"In der Blütezeit der NS-Diktatur hatten die westlichen Demokratien zuweilen mit dem nationalen Sozialismus Frieden geschlossen, und den Kampf der neuen Machthaber gegen die Reaktion mit Wohlgefallen beobachtet. [...]
So groß die ideologisch-politischen Meinungsverschiedenheiten der Kriegskoalition waren, mit ihrem Feindbild war ein festes einigendes Band geknüpft. Für die Sowjets waren das preußische Junkertum und die deutsche Kapitalistenklasse Teil ihrer Klassenfeinddefinition. Für die US-Amerikaner entsprach das Feindbild ihren Vorstellungen von Aristokratie und Despotie, so wie sie die emigrierten Europäer im 18. und 19. Jhd. hinter sich gelassen und mit dem die Amerikaner im eigenen Land in den Sezessionskriegen aufgeräumt hatten.
Der Kampf der Nordstaaten gegen den aristokratischen Süden war von puritanischem Moralismus und handfesten ökonomischen Interessen getragen. Am Ende des amerikanischen Bürgerkrieges waren die prachtvollen klassizistischen Gutshäuser zerstört, die alten Oberschicht entmachtet, als Sklavenhalter desavouiert.
Die Nivellierung der Gesellschaft und das aufkommende Neureichentum wurden als demokratischer Fortschritt gepriesen. Die Verquickung materieller und ideeller ZIele summierte sich zu einer amerikanischen Weltmission, in deren Rahmen die USA nun bereits zum zweiten mal in Europa eingegriffen hatten."
Joska Pintschovius in "Die Diktatur der Kleinbürger" zur Lage in Deutschland nach 1945, wo bemerkenswerterweise, und trotz 20. Juli 1944, der Feind der Alliierten immer noch "Reaktion" - und nicht: nationaler Sozialismus! - hieß. Darin liegt eine Hauptwurzel des Umstands, daß nach dem 2. Weltkrieg die ohnehin bereits von Hitler empfindlich dezimierte reaktionäre, jahrtausendalte Elite des konservativen Deutschland mit in den Abgrund gerissen wurde, und verschwand. Bis hinein in die Prozesse von Nürnberg, wo die Nazi-Täter nichts unversucht ließen, um ihre alten Haßobjekte, den reaktionären Adel, die Wehrmacht, die alten Eliten, als mitschuldig zu belasten.
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