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Samstag, 28. Juni 2014

Warum Erdogan lügt

Ach, da wird von der Unintegrierbarkeit gewisser Türkenkreise in Österreich geredet, von der Treue zum türkischen Staat, und der Besuch von Premier Erdogan, der vom österreichischen Pubertätskaiser - pardon: dem jugendlichen Feschak Außenminister Kurz, den nicht zufällig sämtliche Außenminister der EU höchst willkommen hießen: endlich jemand, mit dem es keine Probleme geben würde; sie hatten recht; so, wie sich Friedrich der Zweite, der "große" Preußenkönig, über die Weiber in Rußland wie Österreich als Regentinnen freute, er hatte auch recht: mit denen hatte er leichtes Spiel; aber zu so einfachen, aber fundamentalen Gegebenheiten durchzudringen verbietet die Dogmatik heute gesollten Denkens - "mit klaren Worten" bedacht wurde, spielte mit diesen Topoi: "Türken vor Wien". Das hieß: Türken vor dem Abendland. Denn: Wien war der Eckstein des Abendlands, da braucht niemand herumzureden. 

(Volkskriege, in denen ganze Völker in den Krieg gehetzt wurden, Kriege zur Angelegenheit jedes Einzelnen gemacht wurden, gab es erst seit Napoleon, der überhaupt keine kulturellen Grenzen mehr kannte, ein unerzogenes Muttersöhnchen sozusagen: wer kein Kultur hat, kennt keine Grenzen der Zerstörung, und drängt seine gesamte Umgebung zu den letzten Mitteln.)

Warum ist Erdogan trotzdem ein Lügner, wie er im Buche steht, wenn nicht ein Dummkopf? Ganz einfach. Weil er die Türkei als prosperierenden Staat darstellt. Das ist sie nämlich nicht. Die Türkei mag eine niedrige offizielle Staatsverschuldung aufzuweisen haben, das stimmt. Aber sie gleicht fatal dem Zustand in Irland. Auch Irland hatte eine sehr geringe Staatsverschuldung. Was sich in Irland aber verschuldet hatte war der Einzelne, waren die Banken, waren die Unternehmer, die auf Teufel komm raus expandiert und riskiert hatten. Die Zinsen waren niedrig, die Gelder locker zu kriegen.

Die Türkei, der VdZ (Verfasser dieser Zeilen) hat es immer wieder gesagt, wird in ihrer wirtschaftlichen Dynamik völlig überschätzt. Das ist ihr Problem! Die Türkei weist eine der höchsten Privatverschuldungen weltweit auf. Die, wie in Irland, eines Tages kollabieren wird, und dann muß sie der Staat auffangen, will er das System aufrechthalten. 

Wenn Erdogan also die Wiener Türken auf eine starke Türkei einschwört, so lügt er. Oder wer weiß es nicht einmal, dann wäre er erst recht ein Gebrechen, nicht ein Premier, von dem man sowieso annimmt, daß er lügt. Die Türkei ist nicht stark. Ihre Prosperität beruht nicht weniger auf Schulden, als der verdammte Sozialstaat des Westens. Nur ist es verdeckter.

Die unnachvollziehbare Außenpolitik der Türken in ihrem angestammten geopolitischen Raum, der Levante, bestätigt es.* Man nehme doch einen Türken (und überhaupt: einen Mittelmeer-Anwohner) nicht beim Wort. Man blicke doch nur auf die Taten, auf die Gestalten. 

Erdogans Reden in Wien und Köln sind Innenpolitik, reine (verlogene, virtuelle) Innenpolitik. Die hier damit spekuliert, daß die Türken im Westen ohnehin nicht wissen, worum es geht, und, in die Wurzellosigkeit entlassen, ja mißbraucht als politisches Mittel, orientierungslos nach Halt suchen. Hat der geneigte Leser schon einmal mit Istambulern über jene geredet, die hierher auswandern, und zumeist aus Anatolien stammen? Hat er schon einmal die Zustände der bereits der Sozialpolitik in Anatolien - die Sozialprobleme durch Auswanderung zu lösen vorgibt - zum Opfer gefallenen Zuwanderer in Nordzypern (die mittlerweile die Bevölkerungsmehrheit dort stellen) kennengelernt?




*Oder was wollen die Türken, die gerade den Konflikt mit den Kurden im eigenen Land "beendet" haben? Und stärken die kurdischen Autonomen im Irak, weil sie gerne die Vorherrschaft im arabischen Raum hätten, und das heißt vor allem, Syrien - nicht Arabien! - zu zertrümmern? Erdogan ließ sich in Wien als "Sultan aller Muslime" ausrufen", was auf eine Wiedererrichtung des Sultanats über alle Muslime weltweit hinausläuft. (Und, geneigter Leser, darauf hat es in aller Irrationalität auch Erdogan abgesehen, das scheint kaum von der Hand zu weisen. Er wird deshalb auch die Türkei opfern ... Die sowieso ein Kunstgebilde ist, das seit Errichtung ums Überleben kämpft.)




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