Dieses Blog durchsuchen

Freitag, 16. Oktober 2009

Niemand wird gebraucht


Von Prinz Eugen wird folgende Anekdote berichtet, Hofmannsthal erzählt sie einmal: Als er das Schloß Hof im Marchfeld (das seit Jahren, übrigens, mit enormem Aufwand renoviert und revitalisiert wird; siehe Bild und Titelverlinkung) bauen ließ, schien Geld und Aufwand keine Rolle zu spielen. Lukas von Hildebrand konnte in der relativ kurzen Bauzeit von wenigen Jahren, bis 1830, aus dem Vollen schöpfen. Und so die damals größte und prunkvollste Schloßanlage der Monarchie, auf fünfzig Hektar eines der eindrucksvollsten Gesamtkunstwerke des europäischen Barock, aufziehen. Schönbrunn entstand ja erst Jahrzehnte später. Und im Gegensatz zu Schloß Hof hatte die Wiener Anlage keine Epochen, wo es als Militäranlage zweckentfremdet und mißbraucht wurde und letztendlich noch unter den Russen bis 1955 schrecklich herunterkam.

Ständig hielt Eugen, dessen Ruhm als Feldherr ganz Europa erfüllte, was hinwiederum auch seine privaten Kassen nicht ganz leer bleiben ließ, seinen Verwalter an, noch diese Mauer aufzuziehen, diesen Weg anzulegen, diesen Teich einzufassen, diese Terrasse aufwendigst zu pflastern, und nicht nur das, selbst in der Nacht ließ er arbeiten, bei Fackellicht riesige Geländebewegungen durchführen. Tausende Arbeiter aus nah und fern, selbst aus der Slowakei über der March, wurden angeworben, und es schien immer noch Hände zu brauchen.

Kam es so auf die Zeit an? Aber nein ... Aber Eugen sagte es niemandem - denn er war ein bemerkenswerter Humanist. Und in jenen Jahren sah es wirtschaftlich nicht gut im Marchfeld aus. Mißernten und Unwetter hatten die Gegend verarmen lassen, und viele Menschen litten schlimmste Not. Mit seinen, schien es, großzügigen Arbeiten aber setzte er deutliche und vor allem lebensnotwendige wirtschaftliche Impulse, schuf er doch Brot für viele Menschen.

Eines Tages hatte der Prinz die Arbeiten wieder einmal begutachtet, da sah er, daß an einem Weg, an dem am Vortag noch tausendfünfhundert Arbeiter gewerkt hatten, nun nur noch fünfzig Männer arbeiteten. Er fragte den Verwalter, wo die Leute seien! Da sagte der, daß er die Arbeiter nicht mehr brauche, der Weg sei ja so gut wie fertig. Also habe er sie heimgeschickt.

Da wurde der Prinz zornig, und er blickte den Verwalter mit seinem gefürchteten Blick (das war der nämlich tatsächlich gewesen, wie berichtet wird: sein Habichtsgeschau war sogar der Grund, daß der französische König seinerzeit den 22jährigen Lieutenant nicht eingestellt hatte: er habe so komisch gestarrt, habe Ludwig XIV. angeblich gemeint) an, um ihn dann wütend zurechtzuweisen:

"Meint Er, ich brauche ihn? Meint Er, man brauche einen Menschen in der Welt? Wenn Er meint, Er dürfe die Menschen verhungern lassen, die man nicht braucht, so sage Er mir, wer Ihn und mich vor dem Verhungern schützen soll!"




*161009*