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Samstag, 9. Mai 2009

Spiel und entfaltete Leiblichkeit

Selten habe ich so klar, einfach verständlich, und doch umfassend, auch in der Tiefe, etwas über die Kirchliche Liturgie gelesen wie in dieser Zusammenfassung (Autor: Stefan Baig, Zenith) eines Vortrags der Dresdener Religionsphilosophin Hanna Barbara Gerl-Falkovitzs. Aber lesen Sie selbst.

... Gerl-Falkovitzs Betrachtung der Liturgie geschah hingegen aus anthropologischer Perspektive. Dabei stützte sich die Religionsphilosophin auf Romano Guardinis Klassiker „Vom Geist der Liturgie", dessen Kapitel „Liturgie als Spiel" Ausgangspunkt ihrer Ausführungen wurde. Im Zentrum ihres Vortrags stand „die spielerische Entfaltung der Leiblichkeit". Um die heilende Wirkung der Liturgie zu betrachten, wurden zunächst die verschiedensten Tätigkeiten des Lebens betrachtet, und zwar im Hinblick auf die Unterscheidung von Zweck und Sinn.

„Im Zweck ruht das Tun nicht in sich selbst, sondern wird als Durchgang auf ein anderes Ziel hin getan: Lernen, um die Prüfung zu bestehen. Sinn aber lässt den Schwerpunkt des Tuns in ihm selbst aufleuchten: Lernen, weil es Freude macht." Während der Zweck ein Ende in der Zeit habe, gebe es auch Vorgänge, deren Sinn nicht mit ihrem Ende abgeschlossen sei. Gerade die wesentlichen Vorgänge des Lebens seien zwecklos, aber sinnvoll. Liebe zum Beispiel sei eine selbsttragende Handlung ohne „um - zu". Ebenso gebe es auch den absichtslosen, kontemplativen Blick, in dem das Individuum frei werde, sich selbst mitzuteilen.

Die Liturgie verfolge wie jedes wirkliche Kunstwerk keinen unmittelbaren „Zweck", sondern trage ihren Sinn in sich. Dieser Zug begründe auch die Schönheit der Liturgie: „Sie hat weder erzieherische noch absichtsvoll künstlerische Aufgaben, ihr tiefster Sinn ist einfach ‚Schau', und zwar Schau von Gottes Herrlichkeit, die Leiden und Kampf einschließt."

Der Sinn der Wirklichkeit erschließe sich über den Leib. Gegenwärtig geschehe in der Anthropologie eine Neuentdeckung des Leibes. „Der Leib ist in ein Spannungsgefüge einbracht. Das, was ich nach außen spiele, erfahre ich auch innerlich." Gerl-Falkovitz beschrieb mit Guardini verschiedene körperliche Haltungen. Das Liegen etwa sei „gesammeltes Ausgegossensein", Stehen „schwingende Ruhe".

In der Liturgie finde ein leibhaftes Spiel statt. „Der Schwerpunkt ist oben. (...) Es ist dieses wunderbar in sich Ruhende und den Blick Öffnende, das die Liturgie zur Quelle eines Ankommens im Sinn macht und über Verzweiflung hinausführt, bis in die leibliche Erfassung und schwingende Ruhe hinein." Auch für das leibhafte Spiel in der Liturgie lieferte die Vortragende eine phänomenologische Beschreibung: „Zweckfrei sich ausströmendes, von der Fülle besitzergreifendes Leben, sinnvoll in seinem reinen Dasein."




*090509*