Hugo von Hofmannsthal über seine Großmutter (in: "Aus einem alten vergessenen Buch"):
"[Sie] nahm ihr Dasein wie ein lebenslängliches Amt, das keine Abwechslung duldet, keine Ausnahme von der Regel kennt. Ihre einzige Leidenschaft war ihre Liebe gewesen; seit diese im Laufe der Ehe zu Achtung und Zuneigung gekühlt war, hatte das Blut keine Macht mehr über sie. Nie lachte sie, niemand hatte sie jemals anders gesehen als in stiller Heiterkeit; nie besuchte sie das Schauspiel. [...] So, verzagt an Empfindungen, hatten sich alle Töchter vermählt ohne Liebe. Man sah einen Mann am Teetisch der Mutter; er kam nach acht Tagen ein zweites Mal. Jetzt fragte man, wer er sei? Ein drittes Mal kam der Mann vor den Tisch, ging zur Mutter, dann zum Vater. Jetzt fragte man sich: Was mag der Mann wollen? Nach Tische ließ die Mutter die Tochter vor sich befehlen und sagte ihr: "Mein Kind! du bist Braut."
*290809*