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Mittwoch, 28. Januar 2009

Fünfzig Jahre später

David Kelly war unter anderem Botschafter Großbritanniens in Moskau, also ein Insider. Wenige Jahre vor seinem Tod 1959 schrieb er "Die hungernde Herde". 

Er warnte damals eindringlich davor, geostrategisches Denken weiter zu vernachlässigen - die "Feinde" im Kalten Krieg, die UdSSR und China, würden das auch nicht tun. Nicht zuletzt der Zweite Weltkrieg sei auch eine Folge dieser Nachlässigkeit vor allem Englands als europäischer, aber eben weltumspannender Macht gewesen.

Es ist sehr interessant, aus 50jährigem Abstand nicht nur eine innere Stimmung - diese ständige Angst und erlebte Bedrohtheit (Ängste, die, so belegt Kelly, die UdSSR selber schürte) erinnernd wieder zu erleben, die meine Kindheit in den 1960ern so prägte. Es ist noch interessanter, die Stichhaltigkeit vieler Thesen und damit der Analysen der Geschichte überprüfen zu können.

Kelly hatte in enorm vielem Recht, und er hatte noch mehr darin recht, die UdSSR nicht zu unterschätzen. Er schrieb es westlichem Leichtsinn, ja mangelndem Selbstbehauptungswillen zu, einem kommunistischen System "guten Willen" abzunehmen. Den gebe es nicht, so Kelly, und es sei kein schwererer Fehler getan, als Chruschtschow als "Reformer" einzuschätzen.

Stalin hingegen sei in seinen letzten Jahren regelrecht milde geworden, auch weil der Widerstand immer größer geworden war. Sein Nachfolger hingegen, frischer Kraft, habe sofort mit allen Widersachern aufgeräumt, seine Machtposition gestärkt, und auch geostrategisch Seiten aufgezogen, denen der Westen gar nicht gewachsen war.

Die Taktik: vollendete Tatsachen schaffen, und dann Verhandlungsbereitschaft zeigen. Damit wird in Wahrheit etwas legitimiert, was in nuce nie hätte stattfinden dürfen. Das kommt einem doch (zum Beispiel aus der Pädagogik) bekannt vor?




*280109*