Nun gibt es Zahlen, Hans Rauscher bringt sie im Standard-Artikel (Titelverlinkung), wo er die Sachlage auf den Punkt bringt:
Die Osterweiterung, deren wirtschaftlicher Segen für Österreich durch großzügige Kredite der österreichischen Bankenlandschaft (ausnahmslos) in Höhe von zweihundertdreißig Milliarden (230.000.000.000) Euro (das sind knapp drei Billionen Schilling, also 3.000.000.000.000 Schilling) vorfinanziert wurde - ist eine für heute so typische Luftblase gewesen. Jene "Hoffnung", die rechtfertigte, über Kredite das Wirtschaftsvolumen aufzublasen, weil dieses zusätzliche erschaffene Geld ja irgendwann zurückgezahlt werden könne, ist weggebrochen, nun geht es ans Zahlen.
(Nur auf solchem Hoffnungshandel beruht nämlich diese Art des Wirtschaftens, sowie auf der Annahme, daß es ein fehlerfreies System geben kann, man muß nur alle Störfaktoren ausschalten. Das zur Totalität fast unausweichlich führende Aggressionspotential dieser Art des Wirtschaftens, in der alles bereits zum technischen Vorgang verkommen muß, dem alle Menschen schlicht zu dienen haben, kann man sich also ganz leicht ausrechnen.)
Nun können diese Staaten diese Kredite nicht mehr zurückzahlen. Wir werden sie ohne Zweifel zum Teil zumindest selber bezahlen müssen, nur dann sind diese Kredite nämlich überhaupt noch etwas wert: Wenn wir dieselben Kredite retten, die wir vergeben haben. Und das müssen wir, sonst ist auch unsere Bilanz dramatisch: Gehen unsere Banken flöten, geht unser System, in dem wir's uns so gemütlich eingerichtet haben, flöten.
Man darf also die Oststaaten nicht pleitegehen lassen, will man unser eigenes System am Leben halten! Wobei wir aus denselben Gründen, aus denen heraus nun alles so bedrohlich aussieht, diese EU-Erweiterung lautstark als "nötig" gefordert erlebten. NUR dadurch konnte ein weit früherer Kollaps unserer Mechanismen verhindert werden. Da war es nur eine Formalität, diesen Staaten auch die Gelder gleich zu geben, mit denen sie dann - bei uns, durch die gesteigerte Nachfrage, bei ihnen durch den noch verbleibenden Rest der mit Geld künstlich geschaffenen Nachfrage - Wirtschaftswachstum produzieren sollten. Nur hatte das System einen kleinen Haken ... wie jedes System gibt es am Fuß dieser Pyramide ... Menschen. Sie stehen nicht nur im ehemaligen Osten und sind letztlich das einzige Kriterium, sondern sie standen auch in den USA, von wo (aber das müßte man noch breiter untersuchen, ob denn das überhaupt so war, lassen wir mal die Formulierung: Dort wurde es am ersten sichtbar) diese derzeitige Krise, die ein Kollaps ist, keine Krise, seinen Ausgang nahm. Man hat nicht mit dem Faktor Mensch gerechnet ... der nicht einfach beliebig "Wirtschaftsleistung á la Turbokapitalismus" erbringt, der das längst auch bei uns völlig übersteigerte Wirtschaftssystem noch hätte retten können. Und das haben wir im Grunde erhofft! Diese Hoffnung hat sich nicht erfüllt. Nun suchen die Werte einen realistischen, einen glaubwürdigen Grund, und sieh da ... dieses Spiel des (angeblich aber nur jemals) Geglaubten beginnt zusammenzufallen, wie ein Kartenhaus, wie ein Dominospiel - ein Stein wirft den anderen.
Rauscher und EU-"Fachleute" sprechen von mindestens hundert Milliarden Euro "Berichtigungsbedarf". Nur für Österreichs Banken, wohlgemerkt. Die - wie hieß es so schön? - in den letzten zehn Jahren einen beispiellosen Erfolgszug hingelegt hatten, vor lauter Tüchtigkeit platzten ja die Bilanzen vor Gewinnen. Ah ja, ich verstehe.
Noch einmal, zum Mitschreiben: Man verkaufte etwas, das der Osten sich nicht hätte leisten können. Aber weil wir die Ware sonst nicht abgesetzt hätten, gab man ihm auch das Geld, damit dieser überhaupt Kunde sein konnte, und zwar aus den zukünftigen Erträgen, die man mit dem Verkauf erzielte ... nein: Erzielen WOLLTE, weil mußte - das hat man uns dann als positiven Effekt der Osterweiterung der EU verkauft, der wir angeblich unseren Wohlstand (der nur noch ein Aspekt eines unbedingt notwendigen Wirtschaftswachstums war) verdanken.
Verwirrt? Aber es ist doch recht einfach?
Jetzt können diese Oststaaten ganz einfach nicht nur nichts mehr kaufen, weshalb unsere Produkte in den Lagern verrotten, oder gleich: Gar nichts mehr produziert wird, mangels Abnehmer, weil nur noch ein Irrer weitere Kredite geben würde, nicht einmal mehr österreichische Banken das tun, sind alle Schienen in eine rosige Wachstumszukunft abgeschnitten. Jetzt MÜSSEN wir diesen Schuldnern, die nicht mehr zahlen können, es ja nie konnten, sogar WEITERE Gelder geben. Ja, wir "müssen"! Sonst ist der Strudel gar nicht mehr aufzuhalten, und er wird auch uns nicht nur möglicherweise, sondern ganz sicher - und gleich - verschlucken. Unser System würde radikal - und sehr sehr realistisch - auf die Gegenwart abgeschlankt. Wobei noch immer die Frage offen bleibt, ob das überhaupt zu vermeiden sein wird.
Offen bleibt? Es wird nicht zu vermeiden sein. JETZT - und das müßte man einmal öffentlicher sagen - geht es nur darum, ob wir noch einmal das System um drei, um fünf, oder vielleicht zehn Jahren hinausschieben. Wovon das abhängt? Ob es gelingt, noch einmal eine Zukunftsblase auszubauen, die durch zukünftige Erwartungen die Erwartung glorreicher Zukunft rechtfertigt. Zum Beispiel: durch eine gigantische Erfindung. Der verdanken wir ja, daß wir uns aus den müden 1970ern noch einmal zu dreißig Jahren Prosperität hochpumpen konnten: Weil alle Kredite gerechtfertigt schienen.
Stell Dir vor, es ist Prosperität, und alle gehen hin - und dabei ist gar keine.
Verwirrt? Aber es ist doch so einfach ...
Mein Geschäftspartner aus dem 1980/90ern (treue Leser dieses Blog kennen ihn schon: HvW, Gott hab ihn selig) hatte nicht nur weise Sprüche als Essenz aus seinem bewegten Leben gezogen. Er hatte ein Gefühl für ökonomische Wirklichkeiten, und deshalb auch ein nie ganz zu überwindendes Mißtrauen zu der Art, wie in Österreich Geschäfte gemacht wurden. Er meinte nämlich immer, in einer Art "Restskepsis", daß er nicht verstünde, wie das hier (also der österreichische Wohlstand) alles überhaupt möglich sei. Nach seinem Dafürhalten fehlten da überall die Aktiva! Also das, was er also solche sähe.
Mein Gott, was diese Preußen doch immer nüchtern und sachlich sind ... Bis heute: Jetzt wollen sie nicht einmal beitragen, zu diesen hundert Milliarden Euro, oder 1,4 Billionen (1.400.000.000.000) Schilling. Die EU hat mehr als genug mit anderen Problemen zu kämpfen. Wir haben ja allen erzählt, wie gut es uns geht. sie haben es geglaubt, oder: Haben uns beim Wort genommen. Wie wir es gewollt haben. Die EU hat nämlich alle Hände voll zu tun, den Euro am Leben zu halten! Gehen die Länder der EU pleite oder werden noch schwächer, stürzt der Euro ins Bodenlose (zur Erinnerung lese man das gestrige Interview mit G. Soros), und reißt alle mit, und - das wird ja gerne vergessen - werden die Regulierungseinheiten KLEINER werden, wenn nicht sogar kleiner werden müssen! Schon jetzt kann man die Krise nur NATIONAL effektiv bekämpfen, und "Währung" ist über den Wechselkurs eines der wesentlichsten Krisenbekämpfungsmittel!
Aber HvW hatte so recht mit seiner ewigen Skepsis, er hatte so recht. Was nun als Ergebnis der phänomenalen "Osterweiterung" und der letzten "Boomjahre" auf uns zukommt, an (nicht: in!) denen wir "so gut verdient haben", ist nichts als ein weiteres, aber ziemlich definitives Ergebnis auf diese österreichische Art, sich in Erfolge frohzurechnen: Indem wir es nun selbst sein werden, die diesen so tüchtig erwirtschafteten Wohlstand - der als reines Luftgespinst ein simpler Kredit war - über höhere Steuern zurückzuzahlen haben. Es gab ihn nicht, den Wohlstand, es gab ihn nicht, das Geld das umzuverteilen war. Es gab nur den Glauben daran, die Illusion, die sowohl Rechten wie Linken nur recht war, weil sie genügte, um Kredite zu besichern, sodaß niemand recht auf wirkliche Kostenwahrheit achten mußte - das war's!
Aber die gelernten Österreicher wissen seit den 1970er Jahren: es kann nur aufwärts gehen, es gibt ihn, den Weihnachtsmann. Sobald sich alles wieder erholt, wir wieder auf der Überholspur der jährlichen Wachstumsraten der Bruttosozialprodukte sind, wird eh alles gut. Wählen wir halt dann eine andere Regierung. Oder machen einen Generalstreik.
Eines nur darf nie passieren: Dieser Glaube an den Weihnachtsmann, der darf freilich nie brechen.
*310109*