglich die Kontrolle darüber, und die Steuerbarkeit.
Dies auch gegen die weitverbreitete Legende gesagt, die ungemein zäh die Geschichtsschreibung geprägt hat, aber falsch ist (wie Adam Toze in "Ökonomie der Zerstörung" nachweist). Zwar gab es nach der Machtergreifung 1933 einige positive Effekte. Aber nicht nur waren die kaum auf staatliche Interventionen zurückzuführen - die vielgerühmten Arbeitsbeschaffungsprobleme haben nur einige zehntausend Arbeiter von der Straße weggebracht! Der Rest ist der allgemeinen Erholung der deutschen Wirtschaft zuzuschreiben, und zwar analog zur weltweiten Entwicklung. Hinter der das Hitlerreich sogar ständig hinterher hinkte.
Die einzigen wirklich positiven Effekte auf den Arbeitsmarkt und das Volkseinkommen waren der sofort stark angeheizten, bald explosionsartig ausgeweiteten Rüstungsproduktion (ab 1935 sogar ein Viertel der deutschen Staatsausgaben) zuzuschreiben. Die aber volkswirtschatflich gesehen gefährliche Verlagerungen "vom Markt weg" bedeuteten.
Gewissermaßen "zufällig" halfen sie aber auch, den Exporteinbruch sowie den notorischen Devisenmangel zu kaschieren. Der sich für die Bevölkerung als ständige Unterversorgung mit Importgütern und einem vielfach schöngeredeten Umstieg auf Ersatzprodukte darstellte. Der den Deutschen heilige Kaffee oder generell Fette waren (neben rüstungswichtigen Rohstoffen, wie Erz) am meisten betroffen. Während der notorische Fleischmangel mit "Gesundheit" und einem deshalb anzuratenden "Vegetarismus" wegargumentiert werden sollte. Der Lebensstil war also gar nicht so sehr nur von Ideologie bestimmt, sondern sollte auch die Nachfrage für die Volksökonomie steuern, um Unterversorgung zu vermeiden.
Es gab grosso modo zwar Löhne, aber die waren niedrig weil staatlich äußerst industriefreundlich geregelt, was nur deshalb weniger auffiel, weil auch viele Produkte amtlich preisgeregelt waren. Mit dem Rückschlageffekt, daß sogar die Bauern murrten. Weil sie nun zwar besser als in den Jahren vor 1933, aber immer noch weit (!) unter dem üblichen Lebensstandard lebten. Freilich, es gab ohnehin nicht viel zu kaufen, sodaß die Sparquote stark anstieg. Mit der wiederum die Rüstung mitfinanziert wurde. Dafür gab es "Kraft durch Freude"-Massen-Urlaube, Kinofilme zum Wegträumen aus der Realität, und nicht nur billige "Volks-"Produkte, sondern auch eine kollektive "Armenfürsorge aller für alle" durch ständige Sammelaktionen der "Volkshilfe". Man mußte die Köpfe der Menschen eben beschäftigt halten.
Entsprechend intensiv liefen die ständigen Propagandaoffensiven. Und sie haben offenbar bis heute gewirkt, und das Selbstgefühl der deutschen Völker geprägt. Sodaß sich diese Irrtümer bis heute und extrem hartnäckig halten. Die Hoffnung auf die bessere, ja großartige Zukunft, die eines Tages allen als Frucht der momentanen Einschränkungen und Anstrengungen in den Schoß fallen würde, mußte die realen Mängel verdrängen. Und diese Haltung ist in Ländern deutscher Zungen bis heute recht ausgeprägt.
Anmerkung** - Ich erlaube mir den für Sie, werter Leser, sicher unnötigen Hinweis, daß nicht jede Diktatur unmoralisch und abzulehnen ist. Abzulehnen ist lediglich" jede Regierungsform, die die Freiheit der Menschen zerstört. Und das tut nicht jede Diktatur, das tut sie nicht aus ihrem eigentlichen Wesen heraus. Als temporäre, vorübergehende Etscheinung kann eine Diktatur sogar notwendig sein, um einem Volk Existenz und Freiheit zu erhalten, man denke an Krieg, man denke an das, was wir derzeit mit Corona erleben. Auch wene es Corona nicht rechtfertigt, haben wir doch das Prinzip erlebt, daß äußere Beschränkungen nicht unbedingt etwas Schlechtes und abzulehnen sind.
Das trifft immer zu, wenn man eine Situation grosso modo mit "Krieg" oer "Notstand" beschreiben könnte, in denen sich die Prioritäten eines Staates zwangsläufig verschieben müssen.
Aber - und das ist wichtig - sie dürften das nur über eine gewisse (und gar nicht so lange) Zeitspanne. Ist diese zu lang, wird ein Volk in seiner Substanz so geschädigt, daß das Einbekenntnis einer Niederlage, also die Kapitulation, "kostengünstiger" kommt. Immerhin darf man dabei nicht das erste Ziel des menschlichen Lebens vergessen, und das ist das Seelenheil! Und nur in zweiter Linie (aus Wesen und Sinn der Kultur heraus) eine äußerlich wohlgeordnete Situation ohne Beschränkungen von Freizügigkeiten oder Bedrückungen, egal welcher Art. Weil dann die Schäden, die ein Feind anrichtet, geringer einzuschätzen sind als die Schäden, die die Gegenwehr verursacht.
Auch das erleben wir derzeit bei Corona. Wenn wir in dieser theoretischen Betrachtung davon ausgehen, daß es sich um eine übliche Lebensrisken beträchtlich übersteigende Gefahr einer furchtbaren Pandemie gehandelt hätte. Aber selbst wenn dem so wäre ist zu bedenken, ob nicht die (nie ganz sicheren) Schäden durch die allfällige Krankheit zu ertragen, aber die (sicheren, nun aber sogar bewußt angerichteten) Schäden aus der völligen Auslöschung der Lebensart weit höher einzuschätzen sind.
Im Falle dieser Corona-Pandemie etwa sind die verhängten Maßnahmen so gravierend, daß sie den Praktiken einer methodischen Folter entsprechen, die den Gefolterten zerbrechen (also sein Gehaltensein in der Welt auflösen) und nachhaltig schädigen. Das Ausschalten des normalen Lebensumfelds zwischenmenschlicher Beziehungen hebelt etwa Kinder - wo jeder Tag die Zukunft mit prägt - so schwer aus, daß die Langzeitfolgen dramatisch sind. Wobei sogar Erwachsene durch den Mangel an Außenwelt in Depressionen fallen MÜSSEN, und etwas anderes wäre unnatürlich.
Der Schaden, der aus dem völligen Auflösen von Lebensabläufen und -gewohnheiten, ist kaum geringer einzuschätzen, eher gleich schwer aber parallel ablaufend. Denn das Leben IST erst in Riten und Ritualen, also in dem, was wir gemeiniglich und leicht abschätzig als Lebensweise bezeichnen. Dazu gehören selbst so simpel erscheinende Vorgänge wie Schulbesuche in einem bestimmten Alter, oder Familienfeiern, oder das Ritual des samstäglichen Einkaufs, oder des Wochenendputzes. Es geht um die Consuetudienes, um die Gewohnheiten, die es sind, die unser fleischliches Dasein bedeuten.
All das (und natürlich viel viel mehr, als hier genannt wird) IST das Leben, unser Leben, weil es uns Rhythmen vorgibt, und damit Zeit und Raum. Fallen diese ganz normalen Lebensvollzüge, die wir wie gesagt viel zu leicht geringschätzen oder auch nur unterschätzen, fällt unser Leben generell ins Unkonrete und ins Nichts. Denn das Leben braucht für seine Ökonomie unbedingt die Haltung, als dauernde Gerichtetheit auf ein Gut.