Das Verschwinden beziehungsweise der Abbau des Lettners, im Übergang Gotik - Barock, wie er sich in der Ikonostase der Ostkirche bis heute ohnehin erhalten hat, ist im Gleichschritt mit der kulturellen Entwicklung und Verlebendigung beziehungsweise der Bekanntheit von Glaubensinhalten zu sehen. Anders ist er nicht denkbar.
Genau das also schwindet heute: Glaubenswissen. Somit ist ja niemandem mehr klar, was es überhaupt zu glauben gäbe. Und gerade die konservativsten Bischöfe verteidigen den Religionsunterricht, der sogar weitgehend mehr verdirbt als er gut macht, aber in jedem Fall kein Glaubenswissen mehr vermittelt, aus faulem Strukturkonservativismus am vehementesten. (Während sie sich sein Mißlingen dem "allgemeinen Kulturverfall" in die Schuhe schieben, anstatt zu begreifen, daß sie, als die Spitze, diesen zuallererst zu verantworten haben.)
Von der Entwicklung des Lettners her, jedenfalls, ist der Schritt eine einzige, klare Linie: hin zum Volksaltar, hin zum Altar inmitten der Gläubigen, in völliger Distanzlosigkeit. Der Altar ging ins Volk, wohl um sich besser kennen zu lassen? Denn je weiter er zum Volk (auch sichtbar) wanderte, desto weniger Glaube ist zu bemerken.
Aber ganz simpel betrachtet: Gab es also eine Entwicklung in diese Richtung, so müßte doch ebenso simpel die Entwicklung - schon aus rein pädagogischen Gründen, denn aus ästhetisch-künstlerischen Gründen sind sie sowieso niemandem mehr plausibel zu machen - in die andere Richtung ebenfalls gehen? Wo doch das Wissen eben NICHT mehr in den Menschen ist, von wohin es aus den Bildern heraus (in der Erinnerung, im Fleisch) gewandert ist - wenn.
Und das hieße: Wiederaufbau des Lettners, Remontage der "Speisegitter", Einführung einer Ikonostase. Das wär' mal was Solides.
*240809*