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Dienstag, 8. Juli 2014

Ein Land verändert die Welt

Rund 650 Milliarden Euro ist er bereits schwer, der staatliche norwegische Ölfond. In ihn fließen die Überschüsse aus dem Ölverkauf, und er soll Norwegens Zukunft in Wohlstand sichern. Dazu hat der Ölfonds bereits 1,3 % der Aktien weltweit sowie 2,5 % in Europa aufgekauft. Ende 2013 gehörten ihm weltweit 8213 Unternehmen. Und selbstverständlich Immobilien, vor allem im Luxusbereich.

Nun will er seine Investitionstätigkeit vor allem auf Schwellenländer ausweiten, und stockt seinen Mitarbeiterstand auf zusammen 1500 auf, die diese globalen Investitonen in mittlerweile 58 Ländern aquirieren und verwalten.

Es hat schon seine Eigentümlichkeit um die Nordländer und ihr Verhältnis zum Geld. Das sie dem Handel, den Bodenschätzen und Früchten des Landes die sie dafür einsetzten, und ihrem Willen sich zu behaupten verdanken. Von dem sie seit 1200 Jahren immer viel hatten, als es in Europa durch den Wegfall des Mittelmeerraumes im 7. Jhd. kaum Geld gab, was die Aktionsmächtigkeit jeder politischen Zentralmacht stark beschränkte. Das änderte sich erst mit dem Handel, der Europa ab dem 11. Jhd. re-kapitalisierte, von Italien her im Süden über Venedig, Pisa, Genua, damit mit der Lombardei, im Norden aber durch die skandinavischen Handelsplätze und -wege.

Denn die Nordländer hielten den Handelsweg über Rußland nach Süden und dort nach Asien in der Hand, ehe ihnen Venedig durch die Eroberung Konstantinopels im 13. Jhd. diese Wege so schwächte, daß sie dem Druck östlicher Steppenvölker nicht mehr standhalten konnten. Die stadt-staatlichen Strukturen waren einer Zentralmacht wie den Mongolen nicht mehr gewachsen. Aber vom Norden kam Geld nach Europa. Noch heute zeugen städtebaulich die oft riesigen Zentralplätze in osteuopäischen und russischen Städten von der Dimension des Handels als Erwerbsquelle.  Mit (damals) erstaunlichen "demokratischen" Strukturen.*

Sie waren nicht zuletzt deshalb aber maßgeblich bei der Einrichtung der Hanse, einer Freihandelszone, die zu hoher politischer, ja quasi-staatlicher Macht aufstieg, die sich nicht zuletzt der durch die Verluste der Nord-Süd-Wege geschwächten nordischen Kaufleute verdankte, die verlorenen Nord-Süd-Wege durch Ost-West-Wege ersetzte. Und auf das skandinavische Handelsnetz mit dem Zentrum Gotland abzielte, im Grunde also auf die gotländischen Handelsgenossenschaften (Nowgorod!) anknüpfte. In jedem Fall auf den Zerfall staatlicher Macht (im Westen im Interregnum, im Osten durch den militärischen Machtverlust der Nordländer, die sich nie zu einer Zentralmacht einigen konnten, was ihnen ja zum Verhängnis wurde).**

Sie dehnten sich aber auch nach Westen, wo sie die Potenz gehabt hätten, ihren Fuß auf Amerika zu stellen - es gilt als ziemlich sicher, daß Normannen bis ins Andenhochland vorgedrungen sind -, und in den Mittelmeerraum aus, wo sie das immer schon reiche Sizilien zu einem Kernpunkt europäischer Politik im späten Mittelalter machten, eine zentrale Rolle bei der Wiedereingliederung des Mittelmeerraumes in den europäischen Handel spielten. 

Über ihre Rolle beim Aufblühen der europäischen Kultur in der Gotik, in der sich ein Bogen vom Kaukasus bis nach Spanien zu spannen (und zu schließen) scheint, wird gestritten, sie dürfte aber entscheidend gewesen sein.*** Über die kaukasisch-gotische Ornamentik und Ästhetik, in der sich in Spanien der arabische Einfluß zum Kreis schließt. Denn der Geschmack der Skandinavier war über den Handlen hier byzantinisch geprägt, dort aber und vor allem persisch-arabisch.****

Zumindest aber - über das zuströmende Geld. Denn die Gotik ist bereits eine "Geldkunst", sie ist ohne abstraktives Geld nicht mehr denkbar. Schon gar nicht als städtische Volksästhetik und Ausdruck des Weltempfindens, wo sie eindeutig auf Handel, arbeitsteiliges Gewerbe und damit Geld aufbaut und Verkehr mit einem Außen braucht. Denn Geld kann nur als je "Zusätzliches" kommen, als Impulsgeber wirtschaftlicher Dynamik und Ausweitung braucht es das Fremde, Neue, das das Eigene herausfordert, es in Aneignung zu verwandeln.




*Der für Rußland später bzw. nach Ivan dem Schrecklichen ab dem 16. Jhd. so bestimmende Zentralismus kam erst als Folge der Herrschaft der Mongolen, deren Herrschaftsstrukturen übernommen wurden. Bis dorthin war das noch eher cisuralisch gebliebene Rußland (in dem sich Zentralismus nicht durchsetzen hatte können) als zwischen zwei Meeren fungierende Klammer von Steppen- und Waldland ein Land der Freien, wo ein Teil den anderen brauchte, das nur in Austausch und Handel funktionierte - und bis heute funktioniert. Auf dem Gerüst der Flüsse aufbauend, die das Land als Verkehrswege wie Nord-Süd-Spanten duchziehen. Wer Rußland treffen will, muß seinen Handel und seine Verkehrswege treffen. Der Satz ist bis heute aktuell, er berührt ein strategisches Grundproblem der Russen seit je.

**Der immer stärkere Handelsplatz der Hanse, London, sollte (als Finanzplatz) dann schicksalsbestimmend für Europa werden. Bestimmte sie doch den Weg Europas als Weg des technizistischen (und der Politik verschwisterten) Kapitalismus, der, nachdem die staatlichen Mächte ab dem 17. Jhd. die "Geldproduktionsmaschine" Hanse in den Griff bekamen, spätestens im 19. Jhd. auch die bodenverhafteteren, bäuerlicheren Länder Zentraleuropas - von Norden her - erdrückte.

***Eine der stärksten Gegenthesen spricht von keltischer Prägung. Der Ursprung über die Mauren (auf Spanien) ist in der nordischen These ja eingeschlossen bzw. berühren sich diese Halbkreise hier. Es ist deshalb bemerkenswert, daß der endgültige Siegeszug des Kapitalismus im 19. Jhd., der Lebensweisen in ganz Europa umwälzte, von einer neugotischen Phase geprägt war. In der die Gotik pseudologisch funktionalisiert und technisch nachgeahmt wurde.

****Möglicherweise stammt der Name "Rus" sogar von der Phase persischer Stämme - der Antes, mit ihrem Führer "Ros" - herstammt. Denn der persisch Einfluß war hoch. Im Synonym "Mütterchen Rußland" dürfte eine persische Muttergöttin fortgelebt haben.




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