Es ist einfach interessant, die Schlüsse mögen dem Leser dieser Zeilen anheimgestellt sein. Aber eine Untersuchung in den USA ergab, daß Frauen von - per Lesart: verpönten - harten Pornos kaum weniger "angetörnt" werden, als Männer. Zwar ist die offizielle Aussage anders, zwar betonen Frauen, befragt, die Wichtigkeit feministischer Sichtweisen (was sonst ... wird ja an allen Ecken autoritativ als Wahrheit verkündet), aber in ihrem realen Verhalten reagieren sie anders.
"Es gibt durchaus ein Publikum für feministenfreundliche Pornos, jedoch ist das nur ein kleines Publikum und ein kleiner Teil der Frauen insgesamt. Was faszinierend ist, ist dass Frauen oft die Idee von feministischen Pornos unterstützen und sozial daran glauben wollen. Aber wenn es darauf ankommt, ist das einfach nicht das, was sie gerne sehen wollen," schreibt Pressetext.at
Das ist wohl auch das, was Lars von Trier zu Anfang seines Films "Nymphomenia II" versucht hat. Zu dem ihm aber nach und nach, und schon gar in der Endredaktion, der Mut verließ, sodaß der Film erbärmlich in einem stockdummen feministischen Statement endet. Mit dem der Filmemacher wohl versuchte, die ursprünglich deutlich geahnte, mehr als gewußte, reflektiverte Grundaussage des Films abzuschwächen versuchte. "Kreide zu fressen," um von den Lämmlein angenommen und geliebt zu werden, so einer der Lehrer des VdZ zu diesem selbst, angesichts seiner Versuche, "konsumiger" zu werden.
Denn der (freilich) intellektuell überladene Film (was auch dann zum Ausweg aus der eigentlichen Aussage werden soll) zeigt am Anfang durchaus einen Kern der Problematik: Die Frau sucht Heilung von ihrer sexuellen Empfindungslosigkeit durch Unterwerfung. Nicht unähnlich, wie es der VdZ in seinem Roman "Helena" versucht hat.
Dies aber dann als feministisches Problem einer männerzentrierten Gesellschaft auszudeuten läßt auf den Filmemacher freilich nur mit Verachtung herabblicken. Das hätte er billiger haben können. Und er scheint sich selbst dieser Feigheit bewußt gewesen zu sein, denn seine provokanten Äußerungen (über Hitler) motivieren sich so recht eindeutig. Nur hat er keinen Mut. Leider. Angefangen hätte er nämlich gut. Deshalb bleibt der Film - wiewohl gut im ersten Ansatz - widersprüchlich, in seinem Effekt zwangsweise verwaschen, wird zu einer Mißgeburt.
Trailer zu "Nymphomanica II"
Pornographisch? Lächerlich. Das gehört sogar zu einer der wenigen Stärken des Films: Nymphomaniac II zeigt zwar (auch) "die Pornographie", aber er "ist" sie nicht. Er ist im übrigen auch nicht erotisch.
Was von Trier erst versuchte - es sei ihm wohlwollend unterstellt - trifft die Wahrheit der heutigen Frau tatsächlich zutiefst: Sie fühlt, daß sie ihre sexuelle Erfüllung nur in der Hingabe, in der Eingliederung in die hierarchische Zuordnung von Mann und Frau gewinnen kann. Die ihr ihr (weicher, enteigentlichter) Mann nicht bietet. Dazu muß sie aber aus dem konventionellen Gefüge der Gesellschaft aussteigen. Und das ist SEHR wahr. Eine Unterordnung, die sie dann explizit sucht.
Es gibt erstaunliche Untersuchungen aus den USA, die belegen, daß sexuelle Stimulanz bei der Frau signifikant mit Unterwerfungswünschen und -gesten bzw. -phantasien zusammenhängt. Das feministisch-historisch-relativ umzudeuten ist trottelhaft. Es ist in der Perversion, in der Manie, wie im Film, die natürliche Reaktion auf das offizielle (Denk-)Verbot, das heute über alle Frauen und Mädchen verhängt wird, das sich auf die natürliche Zueinanderordnung Haupt - Leib bezieht: Mann - Frau.
Erst in den vertrottelten 1970igern, einer Epoche, deren paranoider Grundstruktur sich der VdZ in nächster Zeit noch intensiver widmen will - es ist immerhin seine Jugendzeit -, wurde der Orgasmus zum Merkmal von gelungener Sexualität überhaupt. Als die Sexualwelle, aus den USA - bis heute eines der (wie der VdZ mittlweile aus eigener Erfahrung weiß) prüdesten, leibfeindlichsten, puritanischesten Länder weltweit - nach Europa überschwappte, und es zum "Skandal" wurde, daß mehr als ein Drittel der Frauen noch nie (bewußt) einen ... Orgasmus gehabt hatten. Plötzlich wurde es (wer kennte nicht die grotesk dummen Kolumnen etwa einer Gerti Senger in Österreich) zum Kriterium: Die Frau müsse einen Orgasmus erlangen! Selbst und vor allem die Frauen glaubten daran. In einem Satz drückt es ein Proponent im Film auch aus: Am Beispiel von Zenon und der Schildkröte. Was man besonders will, aber dem Geschehen immanent ist, erreicht man nicht, bleibt immer VOR einem.*
Als zweitwirkliche Perversion erscheint dieses Verlangen, das eine ontologische Grunddisposition des Geschlechtlichen anzeigt, dann, wenn diese Untergliederung unterdrückt wird, also keine Weg zur Persönlichkeit findet - und deshalb virtuell bleibt. (Der eigentliche Ehepartner bzw. dann Freund/Partner der Proponentin in dem Film ist entsprechend ein weicher, "verständnisvoller" Nicht-Mann.) Die Proponentin orgasmiert, wenn sie geschlagen wird. Und erweist sich damit als Opfer der Trottelsaga, die seit den Siebzigern grassiert - die gelungenen Sexualität mit der Leistung des Mannes kombiniert, die Frau "zum Orgasmus zu bringen". Ein Spruch, der wie wohl kein anderer gelungene Sexualität seither verhindert.
*Das Beispiel von Zenon gilt als eines der Paradoxa der Logik. Zeon erzählt Folgendes: Ein Läufer und eine Schildkröte machen einen Wettlauf. Darin hat die Schidkröte einen Vorsprung von fünf Fuß. Es legt aber die Schildkröte immer ein Fünftel des Weges zurück, den der Läufer aufholt. Fazit: Der Läufer holt die Schildkröte - dieser Logik nach - nie ein ... denn immer, wenn er den Vorsprung aufgeholt hat, ist die Schildkröte wieder um ein Stück Weges voraus. Holt der Läufer diesen auf, ist sie wieder voraus ... Ein Paradoxon der Logik.
*Das Beispiel von Zenon gilt als eines der Paradoxa der Logik. Zeon erzählt Folgendes: Ein Läufer und eine Schildkröte machen einen Wettlauf. Darin hat die Schidkröte einen Vorsprung von fünf Fuß. Es legt aber die Schildkröte immer ein Fünftel des Weges zurück, den der Läufer aufholt. Fazit: Der Läufer holt die Schildkröte - dieser Logik nach - nie ein ... denn immer, wenn er den Vorsprung aufgeholt hat, ist die Schildkröte wieder um ein Stück Weges voraus. Holt der Läufer diesen auf, ist sie wieder voraus ... Ein Paradoxon der Logik.
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