Dieses Blog durchsuchen

Montag, 8. November 2010

Poesie am Wesen der Technik verständlich

Anstelle einer Ausführung über Heidegger selbst, bin ich bei der Suche nach Lektüre auf eine Rezension von "Die Technik und die Kehre" (M. Heidegger) aus der Feder von Heino Bosselmann (bei amazon.de) gestoßen, die für sich bereits das Thema vertieft, weil - ohne jetzt (noch) prüfen zu können, ob hier Heidegger's Schrift erklärt wird, oder "das Bosselmann'sche" Verständnis von Sein und Geschichtlicher Gestalt, das bemerkenswert deckungsgleich, aber vermutlich präziser, Gedanken des Verfassers dieser Zeilen wiedergibt - sie das Thema selbst verständlich macht. Und zwar: das Wesen des Poetischen! Deshalb bringe ich sie hier in Ausschnitten, unter Hinweis auf das copyright - amazon.de:


[...] Heidegger fragt zunächst nach dem Wesen der Technik. Sie liegt für ihn im "Versuch des Entbergens" von Sein. Dabei reicht sie in das Entbergen des Verborgenen nicht hinein, meint aber im Sinne moderner Naturwissenschaft fatalerweise, die Welt schon als Ganzes erfasst zu haben. 

Wesentlich erscheint der Begriff des "Gestells": Es handelt sich dabei nicht um das Technische der Handhabung selbst, sondern das gedankliche und dazu technische Instrumentarium oder eher Verfahren, mit dem der Mensch die Welt sachlich und versachlicht, gleichsam säkularisierend ausforscht, ihre Tiefe, das verborgene Sein, aber gerade nicht zu erschließen vermag. Das Gestell verstellt in seinem technisch-rechnenden Vorstellen das sich verbergende Sein. Allenfalls moderne Physik mag dazu einen gewissen Zugang entwickeln: Heidegger erwähnt in diesem Zusammenhang Heisenberg. 

Im Entbergen des Eigentlichen, des Seins, mindestens im Weg dahin liegt nach Heidegger Freiheit

Im Gegensatz dazu sieht Heidegger im "Gestell" vor allem Gefahr: Sobald das Unverborgene nicht einmal mehr als Gegenstand, sondern ausschließlich als Bestand den Menschen angeht und der Mensch innerhalb des Gegenstandslosen nur noch die Bestellung des Bestandes ist, - geht der Mensch am äußersten Rand des Absturzes, dorthin nämlich, wo er selber nur noch als Bestand genommen werden soll

Indessen spreizt sich gerade der so bedrohte Mensch in Gestalt des Herren der Erde auf. Dadurch macht sich der Anschein breit, alles was begegne, bestehe nur, insofern es ein Gemächte des Menschen sei. Dieser Anschein zeitigt einen letzten trügerischen Schein. Nach ihm sieht es so aus, als begegne der Mensch überall nur sich selbst. Indessen begegnet der Mensch heute in Wahrheit gerade nirgends mehr sich selber, d. h. seinem Wesen." 

Das Gestell also verbirgt das Entbergen" [des Seins; Anm.] und leistet damit einer technoiden, fragmentarischen, apparathaften, pragmatischen und säkularisierten Weltsicht Vorschub, die den Menschen von seinem eigenem Wesen und dem eigentlichen Sein entfernt. 

Aber: Wenn das Gestell in seinem Wesen und Verfahren einerseits die Gefahr darstellt, so liegt in ihm andererseits Rettung: Indem sich der Mensch nämlich auf die Gefährdung durch das Gestell mindestens besinnt, diese erkennt, insofern also wohl demütig oder kritisch damit umgeht, wächst ihm Rettung zu: Je mehr wir uns der Gefahr nähern, um so heller beginnen die Wege ins Rettende zu leuchten, um so fragender werden wir. Denn das Fragen ist die Frömmigkeit des Daseins." Abschließend verweist Heiddeger auf die Kunst: Sie bringe das Wesen im Akt besonderen Entbergens hervor: "... dichterisch wohnet der Mensch auf dieser Erde."
 
Die Kehre besteht nun in der Überwindung der Seinsvergessenheit. Sie ermöglicht dem Menschen, "in die Weite seines Wesenraumes zurückzufinden." Schon die klare Sprache öffnet ein Tor zum Sein. Ebenso das Denken: "Solange wir nicht denkend erfahren, was ist, können wir nie dem gehören, was sein wird." Eigentümlich: Nach Heidegger ereignet sich die Kehre plötzlich, blitzartig, jäh. Die Gefahr, wesend, im Gestell, scheint ihm Vorbote dessen zu sein.

Die Erkenntnisse Heideggers verbinden sich also mit konservativen Konsequenzen; sie offenbaren eine Beziehung zum Platonismus und zur philosophischen Mystik, sind also wohltuend unmodern und jedem Allmachtsanspruch des Menschen, allen simplen Pragmatismen und dem Ökonomismus bzw. Konsumismus entgegen, mithin kulturkritisch und von warnender Diktion. Das erinnert an Hans Jonas, hat aber einen metaphysischeren Hintergrund. 

Heidegger erteilt allem technischen Positivismus eine Absage. Alle Versuche, das bestehende Wirkliche morphologisch, psychologisch auf Verfall und Verlust, auf Verhängnis und Katastrophe, auf Untergang zu verrechnen, sind nur ein technisches Gebaren. (...) 

Kein historisches Vorstellen der Geschichte als Geschehen bringt in den schicklichen Bezug zum Geschick und vollends nicht zu dessen Wesenherkunft im Ereignis der Wahrheit des Seins." Es gilt also, sich dem Verstellen zu verweigern, sogar "Funk und Film", also den Medien. Primär bleibt die Konstellation des Seins, das aus sich wirkt, aber so eben auch den Menschen trägt, der im Seienden versteht, aber im Sein Wohnung hat

***