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Donnerstag, 11. November 2010

Aufruf zur Revolution

Was sich hier in der Presse so "alltäglich" liest, ist nichts als ein Aufruf zur Revolution. Man kann dazu stehen, wie man will, man soll sich dessen nur bewußt sein. Der Inhalt - es gibt so viele brauchbare Vorschläge zur Staatsreform, wenn die nicht bald umgesetzt werden, machen wir es selber! - entspricht allerdings dem Zug der Zeit, wie er sich seit 30, 40 Jahren mehr und mehr ankündigt.

Und der bedeutet, die Dinge selbst abzuschaffen, zugunsten ihrer Funktionen. Dahinter steht die Meinung, die Dinge bräuchten nicht sie selbst sein, was wir an ihnen brauchen, sind ihre Funktionen. Das Handeln folgt dem Sein. Wer das Sein eines Dings beschädigt, zerstört es selbst, und damit sein Handeln, ersetzt es durch ein anderes, das dann handelt. Richtiges Handeln ist keine technisch aufgelöste Ablaufverbesserung, sondern vollkommener Selbstvollzug. Wer dieses Selbst abschafft, oder beschädigt, um "richtiges Handeln" zu bewirken, gleicht jemandem, der den Krug zerschlägt, um mehr Inhalt fassen zu können.

(Darum geht es übrigens auch bei der beschämenden Angelegenheit rund um den türkischen Botschafter. Diese Frage macht eine Meinungsäußerung zu einer Verhöhnung, zu einem diplomatischen Skandal. Wenn sich manche nun darauf beschränken zu sagen: na, hie rund da hat er ja recht - dann zeigt das nur, wieviel es bereits geschlagen hat. Und: es hat ja längst soviel geschlagen, wir wissen es.)

Das ist ein folgenschwerer Irrtum. Und zwar: ein wirklicher Irrtum, der sich nicht zufällig vor allem bei der Linken, und hier noch eingegrenzter: bei den "Öko-Linken", den Grünen etc., zeigt, die politische Gruppierungen sind, die überhaupt das Sein auflösen zugunsten der Wirkungen, und damit den Technizismus der Industrierevolution (ich vereinfache) auf die Ethik übertragen.

Aber darum soll es hier gar nicht weiter gehen. Nur darum vor Augen zu stellen, daß wer die "Reform von unten" fordert, die Revolution fordert, und das heißt: den Sturz des Bestehenden, und den Beginn eines Neuen. Keine Revolution hatte andere Zielsetzungen, und ihr Umsturz der bestehenden Hierarchie sollte nur "dem Guten" dienen, dem allen Einsichtigen, das die Oberen offenbar nicht verstehen wollen. Revolutionäre Gesellschaften entstehen, wenn der Staat selbst zerbrochen ist, und die Gruppierungen - im Namen des jeweils (!) Guten - beginnen, ihr Glück selbst in die Hand zu nehmen.

Solche Forderungen sind wie man sieht: längst salonfähig. Auch das wäre zwar nur die Konsequenz aus den Entwicklungen der letzten 30, 40 Jahre, in denen sich unser Demokratiegefüge zu einem reinen Gewaltverhältnis (Kampf um Macht, um Meinungen, um Einfluß, Macht des Lobbyhismus, etc.) umgestaltet hat, und es kann deshalb mittelfristig gar nicht anders kommen. Aber wie heißt es so schön? Es ist der letzte Regentropfen, der Auslöser, der das Faß überlaufen läßt, der alle Schuld trägt. Moses durfte sein Gelobtes Land nicht betreten.

Wer aber ein Gefäß zerbricht - in der Dummheit, mehr ist es nämlich nicht, im eitlen Größenwahn -  um seine Funktionen sein Dasein ersetzen zu lassen, wird nicht nur feststellen, wenn er es feststellt, daß Funktion sich aus dem Sein ergibt, Funktionalität sich also ohne Bezug zu Wesen und Sein in Undefinierbarkeit auflöst, sondern er wird mit jenen Kräften wild, direkt und okkult zu tun bekommen, die zu bändigen, in Form zu gießen, eben Kultur bedeutet.

Der wird feststellen, wieviel Gewalt plötzlich notwendig werden wird, wieviel vor allem aber dann ausbrechen wird, weil jede Seinsheit, jede Monade in jedem Kontakt mit der Umwelt, also permanent, auf sich und ihre Existenzpflicht zurückfällt, und jeder Moment zum apokalyptischen Überlebenskampf wird. Wer den Film "Snake/Sie nannten ihn Schlange", evtl. auch "Flucht aus L.A.", noch nicht kennt - er sollte ihn ansehen. Ein Hollywoodreißer? Vielleicht. Aber es ist ... prophetischer Vorausblick.

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