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Montag, 31. Oktober 2011

Verschleierte Herrschaft der Triebhaftigkeit

Kapitalismus, Demokratisierung, Klassenkampf, Nationalismus sind der Einbruch des Sexual- und Machttriebes in die Realität, maskiert in "Ideen". Sie sind alle gleichen Geistes, ausgehend von der Renaissance, der Wissenschaft, die nach und nach alle Lebensbereiche ihrer selbst beraubte, durch Analyse entzauberte, emanzipierte, für sich stellte.

Der wirkliche aristokratische Mensch, schreibt Alfred Seidel, braucht keine Ideologie, keine Machtideologie, keine aristokratische Ideologie - er lebt und kämpft unter dem Banner echter Ideen.

Der Wandel der Ideologien von den religiösen über die ethisch-rationalistischen (Protestantismus, Aufklärung) zu den naturalistisch-positivistsichen (Naturwissenschaft) offenbart einen ganz bestimmt gerichteten Ablauf. Er führt von den realitäts- d. h. diesseitsfernen Kontrastideologien (Stichwort: Selbsttranszendenz) kulturerfüllter Zeiten zu den realitätsnäheren, d. h. diesseitsorientierten Ausdrucksideologien der Zivilisationsepochen.

Er bedeutet den Durchbruch der naturhaften Grundlage, d. h. der Triebhaftigkeit in die Ideoligie, also die Erhebzung dieser Triebhaftigkeit (Macht- und Sexualtrieb) zur Idee.


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Sonntag, 30. Oktober 2011

Leibhaftig

Der christliche Glaube steht und fällt mit der Wahrheit des Zeugnisses, daß Christus von den Toten auferstanden ist.

Wenn man dies wegnimmt, dann kann man aus der christlichen Überlieferung zwar immer noch eine Reihe bedenkenswerter Vorstellungen über Gott und den Menschen, über dessen Sein und Sollen zusammenfügen - eine Art von religiöser Weltanschauung - aber der christliche Glaube ist tot. Dann war Jesus eine religiöse Persönlichkeit, die gescheitert ist; die auch in ihrem Scheitern groß bleibt, uns zum nachdenken zwingen kann. 

Aber er bleibt dann im rein Menschlichen, und seine Autorität reicht so weit, wie uns seine Botschaft einsichtig ist. Er ist kein Maßstab mehr; der Maßstab ist dann nur noch unser eigenes Urteil, das von seinem Erbe auswählt, was uns hilfreich erscheint. Und das bedeutet: Dann sind wir alleingelassen. Unser eigenes Urteil ist die letzte Instanz.


Papst Benedict XVI., "Jesus von Nazareth", Band II

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Es ist absolut folgerichtig, daß in einer Zeit der Virtualität, des Scheins, des "vernetzten Geistes", der über der Welt in Glasfaserkabeln wandelt und waltet, in einer Zeit - man vergesse das nur nicht! man sehe es nur mit offenen Augen! - der völligen Leibfeindlichkeit, in der der Mensch meint, die Bedürfitkgeit des Leibes sei losgelöst von allem Geist für sich zu erfüllen, daß in solch einer Zeit und Geisteshaltung irrealer Identität auch eine leibliche reale, ja sehr reale Kirche unsinnig erscheinen MUSZ. Und je mehr sie dies tut, desto mehr flüchtet der Mensch das Reale, muß es fliehen, denn es wird sonst immer drängender und bedrohlicher. Deshalb muß sich auch die Haltung des heutigen Menschen gegen alles richten, was real und fleischlich an dieser Religion ist - gegen die Liturgie. Von der aber alleine Regeneration ausgehen kann: als Verbindung mit der Wurzel selbst, dem Sein, das Fleisch werden will weil erst so Leben WIRD weil nur ist, was darstellt.


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Freitag, 28. Oktober 2011

Fatale Rückkoppelungseffekte

Was also schreibt da Alfred Seidel in seinem sagenumwobenen, kaum zu halbwegs erschwinglichen Preisen erhältlichen Buch "Bewußtsein als Verhängnis" - mein Exemplar habe ich in einem Antiquariat in Argentinien aufgetrieben! - in der Fortführung der Gedanken um die Auflösung der Kultur durch die Psychoanalyse (zu hohe Reflexion zernichtet das Tun), zum einen Symptom, zum anderen Triebkraft?

Aus dieser fehlenden Triebsublimierung heraus (Seidel ist Freudianer, und meint, daß Kultur sui generis aus der Verdrängung des reinen Sexualtriebes entsteht: die freigewordene Kraft wendet sich anderen fruchtbringenden Tätigkeiten zu, im Tun, wohlgemerkt) Entsteht im (unbewußten) Tun ein Mangel, wendet sich diese nunmehr ungebundene, frei schweifende Kraft entweder einer Hypertrophierung des Trieblebens zu (Stichwort: Übersexualisierung), oder/und einer Überreflektiertheit, die dem Handeln im Wege steht, es ersetzt, oder die Untätigkeit rechtfertigt.

In einem Zeitalter, in dem die Technik (sagen wir so) die Natur beherrscht, durch Psychotechnik sogar die menschlich-geistige Natur, verändert sich das religiöse Erleben des Menschen fundamental. Er verliert den religiösen Bezug, er wird verblendet, und sieht den Menschen als Ursache von allem, und sei es (Seidel schrieb das Buch bis 1924) daß er glaubt, daß ein paar Menschen einen Weltkrieg auslösen können.

In entzauberter Weltbetrachtung, der Auflösung der Welt in Funktion, wird geistige Kraft aus den inneren (ungebundenen; auch religiösen) Kräften heraus zur Dämonie (entsprechend der Prägung der Geistigkeit in Ablauf, Zweck, Funktion): der Mensch unterwirft sich, ohne es zu wissen, dem technischen Ablauf, wird vom Geist der Maschine, der Technik beherrscht. Er verliert seine Freiheit, die Technik oktroyiert ihm mehr und mehr Bedürfnisse auf, die ihn mehr und mehr von seinem inneren Sein ablenken. Er, der Beherrscher der Naturkräfte, ist der Sklave seiner Produkte, der Maschinen, wie auch der angewachsenen Bedürfnisse geworden.

Der moderne Sport, schreibt Seidel, sei einer der krampfhaften Versuche, diese unheilvolle Wirkung (durch Ersatzbindung) aufzuheben, und die durch A-Kulturalität freien identitären Kräfte wieder soziabel zu machen - indem das Machtstreben (im Rekordstreben etc.) gebändigt wird. Das biologische Leben versucht sich vor der Zerreibung durch Unrast und Mechanisierung (im Sport) zu schützen. Aber die Kultur, der Geist geht zugrunde: das Wirtschaftsleben hat alle sozialen Prozesse in sich aufgesogen und nutzbar gemacht. Es zwingt alle zu ungeistiger Berufsarbeit.

Eine Wirtschaft, die sich auf Wissen und Technik beruft, hat bewirkt, daß der Erbsündenfluch so schwer wiegt wie noch nie: die Plage der Arbeit, das Essen des Brotes im Schweiße des Angesichts. Durch Vernunft und Wissenschaft, so Seidel, und nicht durch deren Verachtung hat der Mensch sich dem Teufel ergeben.

Der Sozialismus unterliegt also einem fatalen Fehlschluß, wenn er versucht, die Arbeitsprozesse rationaler durchzugestalten, den Fortschritt zu forcieren, um den Menschen VON der Arbeit (durch automatisierte Abläufe) zu befreien, anstatt die Freiheit der Arbeit als Ziel zu deklarieren. Um dieses Ziel zu erreichen, unterwirft er sogar die gesellschaftlichen Prozesse der Mechanisierung! Damit werden technische Rationalisierung auf menschliche Totalitäten übertragen, dem Leben somit das Blut vampyrartig ausgesaugt. Als wenn man Lebensimpulse (aus realen historisch gewachsenen Lebensumständen) ausschalten, überwinden könnte.

Zurück zu Freud: es ist ein rationalistischer Trugschluß zu glauben, wesenhaft irrationale Antriebe des Menschen wären rational gestaltbar. Gerade das triebhaft-irrationale Leben besitzt keine "Vernunft", es verlangt Anerkennung als es selbst, in jedem Fall. Werden diese Antriebe rational überstülpt (durch Moralismen, heute: political correctness, Ideologien), und scheinbar überbaut, "beherrscht", suchen sich diese Kräfte andere Formen der Entladung. Solche Ideologien sind somit lediglich Verdeckungsmechanismen zwischenmenschlicher (oder: nationaler!) Machtkämpfe.


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Mittwoch, 26. Oktober 2011

Wer kann solches hören!?

Es ist wirklich absurd der Kirche Leibfeindlichkeit vorzuwerfen! Denn zum Gegenteil, gegen fast alle heutigen Strömungen und Weltanschauungen, ist ihr Geheimnis, ihr zentraler Punkt die Erlösung des Leibes!

Und hieran stoßen sich nach wie vor die meisten, hier bildet sich ihr größter Widerspruch zu allen "Lehren" und "Weisheitslehren", aller Gnosis und aller Esoterik, denen genau dieses Element fehlt. Das sie auf jede nur denkbare Weise weg- oder herbeiargumentieren. Die wirklichen Probleme mit Esoterikern beginnen genau dort: wo es um den Glauben an Auferstehung und Neuschöpfung geht. Der doch noch dazu so weitgehend logisch gestützt und plausibel wird!

(Wie entscheidend ist also denkerische Redlichkeit im Kleinsten, sie wirkt sich auf verästelterer Ebene oft dramatisch aus, was im Ansatz winziges Detailproblem scheint. Die Dogmengeschicht ist im Grunde ein einziges Beispiel solcher vermeintlicher "Haarspaltereien" - die aber irgendwann zu dramatischen Wegkreuzungen führen.)

Während sie vom Materialismus durch das Wissen abgegrenzt wird, das jedem Menschen auf der Zunge brennt, das ja der eigentliche Anlaß nach dem Erlösungswunsch ist: das Unbehagen das daraus entsteht, daß der Leib einer Zuständlichkeit unterliegt, die nicht als gut und wunschgemäß erfahren wird.

Paulus beschreibt es als "tun, was ich nicht will", als Gespaltenheit. Und diese Gespaltenheit ist es, die es zu heilen gilt - ja, das ist Heiligkeit: Ähnlichkeit mit Jesus bedeutet auch und vor allem als leibhaftiger Mensch heilig zu sein!

Daran stoßen sich selbst die "Wohlmeinendsten", diese Auferstehung des Leibes ist auf oft noch dazu viel subtilere Weise Stein des Anstoßes, als man meint.

Und plötzlich erfährt der Einzelne, vor die Frage gestellt, wie bedeutend sein Leib wirklich ist, und wie unmöglich es scheint, ihn wirklich zu besitzen (nicht nur da oder dort zu dominieren; vielfach ist ja Askese und Zucht nicht mehr als genau die Flucht vor der wirklichen, eigentlichen leiblichen Gewalt, die auszuüben wäre), zu einem Willen zum Guten zu einen.

Der wirkliche Kult, schreibt Papst Benedict XVI. im zweite Band von "Jesus von Nazareth", ist der lebendige Mensch, der ganz Antwort auf Gott geworden ist, geformt von Seinem heilenden und verwandelnden Wort.

Was wunder also, daß manch einer sogar an Jesus selbst Kritik übte, dem Fresser und Säufer (anstatt des Asketen, wie man es sich vorstellte) ...

Aber es ist die Gabe seiner selbst - sein Gehorsam, der uns alle aufnimmt und zu Gott zurückträgt - der wahre Kult, das wahre Opfer. Das ist in seiner Leibbezüglichkeit keine Allgeorie, und keine uneigentliche Redeweise, schreibt Ratzinger, es mündet letztlich sogar im Martyrium.



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Dienstag, 25. Oktober 2011

Unendlicher Wortnebel

Die rasante Zunahme derjenigen, die ein Blog führen, die im Internet - wie es so völlig falsch und lügnerisch behauptet wird - ihre Stimme erheben, und damit nun (angeblich) Gehör verschaffen, bedeutet alles andere als eine Zunahme der Mündigkeit der Menschen!

Sie zeigt den in atemberaubenden Tempo voranschreitenden Zerfall des gesellschaftlichen Ganzen (das immer auch ein Ganzes der Weltsicht und Ordnung ist, was sonst würde es zu einem Ganzen machen?) in lauter Disparatheiten (die Wortnähe zu "dispair", Verzweiflung, ist ja keinesfalls zufällig).

Alles fällt auseinander, und weil jedes Ganze prinzpiell unendlich ist, entweicht diesem Zerfall ein unendlicher Wortschwall, der aber bedeutungslos ist, dessen Erkenntniswert sich auf Symptomatik beschränkt. Denn das Wesen des Erkennens ist - Gehorsam, Ordnung, heilige Ordnung. Nur in dieser Haltung kann von der Quelle aller Weisheit her übergebene, in jeweils persönlichen Akten des Nehmens wie Weiterreichens, Erkenntnis übernommen werden.

Selbst bei jenen, die vorgeben, nur jemandes Inhalte - ja, ich denke da an die sogenannten "katholischen Blogger" - weiterzugeben, zu explizieren, ist es fast ausnahmslos dieselbe Haltung, die ihr Tun zum Greuel anstatt zum Segen macht. Deren "Gehorsam" nur vorgetäuschte Legitimität ihrer Usurpation der Macht darstellt.

Weil Glaube aber Gnade, Geschenk ist, nicht machbar, bestenfalls wollbar ist, braucht er diese Haltung des Gehorsams zu allererst, als alles verbindende Haltung, als alles in einer Wahrheit zusammenführende und von dorther die Welt gliedernde, ordnende Haltung. Als (in wirklichen Sinn) unendlich komplexes Gefüge, das deshalb besteht und im Bestand gehalten wird, weil alles aneinander seiner Art (sic!) gemäß handelt.



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Montag, 24. Oktober 2011

Sentire ecclesiam

Der jüngst verstorbene Friedrich Kittler bringt es einmal auf den Punkt: die neuen Medien, der Computer, bringt nicht eine Auseinandersetzung mit "Inhalten", sondern mit der Wirklichkeit der Programmierer. Deren Auffassung von Welt und Wirklichkeit übermittelt sich letztlich als Botschaft dem, der sie liest. Die Inhalte sind für Kittler überhaupt nur Schein.

So reduziert sich ihm Kulturgeschichte überhaupt zur Mediengeschichte, zur Medienanalyse. Denn weil der Mensch die Sprache übernimmt, ist sein Denken immer Abbild der Medien, die ihm Sprache vermittelt haben. Deren Gesetzlichkeiten finden sich im Rezipienten als Merkmale seiner Weltanschauung.

Womit sich seine Aussagen zu hohen Teilen mit dem decken, was ich im letzten Jahr vermehrt darzustellen versucht habe: wo ich aus Beobachtungen zunehmend geahnt habe, daß das, was das Internet bei den Menschen auslöst und bewirkt ganz anders gelagert ist, als gemeiniglich geglaubt wird - ein Glaube, der dem Schein auf den Leim gegangen ist, dem eigentlichsten Merkmal des Internet. Des Internet. Nicht des Blog, Twitter, was auch immer.

Vielmehr zwingt sich das Medium die Inhalte unter seine Fuchtel, prägt ihnen ihre Charakteristika auf. Bestimmend wird aber nun die reine Technik selbst, die die Menschen regelrecht ihren Gesetzen gemäß umerzieht - als Technik, nicht über Inhalte, noch einmal sei es wiederholt. Der Rezipient eines Mediums wird in erster Linie von dieser Technik bestimmt.

Umso prägnanter und schreiender tritt die Bedeutung des Kults, der Liturgie in den Vordergrund. Und ich gestatte mir noch die Querverbindung zu Giorgio Agamben, den ich mir zuletzt entdecke: der da vor Augen führt, wie sehr die Dinge IM VOLLZUG erst entstehen (nicht, wie oft abschwächend gemeint wird, quasi posthoc vollzogen, quasi sinnbildlich, aber eigentlich funktionslos dargestellt werden), im Kult, im Prozedere, in der alltäglichen Liturgie. Das Tun des Menschen hebt sich sohin in eine (soll ich sagen: fast? nein, wir sprechen unter Getauften ...) sakramentale Dimension.

Kultur, jedenfalls, ist, was in ihren institutionalisierten Vollzügen auch tatsächlich vorhanden ist. Und völlig deckungsgleich mit dem berühmten "sentire ecclesiam", wird sie so zur pädagogischen Maschine der Tugend - oder des Untergangs.


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Sonntag, 23. Oktober 2011

Wer soll noch gerettet sein?

Der Gedanke der Erlösung reduziert sich zunehmend auf einen reinen Glauben, auf die reine Hoffnung, DOCH gerettet zu werden. Denn nach menschlichem Ermessen ist es unvorstellbar ... Alle Ursachenalanysen sind im Grunde geleistet, nun bleibt nur noch das Entsetzen zu sehen, daß die Welt fast unaufhaltsam in einen Zustand rutscht (so, wie man einen Hangrutsch beobachtet: unendlich mächtig, erst langsam, dann immer rascher geht es nach unten) der wir das Abschneiden des letzten kleinen Drahtes erscheinen könnte.

So, wie ich gestern beim Rasierapparat den Stecker zu reparieren suchte, um festzustellen, daß nur noch ein hauchdünnes Drähtchen Strom zuführt, das ich auch prompt - so vorsichtig ich es auch anzustellen versuchte - ebenfalls durchschnitt. (Heute muß ich einen neuen Apparat kaufen.)

Es ist das völlige Abschneiden von der Gegenwart Gottes, und es ist an einer beobachtbar wachsenden, ja, rasant wachsenden Zunahme des Hochmuts feststellbar, der Sünde wider den Geist.

Ich glaube nicht, daß die Läuterung NACH dem Tod, auf die es hinausläuft, denn die heutigen Lebensformen sind keine "pädagogische Maschine" der Gewöhnung an das Gute, das Richtige, sondern zum Gegenteil, Apparaturen zur Vernichtung alles noch verbliebenen Guten, ich glaube also nicht, daß diese Läuterung "sanft" oder "milde" abläuft. Wenn sie ist, was sie ist und als was ich sie mit so vielen Stimmen der Tradition vermute, so ist sie ein gewaltiges Schmelzwerk, das nur von reinstem Gold überstanden wird. Nur dieses kann ins Himmelreich.

Was aber wird heute bleiben, in einer Zeit der grundsätzlich so pervertierten Lebensordnung? Wer wird heute noch gerettet? Wer wird nicht in der Hölle landen?


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Samstag, 22. Oktober 2011

Nur das Verschwiegene schreiben

Das Blog verführt zur Haltlosigkeit im Schreiben, welche ein Defekt in der Integrität der Persönlichkeit ist: auch aus Berichten anderer Blogger, ja vor allem aus diesen, und natürlich eigener Beobachtung, werden die Blogbeiträge nicht mehr zu ausgebackenen, fertigen und der Veröffentlichung, ja des Sagens überhaupt werten Äußerungen, sondern zu einem bloßen Abschöpfen des Wortschaums, der sich bildet, ohne daß dieser im Backofen der persönlichen Entwicklung herangereift wäre.

Mit seinem wichtigsten Ferment - der Geduld, der Mäßigkeit, des Tragens von Spannung, auch im Schweigen.

Ja, das Schweigen ist vielleicht überhaupt die entscheidende Eigenschaft des Schreibens, will dieses nicht zu einem reinen Wortsymptom verkommen. Nur was eigentlich verschwiegen werden soll und kann, kann auch gesagt werden.

Erst aus dieser Warte erscheint mir die Aussage, daß Schreiben der Versuch ist, das nicht zu sagen, was man sagen wollte, wirklich verständlich und sinnvoll: erst wenn man schreibend schweigt, wird jene Spannung der Persönlichkeit nicht verletzt, die auch (als einzige wirkliche Ebene: der integren Person, in der Persönlichkeit) schaffend tätig ist.


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