Man sollte sich da keine Illusionen machen - im Stück "Der Fechter von Ravenna" (ein "Hit" in den Theatern der 1850er, 1860er Jahre) von Friedrich Halm steht es nackt und bloß vor Augen, und läßt mich auch von einer weiteren Perspektive her an Bachofen's Matriarchats-Thesen zweifeln:
Das 19. Jahrhundert hat definitiv ein Zeitalter der Muttersöhne, eine Epoche hysterisch-pathetischer, sich selbst dramatisierender Charaktere eingeläutet. Gerade in unseren Breiten waren Figuren wie Bismarck und Hitler signifikanter Ausdruck dafür.
Das Matriarchat ist nicht, wie Johann Jakob Bachofen meinte, Ausgangs-, ja Heimat- und Fluchtpunkt einer Kultur, sondern Endpunkt einer spezifischen kulturellen Degeneration.
Der "Mutterkult", wie ihn Halm in seinem (dramaturgisch ausgezeichnet konstruierten) Stück so zeitgemäß erscheinen läßt - jawohl, zeitgemäß: Die Frau, die das Schicksal des Landes in die Hand nimmt, weil die Männer versagt haben und versagen ... das ist die Grundhaltung heute, Ibsen hat es noch weiter ausgebaut, noch anklagender, realistischer, deshalb warnender, wahrer, auf die Bühne gebracht - hat jene revolutionäre Kraft sentimental verankert (so funktioniert Lenkung der Masse), die die Kulissen unserer Kultur endgültig gesprengt haben.
Damals übrigens kam auch der "Muttertag".
*110509*