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Dienstag, 15. Februar 2011

Protokollarisch vergriffen

Der ehemalige deutsche Bundeskanzler Helmut Schmidt war für seine jovial-bürgerliche Art bekannt und beliebt. So entschied er auch, den Staatsbesuch des sowjetischen Ministerpräsidenten Breshnjew zu sich, in sein Häuschen in Hamburg, einzuladen - sehr zum Entsetzen des gesamten Stabes, denn das Haus Schmidts war keineswegs mit jenen Schlössern vergleichbar, in denen der Held der sowjetischen Republik zu logieren gewöhnt war.

Dennoch wurde dort getafelt, und die protokollarische Sitzordnung sah vor, daß die Frau des deutschen Bundespräsidenten Scheel direkt neben Breshnjew zu sitzen kam. Plötzlich war der so, als tätschelte eine plumpe-kräftige Männerhand ihren Oberschenkel! Blut schoß ihr ins Gesicht, und mit größter Beherrschung wandte sie den Kopf zu Breshnjew. Doch der verzog keine Miene, und auch seine Körpersprache verriet keine erotische Anwallung.

Da zog sich die Hand, die nun den schwerwiegenden Fehler durch anatomische Tasterfahrung bemerkt hatte, blitzschnell wieder zurück.

Später klärte sich der Vorfall, auf welche Weise beschreibt Joschka Pintschovius allerdings nicht, der von dieser Peinlichkeit berichtet, die dem für solche Ereignisse einfach nicht gewachsenen Haushalt Schmidts - also: dessen kleinbürgerlicher Selbstüberschätzung, die es zu demonstrieren galt - zuzuschreiben war. Die Hand gehörte dem persönlichen Sekretär des russischen Gottsobersten, der seinem Herrn auf übliche Weise diskret eine Insulinspritze verabreichen wollte, ehe der noch zu essen begann. Nur hatte der ganz darauf vergessen, daß die Situation eine andere Sitzordnung verlangte als gewohnt.

Die Spritze erhielt Breshnjew übrigens später und nachträglich, auf der (winzigen) Toilette des Wohnhauses von Schmidt. Aber da war die Stimmung, wie es heißt, bereits gehoben.

Solche privatimen Ausflüge wurden später angeblich üblich in deutschen Landen. So soll Helmut Kohl einmal den von einer Krankheit gezeichneten französischen Staatspräsidenten in seinem bescheidenen Häuslein in Oggersheim mit einfachster Hausmannskost - Pfälzer Saumagen - bewirtet haben.

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