Als wir heute den kleinen Gemüseladen verließen, ja, jenen, wo die Geste des Geldherausgebens nicht erst einmal zu einem verblüffenden Berührungsritus wurde, der Türen anzeigte, die mehr als einen Spalt offen waren, blieb er stehen. Die Sonne hat heute alles in frisches weiß getaucht, und zumindest öffnet man die spätherbstliche Kleidung wieder, die man der drohenden Wintereinbrüche in den letzten Wochen längst zur alltäglichen gewählt hat, wenn man schon die Sommerbekleidung nicht mehr bemüht.
"Weißdu," meinte er dann, und zuckelte an seinem Pusztabärtchen. "Weißdu, ich denke mir oft, daß die Männer an Porno gar keine Interesse hätten, wenn die Frauen wieder schöner, erotischer (und seine Augen blitzten) angezogen wären. Nicht nackt! Nein!!! So ..." und er lachte, und schwenkte die Arme, drehte sich, neigte den Kopf, und schloß die Augen.
Er meinte, daß es unter Umständen alles andere als Zufall sei, daß die Pornoindustrie im selben Maß aufgekommen sei, als die Frauen aufhörten, sich "für den Mann" schönzumachen. So wird die erotische Kraft des Mannes nicht mehr gebunden, im realen Leben gebunden, und im kultivierten Umgang miteinander - alleine einen Kuß zu bekommen, war noch vor dreißig Jahren Höhepunkt eines langwierigen Zeremoniells - zähmte der Mann jene zentrale Kraft, die nach Gestalt sucht, und im normalen Leben, im Leben als normale Figur im gesellschaftlichen Zueinander, in der Zugehörigkeit zu einer Frau, und im Nachwuchs, der deutlichsten Erfüllung des Strebens nach Ewigkeit, ihre Erfüllung findet.
Ich habe seine Einladung zum Tokajer freilich nicht angenommen. Ich kenne ihn nämlich. Und der Alkohol versetzt ihn in eine Stimmung, in der sein Bedürfnis Liebe darzustellen, nicht immer jene Gestalt zu wahren vermag, die ihm sonst gebührte. Und die er ja wohl meinte.
Aber ich wußte genau, was er meinte: die Frauen selbst (und natürlich findige Geschäftsleute) zerren - sofern sie sich nicht überhaupt vernachlässigen, verschatten, wie Valentin Tomberg es vielleicht nennen würde - den Blick des Mannes aus seinem Insgesamt, dem Herzen, teilen ihn. Das Herz wird blind, und nur noch der Leib, mit dem Auge, den Nerven, sieht. Der Eros der Frau aber, der wirkliche Eros, bewahrt zum einen das Ganze, und zielt zum anderen auf das Erkennen des Ganzen - und dazu braucht es den ganzen Mann.
Damit verliert die Frau aber den Mann, und erhält bestenfalls utilitaristischen Sex. Ihre wahre Bindekraft aber, um die sie nämlich längst fürchtet, die sie nicht mehr kennt, macht sie zunehmend expliziter - die "gesagte" Macht über den Mann, mit der wir es heute zu tun haben, die zugleich eine den Mann beschneidende, reduzierende Macht ist, gründet wohl dort.
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