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Freitag, 30. Juni 2017

Wirtschaft ist kein wertneutraler Mechanismus

Es macht manchmal schon staunen wenn man erlebt, wie auch die konservativsten Katholiken bzw. Christen kommt es zu konkreten wirtschaftlichen oder finanziellen Fragen bereit sind, den ganzen Bereich der Lebensgestaltung aus ihrer persönlichen Verantwortung auszugliedern und an fremde Mechanismen zu überantworten. So gilt es nachgerade als Ausweis von Wirtschaftskompetenz, ganz konkrete, handfeste Fragen wie die um Lohngerechtigkeit, auf große anonyme Blackboxes zu schieben, namentlich "den Staat". Sie gehen damit selbst dem Mythos auf den Leim, den der Liberalismus (mit seiner Kehrseite, dem Marxismus bzw. Sozialismus) in die Welt gesetzt hat, daß es so etwas wie eine große "Maschine Wirtschaft" gäbe, der man als Einzelner hilf- und wehrlos ausgeliefert ist. Die eines Leben und Handeln so bestimmt, daß sie einen von persönlicher Moral regelrecht freistellt. 

Aber Wirtschaft ist kein Mechanismus, auch wenn es so aussehen mag, auch wenn alles es heute zu glauben scheinen. Sie ist bestenfalls dort ein solcher Mechanismus, wo wir schon selber daran glauben, und uns so verhalten. Wenn die Kirche immer und seit je Wirtschaft und Arbeit als Element der Morallehre (und -philosophie) sah so nicht, weil sie dort große Moralgesetze installieren wollte, sondern weil dieser Lebensvollzug tatsächlich in der persönlichen Moral ansetzt und beginnt wie endet. Wie sehr das zutrifft, beweistl gerade die Gegenwart, wo man im Grunde hilflos "Marktvorgängen" zusehen muß, auf die die Politik bestenfalls reagieren kann. Das beste Eingeständnnis, daß es sich NICHT um Mechanismen handelt, sondern um Vorgänge, die immer im individuellen (sic!) Handeln und Verantworten ansetzen. Und hier beginnen plötzlich andere Maßstäbe zu greifen als heutige sogenannte "Wirtschaftskompetenz" vorschreiben zu müssen glaubt. 

So ist die Frage nach dem gerechten Lohn - eine hochwichtige Frage, die nach der traditionellen Auffassujng der Kirche sogar in die Kategorie "Tüdsünde", "himmelschreiende Sünde" fällt - niemals eien schlichte Frage nach Produktivität und "Leistung" (als auf Stückzahlen oder Zeit etc. heruntergebrochene Arbeit), sondern sie ist immer eine hoch subjektive Angelegenheit zwischen Unternehmen und Arbeiter. Deren erstes Kriterium sein muß, daß der Arbeiter, der hier seine Lebenskraft und -zeit einbringt, au8ch angemessen davon leben können muß. Deshalb hat sich Lohn natürlich auch zu unterscheiden hinsichtlich der Kinder, die ein Arbeiter hat, der Verpflichtungen, die er (im richtigen Sinn) erfüllen muß. Die muß er von sienem Lohn bedienen können, und danach muß sich die Bezahlung zuallererst richten. 

Aber manchmal will es scheinen, daß auch Christen ihre Bibel weniger kennen und schon gar nicht begreifen, als man meinen könnte. Denn dort ist das Beispiel eindeutig, und es ist zum Prinzip der Erlösung ausweitbar: Der Lohn des Arbeiters bemißt sich nicht nach der Anzahl der Stunden, die er im Weinberg gearbeitet hat, sondern nach dem Grundsatz der Arbeit überhaupt, und dem, daß er davon dann leben können muß. Selbst der, der nur eine Stunde gearbeitet hat, erhält denselben Lohn, wird da erzählt. Und gewiß nicht ohne Grund. 

Das Handeln des Unternehmers muß sich genau daran orientieren. Das Christliche an der Unternehmensführung besteht nämlich in einem ganz anderen Grundsatz. Es besteht darin, daß er eben NICHT glaubt, daß er einem unbesiegbaren Mechanismus gegenübersteht, der ihn dazu zwingt, im persönlichen Handeln auf Moral zu verzichten, diesen Bereich auf "den Staat" auszulagern (der dann über Steuern etc. für Gerechtigkeit zu sorgen hätte). Er besteht darin, daß er auch sein unternehmerisches Wirken, seinen Erfolg letztlich Gott verdankt, der den Ausgang aller Dinge und Unternehmungen beherrscht. Es bedeutet, daß jeder Unternehmer in seinem unternehmen eine Struktur schaffen muß, in dem er als einen der ersten Grundstäze die Frage nach dem gerechten Lohn löst. Wenn er dabei mit staatlichen Regelungen in Konflikt gerät, muß er diese bekämpfen, sich diesen stellen, und der Wahrheit treu bleiben. Nichts kann ihn davon entbinden! Er kann nicht sagen, daß er den Lohn zahlt, den er "zahlen kann" (oder muß), und ansonsten überläßt er die Frage der Gerechtigkeit dem Staat. 

Denn was er kann, was er muß, ist Ausfluß jeweiligen moralischen Handelns, das sich in den staatichen Gesetzen nur ausgedrückt finden kann. Denn vieles, worunter wir ganz real leiden - man denke nur an die Fragen rund um die Familien, ob es die angebliche Notwendigkeit der Beschäftigung von Frauen, Kinderbetreuung, "Förderungen" etc. geht - haben wir selbslt nicht nur geschaffen, zumindeste geduldet, sondern wir jammern hier, während wir diese Ungerechtigkeiten dort sogar noch selber stärken. Oh ja, gewiß, das erfordert Mut, das erfordert oft phantasievolle Konstruktionen, aber diese sind keine Fleißaufgabe, sondern unumgänglich und notwendig zu leisten. Vom Unternehmen, von den Mitarbeitern. 

Denn nichts kann den Umstand beseitigen, daß es im Verhältnis zwischen diesen beiden um höchst persönliche Fragen der Moral geht. Die alternativlos sind, denn die Frage ist nicht, ob dann Schwierigkeiten auftreten, die gefährlich sein können, die Frage ist vielmehr, ob wir auch in unserer Arbeit und unternehmerischen Tätigkeit ein Leben in der Vorsehung Gottes führen wollen. Das uns letztlich kein, wirklich KEIN staatliches Gesetz verbieten kann, und wenn es das möchte, haben wir uns dagegen zur Wehr zu setzen. Aber nicht, indem wir auf die Moral verzichten, und sie dem Staat überlassen, weil wir in der Wirtschaft angeblich unumstößlichen Gesetzen und Mechanismen gegenüberstehen. Wer das glaubt, hat - wie die Herden von sogenannten Wirtschaftsfachleuten - etwas von der Welt nicht begriffen. Und sieht Gottes Wirken und Macht auf manche Dinge eben nicht so erstreckt wie über andere. 

Nur ist es mühsam. Mühsamer als über Fragen der Liturgie und abstrakte Ideslvorstellungen von Gesellschaft zu diskutieren. Denn dann heißt es plötzlich, ganz konkret das Kreuz auf die Schultern zu nehmen. Um aus ihrer Frucht jener Kraft den Weg in die Welt zu eröffnen, der den Sinn des Menschseins überhaupt erst erfüllt.






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