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Mittwoch, 23. Juli 2014

Leider auch am Kern vorbeiargumentiert

Man muß leider darauf hinweisen, daß auch die den Genderwahn attackierenden Strömungen der Gegenwart meist zu kurz greifen, wenn sie sich lediglich auf "natürliche Anlagen" berufen. Sie lassen das Wesentliche des Menschseins nämlich vor und tun sich schwer gegen den Schwerpunkt der Genderideologie zu argumentieren. Die da sagt, daß Geschlecht eine soziale Konstruktion sei, und DESHALB frei wählbar, also der menschlichen Freiheit unterliegt.

Nun ist es aber ein Tatsache, daß Mannsein, Frausein eine "Konstruktion" ist. Und darin zeigt sich genau, was Kultur überhaupt bedeutet: sie bedeutet eine Institutionalisierung, eine durch soziale Mechanismen gestützte Entwicklung des einerseits im rein Biologischen Angelegten, aber sie bedeute noch weit mehr: Sie nimmt nämlich ein Idealbild, eine Idee, auf die hin dieses rein Biologische dann zu entwickeln ist. Sonst wäre der ja tatsächlich vorhandene Hermaphroditismus, das seltene (aber doch vorhandene) Problem regelrechter Transsexualität (die mit Transvestitentum, das rein psychische Ursachen ht, nichts gemein hat) gar nicht zu erfassen.

Dies baut auf einer Anthropologie, ja einer Metaphysik auf, und nur daraus ist es verständlich. Diese Anthropologie sieht den Menschen nicht als Endprodukt einer biologisch-mechanistischen Entwicklung, sondern in seiner Polarität aus Geist und Physis. Sieht die gesamte Natur als Entelechie - deren historische Gestalt aus der dialektischen Ehe mit dem Begegnenden erwächst - die aus einer Idee, einem Bild heraus ihre Energie zur Entfaltung gewinnt. Diese Polarität kann vereinfacht als Mann-Frau-Polarität gesehen werden, auch wenn das alles nur schwache Hilfsbegriffe sind, die hier nicht ausreichend ausgefaltet werden können.

Erst damit wird aber auch klar, wo das Gefährliche liegt, wenn man jungen Menschen die Geschlechterwahl zur Disposition stellt. Es geht dabei vor allem darum, daß sich ohne solches "Ziel", das aus dem Reich der Ideen heraus einem Menschen vorausgeht und in der Vernunft die Spannung zwischen Faktischem (Historischen) und Urteil und Handeln darstellt. Das geht nur von der Grundlage eines quasi festen Geschlechterbildes aus, das im Einzelnen und im Einzelfall (auch mit gewissen kulturellen Anpassungen) dann die Identität eines Menschen bildet. Die ohne Idee, der man nachstrebt, die einem aber vor allem zugewiesen werden muß, nicht auskommt.

Erst auf dieser Grundlage, in dieser Polarität zwischen Gesolltem (das im Namen steckt) und Faktischem (das in wechselseitigem Austausch sich nach und nach dem Gesollten nähern muß) kann sich Persönlichkeit überhaupt erst entwickeln. Dabei ist es vorerst noch nicht wesentlich, das Gesollte auch ganz schon zu "verstehen", das ist im Gegenteil ja ein lebenslanger Prozeß. Vielmehr muß das Gesollte in gesellschaftlicher Institutionalisierung - und das bedeutet Kultur - auch als erfahrenes, erlebbares Wertegerüst bestehen. 

Dieses Gesollte ist nicht einfach nur (aufs Physische reduzierte) Natur, es baut aber auf einem Naturbegriff auf, der nicht alles, was in der Natur vorkommt als natürlich erkennt, sondern darum weiß, daß sich auch im rein Physischen der Natur Deformationen bilden, die aber nicht das letzte Wort in der Entwickung eines Menschen bedeutet, die letztlich der Weg ist der ihn am meisten zur Geglücktheit seines Lebens führt, sondern nur die Richtung vorgibt, in die der Mensch kraft seiner Vernunft das rein Physische zu entwickeln hat. (Wie das geschieht steht auf einem völlig anderen Blatt geschrieben - meist nämlich indirekt, der Mensch ist eben auch nicht einfach ein Gedankenwesen, sondern umgreift Physis wie Geist, wenn auch in einer hierarchischen Aufeinandergeordnetheit.)

Letztlich geht diese Anthropologie sogar davon aus, daß die Natur auf ihre Höherführung durch den Geist zu ihrer Idealgestalt (noch einmal: wir verkürzen hier sehr!) ausgerichtet ist, darauf "sehnsüchtig" wartet, und sonst ihren Bestand verlöre, stirbt, sich auflöst. (Querverweise zum thermodynamischen Grundsatz der Enthropie sind keineswegs zufällig zu sehen.) Daraus, und vor diesem Hintergrund, leitet sich auch die Pflicht ab, die jungen Menschen auf ein spezifisches Geschlechterbild hin zu erziehen, um damit den Habitus, das gesamte Werterleben eines Menschen, auf den Hinweis, den die biologische Natur gibt, hinzulenken. Dort liegt sein Aufrag - und er liegt in der Polarität eines idealen Mannes hier, einer idealen Frau dort, so gefährlich (wenn auch keineswegs einfach falsch) auch die Festlegung auf spezifische geschlechtsspezifische Aufgaben und Tätigkeiten da sein mag. Kultur aber braucht Kulturarbeit, sonst fällt sie zusammen wie ein Hefekuchen. Gleichzeitig ist sie nicht beliebig in ihrer Form, ja kann zur Antikultur-Kultur werden (und das ist das Gendering), sondern an eine Natur gebunden, die aber jedes rein biologische Faktum noch einmal übersteigt, weil sich von dort her überhaupt erst begründet.

Zu bestreiten, daß Geschlecht eine soziale Konstruktion auf der Ebene der menschlichen Kultur ist, führt also auch die so berechtigte Gegenwehr gegen den fanatischen Wahnsinn des Gendering (daß es ein Wahnsinn ist, wird ja auch erst so begreiflich: es ist gegen die Vernunft!) nicht weiter. Weil es von einem übereinstimmenden Kern neutralisiert wird. Auf diesen muß sich also die Argumentation ausrichten. Nur mit biologischen "Fakten" ist da kein Blumentopf zu gewinnen, denn diese greifen immer zu kurz. Vielmehr zeigt sich eine höchst notwendig zu führende naturphilosophische Diskussion an, die in Selbstverunsicherung mangels Denken der Grundlagen seit Jahrzehnten sträflich vernachlässigt und den Evolutionisten mit einer zwangsläufig verfehlten Anthropologie überlassen wurde.




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