Eine nie zu klärende, aber aus persönlichen Eindrücken äußerst wichtige Frage, ist die Frage der verloren gegangenen Priesterberufungen. Nicht nur daß ich erstaunlich viele Männer bereits traf, die in ihrer Kindheit und Jugend den Wunsch hatten, Priester zu werden, doch aus irgendwelchen Gründen im "Zivilleben" landeten, hatte ich erst unlängst aus dem Gespräch mit G. erfahren, daß alleine in diesem Jahr in der Mitte der 80er Jahre drei Seminaristen aus dem Kloster NN sich wieder verabschiedet hatten: Sie waren von der liberalen, ja freizügigen Art des vorgefundenen Klosterlebens enttäuscht und abgestoßen. (Der damalige Novizenmeister ist heute Abt eines Schwesterklosters.)
Einer hatte sogar die ganz simple Angst, Alkoholiker zu werden. Er meinte zu mir: "Wenn aber sogar Mönche am Abend die Flucht in den Rausch benötigen, weil sie ihr Leben sonst nicht aushalten ... ?" Als er sich vorsichtig zu beschweren versuchte, ignorierte man ihn.
Beinahe alle diese "verlorenen Priesterberufungen" werden aber diese Berufung nie ganz los. Auf irgendeine Art versuchen alle, sie zu leben, auch wenn sie verheiratet sind, Kinder haben etc. Fast immer habe ich den Eindruck, daß sie diese ihre Berufung als Auftrag ernster nehmen als sämtliche spätere Lebens- und Standesentscheidungen. Dieser eine versucht heute, wiewohl ebenfalls verheiratet, eine Form von monastischem, kontemplativem Leben des "Immerwährenden Jesus-Gebets" inmitten seines Zivillebens zu führen, denn es hat ihn dieses damalige Ideal nie in Ruhe gelassen. Nun, vierzig, in jenem Alter also, wo ein normaler Mensch ernst macht, ist seine Entschlossenheit groß wie nie. "Vielleicht kommt noch der Tag der 'viri probati'" meinte er.
*180308*