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Dienstag, 23. November 2010

Verbergen der Wahrheit

Er habe den Eindruck, meinte der isländische Schriftsteller Torsten Asgeirsson mir gegenüber einmal, daß die klare Kunst geschützt werden müsse vor den Blicken der Menschen. Man dürfte sie nur noch selektiv präsentieren, und jeder Betrachter müsse sich, vor der Zulassung, einer Prüfung unterziehen. Man dürfe Kunst aber nicht mehr jedem zugängig machen.

"Denn es scheint mir so zu sein, als würde das Wahre, das überlegen Wahre, das man aus dem unbedingten Streben nach Wahrheit emporfördert, gerade von den Nichtswürdigsten am ersten in seiner Brisanz im Tremor, im Fürchten erkannt, und am effektivsten in ihr System der Weltverschleierung eingebaut wird.

Denn es sei nun einmal so: Wahrheit sei ein Identitätsproblem, eine persönliche Frage, kein Rationalismus der mathematischen Kalkulation, sondern eine Folge der Zulassung, des Ergreifens, und damit der Freiheit. 

Für den substanzlosen Menschen aber, dem heute vielleicht bald häufigsten weil zwingend logischen Charakterbild, sei sie damit in völlig andere Zusammenhänge zu stellen, und als Mittel für seinen Zweck - der Täuschung, des Türöffners - nutzbar. Der Blick der Unwürdigen profaniert das Heilige, ist sakrilegisch. Es brauche, schloß er, neue, riesige Ikonostasen.

Deshalb schreibe er immer die ersten Kapitel seiner Bücher so, daß sie viel Mühe kosteten. "Der Leser muß erst durchs Fegefeuer. Dann darf er auf die grünen Auen. Ich kann zuchtlose, banale Leser nicht gebrauchen. Sie sehen nichts von dem, was ich schaffe."

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