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Freitag, 21. August 2009

Der Stoff, aus dem unsere Informationen sind

In einem (im Titel verlinkten) Interview gesteht der Chef von Greenpeace, Gerd Leipold, daß man in der Information über das Schmelzen des Polareises nicht ganz "faktengetreu" war. "Nein," sagt er nun. "Die Polkappen werden 2030 nicht geschmolzen sein." Die Fakten, das gebe man zu, hätten nicht ganz der Wahrheit entsprochen. Aber - jetzt kommt's - man habe eine Emotionalisierung des Themas für richtig gefunden, und deshalb sei die Verwendung von falschen Informationen auch okay.

Was war passiert? Greenpeace hatte jüngst medienwirksam gewarnt, daß wenn nichts geschähe, die Polkappen bis 2030 abgeschmolzen. Nun mußte man korrigieren ... Das sei nicht ganz richtig gewesen, nein, keine Rede davon, man habe nur die politischen Entscheidungsprozesse etwas beschleunigen wollen, und dazu die öffentliche Meinung "emotionalisiert."

Genau das ist es, was seit Jahrzehnten sich abzeichnet, exakt so sind mehr und mehr unsere Informationen aufgebaut, aus denen wir, die einfachen Maxis von der Straße, unsere Sicht der (vor allem aktuellen) Weltprobleme aufbauen, und dabei vor allem auf Medien angewiesen sind, weil sich der Horizont dieser Probleme meist weit (!) außerhalb unseres wirklichen Erfahrungs-, Bildungs- und Entscheidungshorizonts befindet.

Der im Gegenzug kaum noch Beachtung findet, weil wir immer ausschließlicher und ständig mit "Mega-Problemen" konfrontiert sind, gegen die subjektive Einschätzungen ohne Wert bleiben: wir sind nur noch auf sich (medial) als kompetent etablierende Dritte angewiesen. Angeblich. Aus denen sich aber Handlungsmaxime ergeben, die unsere Leben (angeblich) massiv beeinflussen und fordern. Moral baut sich eben auf "Ressentiment" auf, Max Scheler zeigt das schön. Weshalb der Kampf um Autorität ein Kampf um Glaubwürdigkeit ist, und da gilt das Faustrecht!

Dann lesen wir Informationen, Aufrufe ... die immer ausschließlicher von Interessens- und Ideologiegruppen lanciert sind, von Wissenschaftlern die unter Sensationsdruck stehen, von Konzernen die "moral funding" betreiben, um langfristige PR-Strategien umzusetzen. Die ihre Informationspolitik zunehmend unter das Motto des "geringeren Übels" stellen, weil alles dominiert wird von panikartig gewichteten Dringlichkeiten, auf die sich Ideologien im Kampf um Weltveränderung zwangsläufig (und meist sehr kurzfristig) reduzieren.

Dann zählt nicht mehr Wahrheit und Wahrhaftigkeit, die zumindest besagt, daß nichts Gutes aus Falschem entstehen kann! Dann gilt nicht mehr, daß verbreitete Information (früher nannte man das: Verleumdung) auch stimmen muß.

Dann geht es nur mehr um "globale", grobe Deutungsschemata, um die gekämpft wird, im Namen der Institution, die zur Durchsetzung Autorität braucht. Dann geht es nur mehr um Einflußmöglichkeiten, um Wirkungen zu erzielen - denn das Recht verschiebt sich längst auf den Stand, auch wenn man das nicht wahrhaben will: und um die Positionierung, um den Stand eben, geht es.

Nicht, daß dies prinzipiell "falsch" wäre. Es geht nämlich immer nur darum: es geht um die Autorität der Deutungshorizonte. Aber angesichts einer Moralisierung auf der Basis eines "Rationalismus", der eine mögliche Weltdeutung fern von Deutungshorizonten behauptet, um damit die bestehenden Autoritäten der Weltdeutung auszuhebeln.

Wenn es um die Wirklichkeit geht, dann geht es halt um die Wirklichkeit - nicht mehr um Ideologien und Philosophien, die in der Wirklichkeit versagen. Keine ideologische Gruppe (und wenn sie noch so viel Unsinn verzapft) möchte in Wirklichkeit versagen. Weltanschauung hin oder her: es bleibt dann doch die eine Wirklichkeit, der Realismus.

Dann spricht man wie Greenpeace von "Emotionalisierung", wo die Fakten zwar falsch, aber das Ziel - Greenpeace, Rettung der Welt - doch von niemandem abgelehnt werden kann? Wer solches will, der hat alles Recht aufs Papsttum. Darin hat Greenpeace viel Erfahrung, betreibt es als regelrechtes Business, als "Skill" - Thilo Bode, der vormalige Greenpeace-Chef, baut auf dieser Basis seit Jahren die nächste Moralinstanz auf: Foodwatch.




*210809*