Anmerkung* - Derselbe Irrtum steht hinter der seinerzeit, als das gezielte Töten des Machtloseren zum Massengeschäft wurde - dieselbe Situation wie heute, übrigens - und man die Guillotine erfand. Interessanterweise ... von jenem König initiiert, der ihrer Mechanik dann selbst erlegen ist. (Wollte auch Louis XVI. nicht sterben, als Akt?) Die den Schmerz, das Leid des Sterbens in der Zeit auf Sekundenbruchteile komprimiert, sodaß es dem Getöteten wahrscheinlich sogar den eigenen Tod noch aus der Hand reißt. Vom Akt des Gehens zum überwältigenden, an die Erde zurückbindenden Schmerz macht.
Anmerkung** - Ich habe genug Schafe getötet, um das bestätigt zu sehen. Gerade die Endlichkeit der Tierseele, die am Körperlichen hängt und mit ihr völlig vergeht, ist auch nicht in Sekundenbruchteilen bestätigt. Gerade das Leibliche zeigt es - in einem bewegenden Nachschnaufen, einem Nachzucken, sogar noch im ausgeweideten Kadaver, wo Muskeln, Sehnen zucken können. Das (wie in meinem Fall: durch eine Patrone Kaliber 7,65 ins Hirn) totgeschossene Schaft fällt zwar augenblicklich, muß aber dann mit aller Körperkraft festgehalten und zum Ausbluten in die Schlagader geschnitten werden. Worauf es, nach vielleicht einer Minute, wo sein Lebensträger - das Blut! - erst noch mit ihm verbunden ist, und nun ausrinnt, bis es in einem wirklichen Ausschnaufen zeigt, daß es tot ist.
Und das ist tatsächlich bewegend: Das Tier schnauft in einem gewaltigen Aushauchen sein Leben aus. Erst dann ist es tot. Als hätte der Atem es getragen, als wären beide identisch. Obwohl sein Gehirn als zentrale aller Lebensvorgänge zerstört ist, trotz Schuß ins Gehirn, der jede Lenkung des Organismus unmöglich machen sollte, ist noch Leben da. Als hielte sein Körper aber nun den Atem an, um sich im Leben zu behalten. Bis der Tod wirklich kommt. Wer sehen will, wie jede Kreatur das Leben weil sein Sein schätzt, muß ein Tier töten. Kein Lebewesen will lebendige Nahrung, übrigens. Jedes Raubtier tötet erst, um das nicht mehr lebende Fleisch zu verzehren. Lebendes ist unverdaulich. - frag den "Naturkörndlliebhaber."
Den Apparat habe ich nach dem ersten Schaf durch meine Pistole ersetzt. Die viel effektiver ist. Auch mit dem Apparat kann man nur verletzen, und da geht es um das am Leiden, was nicht notwendig ist. Das Tier hat ein Recht auf sachgerechtes Getötetwerden. Wo wie der Mensch das Recht hat, es im Rahmen seiner Lebensordnung zu töten.
Jede Tötung trägt deshalb den Schatten einer Opferhandlung. Der Tag im November, an dem meine Schafe getötet waren, war in das Odium des Ehrgebietenden getaucht. Im in der Tötung aufsteigenden Atem, im Aufsteigen des Rauches, (analog dem Aufsteigen der Weihrauchdüfte, im Aufsteigen der Seele wie bei Jesu Tod am Kalvarienberg) wird das Heilige berührt.
Was sich davon noch vor Jahrzehnten im Brauchtum der Jäger fand, wird heute aber durch eine peinliche Tötungstechnik einer angeblich möglichen "Leidlosigkeit des Todes" profaniert. Wenn es so ist, wie mir vor Jahren von einem Jäger geschildert wurde, hat sich das Waidwerk zum Greuel profaniert. Jeder Indianer, jeder Grieche wußte dann noch besser um den Tod als Aufstieg zum Geist als wir.
Wer sich aber das Leid bis zum Tode aufspart - Leben, wirkliches Leben ist Sterben-lernen; Leidvermeidung als Strategie ist entmenschtes Vegetieren -, um es dort dann "unsichtbar" machen zu wollen, wird im Tode einem noch überwältigenderen Leiden begegnen. Denn dann wird alles nackt. Selbst der Hund sucht deshalb die Verborgenheit, wenn er "eines natürlichen Todes" stirbt. Als würde er so nicht gerecht sterben, als schämte er sich ins Nichts des Tiertodes abzusteigen. Weil es natürlich ist, daß jedes Tier tagtäglich dem Tod begegnet, dort ihn flieht, kennt es ihn, wenn er denn kommt. Kein Tier ohne Todfeind. Kein Tod ohne Leiden.