Die Kulturen der Welt sind wie ein Lack, der sofort abplatzt, wenn man mit dem Fingernagel daran kratzt. Zum Vorschein kommen dann immer dieselben Menschen, mit denselben Freuden und Leiden, denselben Stärken und Schwächen, denselben Bösheiten und Qualitäten. Wenn nur das das Geheimnis der Welterklösung wäre, dann hätte Gott nicht Mensch werden müssen. Dann hätten Propheten genügt.
Aber das Geheimnis der Erlösung ist
etwas, das uns im Westen durch die Todessaat der Aufklärung völlig
unbegreiflich geworden ist.
Und wir haben durch die Aufklärung begonnen, das Unbegreifliche als besondere Aufforderung zu verstehen, es begreiflich zu machen. Und dafür bleiben usn aber nur sehr menschliche Kategorien, die dem Göttlichen gar nie angemessen sein können. Also haben wir uns den Weg zurück versperrt. Im nichtwetlichen Teil der Welt aber, im Orient, in Afrika, in Asien, ist dieses Verständnis noch vorhanden. Wo ein Gefüge, eine Gestalt einfach deshalb akzeptiert wird, WEIL SIE SO IST.
Und plötzlich erhält der Ritus, die Liturgie eine besondere Bedeutung. Sie wird es nämlich, in der die Erlösung GESCHAFFEN wird. Sie ist die Heilige Handlung, aus der heraus - also als Sakrament, ex opere operato, ex opere operando - sich die erlösende Tat Gottes ergibt.
Ohne warum und ohne wieso, sondern einfach, weil es Gott so gefallen hat! Diese Gesellschaften haben noch jenen Kitt, der menschliches Soziales überhaupt erst bildet, der Menschheit zu einer Einheit formieren kann - und das ist die Hierarchie, die Autorität als deren Wächter, und den Gehorsam als deren Bedingung.
Deshalb verdirbt dem Westen auch sofort der Baum, weil er nach ihm greift, als ergriffe er ein Werkzeug - und dabei das einzige, das heilen könnte, die Gestalt, eben genau nicht erfaßt weil sich nicht in deren geheimnisvollen Schatten stellt. Ihm fehlt dazu bereits die habituelle Prägung. Ob er damit nicht bereits generell von der Gnade ausgeschlossen, Gott einen anderen Garten suchen mußte (und wohl gefunden hat, weil die Kirche nicht zu existieren aufhören kann)?
Denn der Mensch des Westens kann sich gar nicht mehr in diesen Schatten stellen. Nicht aus mangelndem Wunsch oder defektem Antrieb, sondern weil er es nur im Rahmen eines Geheimnisses der Gnade noch kann, wie immer diese dann wirkt weil welche Wege immer sie sich auch sucht.
Die normalerweise und nach Gottes eigentlichem Plan, also dem Wesen des Menschen gemäß, dort bereits wirken muß, wo es zu dieser Entscheidung gar nicht kommen kann - im Kind. Also wieder in der Kultur.
Wenn man sagt, daß zur Aufzucht eines Kindes ein Dorf notwendig ist, so ist darin genau dieses Fehlende bezeichnet.
(Aus dem "Nachtgespräch im Kebapladen" herausgefeilt.)
