Die tägliche Medienlandschaft macht es nicht leicht, die wirklichen Konturen der Ereignisse noch auszumachen. So erscheint als Meldung aus der Tiefebene in der FAZ ein Bericht über die eigentlichen Verursacher und Auslöser der Finanzkrise der letzten Jahre - es sind Millionen amerikanischer Einfamilienhausbesitzer.
Die nicht mehr und nicht weniger getan haben als auf Ihre Anwesen Kredit um Kredit zu häufen, bis sie ... nicht mehr zahlen konnten. Viele - und es geht hier um Millionen, also keine Einzelerscheinungen - haben sogar ihr Leben mit Hypothekarkrediten finanziert, weil sie an steigende Immobilienpreise glauben wollten, so wie die Banken und Kreditgeber, die mit Milliarden und Billionen aus den Pensionsfonds und Lebensversicherungskassen und privatren Anlegerfonds aus Europa und Asien und dem eigenen Land dasaßen, die sie anlegen mußten. Zu hohen Zinsen anlegen mußten. Aber wie anders als - durch hohe Risiken?
Also warum nicht einen Kredit auf den anderen türmen, den alten mit einem neuen, noch höheren Kredit "zurückzahlen", auf immer noch höhere Immobilienpreise dabei zu spekulieren? Bis ... ja, bis sich herausstellte: Es gab ja niemanden, der diese Immobilien auch kaufen wollte, auf die sich also der "Preis" stützte? Diese Preise, auf deren Grundlage die Kredite vergeben (weil dadurch - plus ein wenig Entwicklungsphantasie, es ging ja immer so weiter mit der Wertsteigerung, zumindest im Kopfspiel - gerechtfertigt) waren, waren reine Fiktion.
Das sprach sich herum, wie es eben die Prinzip des Marktes ist, der so seine Preise bildet Denn: es gibt keinen "echten" Preis, so wie es kein "echtes" Geld gibt. Preis (und Geld) bedeutet immer ein gewisses Fließen, bedeutet immer die Spitze einer nirgendwo absolut festzumachenden Beziehungskette von Produkt und Bedarf. Der Preis eines Liters Wasser in der Wüste Gobi ist nicht unfairer als der für die selbe Flasche an den Ontario-Seen. Die Stellung von Produkten innerhalb eines Weltgefüges ist immer ziemlich relativ. (Was ja die Globalisierung zum absurden Spiel macht, das alles schlicht und ergreifend durcheinanderbringt, weil Preissysteme und Freier Markt NUR mit lokalem Bezug funktionieren - nicht aber bei einer virtuellen, abstrakten, nirgendwo mehr konkreten "Welt". Es gibt keinen freien "Weltmarkt" - dort gibt es keine wirklichen Preisbildungsmechanismen mehr, sondern dort wirken Faktoren, die mit "Markt" nichts mehr zu tun haben.)
Und mit einem Schlag purzelten die Preise, mit einem Schlag gab es keine weiteren Kredite, um die alten Kredite zurückzuzahlen, mit einem mal wollten die Kreditgeber ihr Geld zurück, weil die Renditen nicht einzufahren waren, und mit einem mal konnten Millionen von Amerikanern ihre Kredite nicht mehr zurückzahlen, weil sie nie so viel verdient hatten, um das überhaupt zu können. Und keiner sich Gedanken machen wollte, daß dieses Pyramidenspiel irgendwann einmal sein Ende finden MUSZ.
Die FAZ spricht von 4 bis 7 Millionen Einfamilienhäusern, die derzeit zur Zwangsversteigerung vorgesehen sind. Das entspricht 3 bis 5 Prozent ALLER amerikanischen Wohnbauten. Und auch jetzt gibt es natürlich für diese Massen keine Käufer.
Aber die Spekulation auf die virtuelle Welt der Schmerzvermeidung, die man "Demokratie" nennt, geht offenbar auf. Mit Billionen wurden amerikanische Banken gerettet, sprich: diese Häuserkredite, die nicht zurückgezahlt werden konnten, zahlen nun die amerikanischen Steuerzahler. Die Gewinne waren privat, die Verluste wurden wieder einmal vergesellschaftet, wie es der Kapitalismus seit Jahrhunderten macht.
Und damit nicht diese Abermillionen Menschen wirklich auf der Straße stehen, fordert die Regierung nun die Banken auf, die Kredite teilweise zumindest zu erlassen. (Wenn schon: Auf die Idee, die Billionen gleich den Häuserbesitzern zu geben, damit diese die Ganken bedienten, die damit auch geretter wären, obwohl die Häuserbesitzer ihre Häuser behalten hätten, ist offenbar niemand gekommen. Und hätte der Staat die Häuser übernommen, und dann gegen Miete zur Verfügung gesetellt, dann wären diese Billionen sogar bilanziell darstellbar gewesen.)
Der Papa wird's schon richten, heißt es so schön. Wir brauchen keine Konsequenzen aus unserem Handeln mehr zu fürchten. Es gibt immer jemanden, der die Pflicht hat, unser Recht auf Schmerzfreiheit zu erfüllen. Es gibt immer jemanden, der zahlt.
Die Amerikaner haben keinen Sozialstaat wie er in Europa alles zerquetscht hat, das stimmt. Aber sie haben längst Mechanismen, dieselben Effekte zu erzielen. Und sei es, daß die Banken - die ohnehin längst quasi-vergesellschaftet sind - mit Immobilien dasäßen, die keiner kaufte, die auch durch das Überangebot fast wertlos wären und im Preis verfielen. Während ihre Schuldner zahlungsunfähig sind.
Deshalb die Aufforderung, das Pyramidenspiel auf niedrigerer Ebene wieder zu beginnen. Mit Krediten gekaufte Häuser finanzieren, vielleicht denselben Schuldnern, die gerade insolvent waren, für Häuser die momentan billig sind. Aber sicher, ganz sicher, bald sehr im Wert steigen.
Steigen müssen. Sonst müßten die Banken um ihr Geld fürchten, auch in so vielen anderen Kreditfällen, denn Immobilien stehen in einem "paritätischen" Verhältnis zu Krediten, sind deren letzte Sicherstellung, immer und überall. Wenn also ein Marktsegment so hohe Überangebote zeigt, leiden die Preise (und damit die Kreditbonitäten) anderer!
Und sieh da: Schon berichtet die FAZ, daß der Preisverfall dieser Häuser allmählich gestoppt wurde, daß die Häuserpreise wieder stabilder wurden, in zwei, drei Jahren wieder stabil sind. Ganz sicher gehen sie dann wieder nach oben.
Et cetera, et cetera, et cetera ...
*260211**