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Sonntag, 20. Februar 2011

Das nenne man noch Politik!

Über seinen Rang als Kunstwerk unter den großen Kunstwerken der Menschheit mag man streiten, es ist vielleicht dafür zu handlungslastig, es ist eben Historienmalerei des russischen Realismus, entstanden 1890/91. Der Grund, warum ich das berühmte Gemälde von Ilja Repin - "Die Saporoger Kosaken schreiben einen Brief an Sultan Mehmed IV." - so gerne mag liegt in seiner ansteckenden, überbordenden Fröhlichkeit und Lebenslust, an der ich mich jedesmal neu entzünde, wenn ich es erblicke.
Was bei so manchen Bildern meiner Kindheit der Fall war, die ich wieder und wieder, und Stunde um Stunde anzusehen vermochte, ohne daran müde zu werden. Wie sie als Illustrationen in Hauff's Märchen, oder in den Bibelgeschichten von Anne de Vries vorkommen, oder im alten Katechismus, dem "Pichler", den wir noch in der Volksschule in Verwendung hatten. Ganze Welten sind da im Kopf auferstanden und waren zu erleben.

Ilja Repin (1844-1930)

Nun aber endlich habe ich zu Repin's "Historienschinken", der im Staatsmuseum in St. Petersburg hängt, auch den zugehörigen Brief gefunden. Und er ist es wert, hier gebracht zu werden.

Mehmed IV. - derselbe Sultan, der 1683 Wien belagerte, hatte 1674 das Hauptlager der Saporoger Kosaken in der Südukraine überfallen und dabei 5.000 seiner besten Truppen verloren, ohne mehr erreicht zu haben als daß der Haß der Kosaken auf die Türken aufs höchste stieg. Die übermütig, tollkühn, freiheitsliebend und gefürchtet im Jahr darauf den Türken eine weitere schreckliche Niederlage auf der Krim zufügten. Trotzdem wagte der Sultan es, sie zur Unterwerfung aufzufordern.

Im entsprechenden Schreiben nannte er sich selbst "Bruder der Sonne und des Mondes, Enkel und Statthalter Gottes, Beherrscher von Groß- und Kleinägypten, Mazedonien, Babylon und Jerusalem, König der Könige, Ritter ohnegleichen, unablässiger Hüter des Grabes Jesu Christi, Pfleger Gottes, Hoffnung und Trost aller Muselmänner, Unruhe aller Christen."

Die Kosaken schrieben ihm daraufhin Folgendes zurück:

Du türkischer Schaitan, Bruder und Genosse des verfluchten Teufels und des leibhaftigen Luzifer Sekretär!

Was in Teufels Namen bist Du eigentlich für ein trauriger Ritter? Was der Teufel scheißt, das frißt Du samt Deinen Scharen, und schwerlich wird es Dir glücken, Christensöhne in Deine Gewalt zu bekommen.

Dein Heer fürchten wir nicht, werden zu Wasser und Lande uns mit Dir schlagen, Du Babylonischer Küchenchef, Du Mazedonischer Radmacher, Alexandrinischer  Ziegenmetzger, Jerusalemitischer Bierbrauer, Erzsauhalter des großen und des kleinen Ägypten [...]

Du Armenisches Schwein, Du Tartarischer Geißbock, Du Henker von Kamenetz und Taschendieb von Podolsk, Du Enkel des leibhaftigen Satans und Narr der ganzen Welt und Unterwelt, dazu unseres großen Gottes Dummkopf [...]

Schweineschnauze, Stutenarsch, Metzgerhund, ungetaufter Schädel! Ausdämpfen soll der Teufel Deine Frau Mutter, und also, Du Unflätiger, antworten Dir die Saparoger! Denn einer Mutter rechtgläubiger Christen bist Du nicht würdig.

Da wir keinen Kalender habe, so wissen wir das Datum nicht, der Mond steht am Himmel, das Jahr steht im Buch geschrieben, und der Tag ist der gleiche, wie bei Euch.

Wofür Du uns den Hintern küssen kannst. 

Der Lager-Ataman Iwan Syrko 
mitsamt dem ganzen Lager der Saporoger Kosaken

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