Es kommt ja alles ans Licht. Spätestens, wenn sich die alte österreichische Mentalität,den Staat, die Generalkaskoversicherung gegen das Leben und die Goldader des Wohlstands, zu bitten, wieder
meldet. Und wo auch der Konsumentenschutzverein meint, nun seines Amtes, des Schutzes der Armen und Bedürftigen, walten zu müssen - als Rächer der Enterbten, und Hüter der Gerechtigkeit.
Die Aktien fallen? Dann um Gottes Willen nicht zum Schaden der armen Anleger! Sei steigen wieder? Na dann her mit der Marie! Genau dieses Denken aber ist hier nun wieder einmal vorzufinden.
Übrigens: das war 1929 EXAKT dasselbe. Es waren auch damals die unzähligen (ahnungslosen) Kleinanleger, die durch ihre mediengleiche Wirkung - sie agieren nicht eigenvernünftig, sondern verstärken nur die jeweiligen aktuellen Trends, und wirken damit auch in der Abwärtsbewegung potentierend - einen Börsencrash unvermeidbar und breit in seiner Wirkung gemacht haben. Und es war der Staat, oder: die Staaten, die durch hohe Investitionen, sprich: Schulden, die Wirtschaft durch gesteigerten Geldumlauf zu Tode, weil über ihre Natur, gehetzt haben. Es hat nur damals an der internationalen Koordinierung gefehlt, wie man es heute tut, oder - siehe China - bald wohl auch nicht mehr.
Etwa 400.000 (!) Österreicher sitzen derzeit auf "ausgestoppten" Papieren, berichtet die Presse. Dies ist ein Teil der Begünstigtgen Zu8kunftgsforsorge-Papiere, von denen 1,5 Millionen Österreicher welche gekauft hatten. Das sind durch zwei Punkte besonders begünstigte Anlagepapiere, die u. a. als Rentenvorsorge gekauft werden konnten: Durch staatliche Prämien, und durch eine besondere Wertsicherungsgarantie. Etwa 1,5 Mio. Anleger hatten damit ein Drittel ihrer veranlagten Gelder an der Börse investiert. Der Rest der Gelder wurde natürlich ebenfalls am Geldmarkt veranlagt, von Banken und Versicherungen, aber "sicher", in Anleihen, und Fonds, und weil Immobilien als sicher galten und gelten, wohl auch da. Bei etwa 400.000 dieser Anleger wurden die Papiere mit Beginn der Börsenkrise "ausgestoppt."
Die Papiere wurden praktisch mit dem (gesamten) Nominale eingefroren, weil die zu gasrantierenden Aktienanteile von 30 % des Nominales von den Banken und Versicherungen auf Null gefahren wurden. Damit konnte nichts verloren werden, der Anleger erhielt und erhält nur noch die Zinsen samt der staatlichen Prämie. Damit wurden aber natürlich - das ein kleiner Nebeneffekt - die Kurse durch Verkäufe unter Druck gesetzt, Kursabwärtsentwicklungen damit aber gewiß auch verstärkt, um die Verluste (der Banken und Versicherungen) zu begrenzen. In der Gesamtmasse aber nur einer der vielen Faktoren.
Aber da muß sich natürlich ein Anwalt des Volkes annehmen. Denn es geht gegen die bösen Banken und Versicherungen. Das kann doch nicht gerecht sein? Diese schweinischen Kapitalisten, die nun die Steigerungen der Aktien lukrieren? Hängt sie höher, die fetten Bonzen und fettschwartigen Reichen! Weil sie etwas Versprochenes nciht gehalten hätten? Nein. Sondern weil man meint, das Vertragswerk nun doch noch anders auslegen zu können, den Banken und Versicherungen doch noch was rausreißen zu können. Ich meine: jetzt, wo es wieder ans Verdienen mit Aktien geht? Wär ja noch schöner.
Denn daß eine Anlage in Aktien nicht nur hohe Gewinne abliefern, sondern auch verloren gehen könne, also das könne man doch einem normalen Österreicher nicht zumuten! Für den es erfahrungsgemäß nur Gewinne gibt, dafür garantiert doch der Staat!? Diese armen Kerle, die mit zitternden Händen ihren letzten Spargroschen dem Wüstenrot-Vertreter überantwortet hätten, hätten doch nciht damit gerechnet, daß die Banken und Versicherungen ihre Aktiengarantien gleich mal dadurch entlüften, als sie die Aktien sofort abstoßen, sobald sie im Kurs fallen?! Das kann doch ein armer Kleinanleger nicht wissen, der an der Börse spekuliert?! Man muß doch diese armen Bürger, die nichts als einen gesegneten Ruhestand wollten, man gönnt sich ja sonst nichts, vor den Machinationen der gefinkelten Geschäftemacher schützen?
Übrigens: mit DIESEN Geldern "spekulieren" dann die Makler und Börsengurus und Fondshelden, die all die vielen Anleger - die alle, alle, hohe Zinsen und fette Erträge wollen, sonst gibt es Saures (oder den nächsten rufschädigenden Krieg mit dem Konsumentenschutz) - ja nur bündeln, und DAMIT als milliardenschwere Investoren aufteten. Nur wenige Spekulanten, die das mit eigenem Geld tun!
Diese Gelder, von wie hier (und es ist, wie gesagt, nur EIN Beispiel) 1,5 Millionen Österreichern, sind es dann, die einen unersättlichen Hunger nach Renditen haben. Weil zum Beispiel 400.000 Österreicher geglaubt haben, es gibt sie, die eierlegende Wollmilchsaum, es gibt es, "das Geld", das von selber mehr wird. Weil 400.000 Österreicher geglaubt haben - und das ist ja nur ein Fall, einer von vielen! - sich alle wirklichen Lebenslasten ersparen, ihre Zukunft aber mit Geld "verdienen", durch andere vermehren lassen zu können.
(Eine kleine Anmerkung noch: daß alle diese kleinen Anleger, solange sie im Erwerb stehen, sich ihre Renditen quasi selbst, durch Rendite- und Effizienzsteigerung, erwirtschaften müssen, damit den Druck auf ihr eigenes Erwerbslben erhöhen, ist ja nur ein amüsantes Detail.)
Darunter sicher nicht wenige Kampfposter, wie jene im Standard, oder anderen Zeitungen, die den Kopf aller
Reichen verlangen, die mit ihren uferlosen Spekulationen, mit ihrer seelenlosen Gier, ihre bitter ersparten Vorsorgepolster gefährdet oder vernichtet haben. Befeuert von einem Verein, der tatsächlich "Konsumentenschutz" heißt. Und dabei, wie in diesem Fall, Vertreter jener Börsenspekulanten ist, die uns diese ganze Suppe eingebrockt haben, um mit Standard-Diktion zu sprechen. All der schwer schuftenden Arbeiter und überlasteten Beamten und Kleinen Angestellten. Und nicht aller dieser Unternehmerschweine voller Gewinngier.
Hang them higher!
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Noch ein übrigens: die Neue Zürcher Zeitung berichtet, so ganz nebenbei, daß es einen derzeit nicht wirklich abschätzbaren Bereich von "Schattenbanken" gibt. Banken also, die sich formal zu maßvollem Agieren an den Börsen verpflichtet hätten, aber nach wie vor unter hohem Ertragsdruck stehen, also ihren Anlegern hohe Renditen gewähren müssen oder wollen, gründen dabei andere, neue Gesellschaften, und agieren dann auf diese Weise ... Na klar, für die reichen Spekulanten tut man alles.
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