Marshall zeigt (in "Der Bischof") sehr schön Figuren, u. a. Priesterfiguren, die manche "Lehre" des Vatikanums II. falsch verstanden oder vermittelt bekommen hatten - und nun an der Kirche zweifelten, die sich nämlich ... widersprach, verglichen mit vorigen Aussagen. (So zum Thema Ökumene.)
Da erinnerte ich mich an jemanden, der im Laufe der zwei Jahrzehnte nach dem Vatikanum regelrecht "verrückt" geworden war. Eine einfache Frau, die oft und oft den Kopf geschüttelt hatte: "Das ist heute ja alles anders als früher - was früher Sünde war, ist es jetzt plötzlich nicht mehr ..." Als ihr geliebter Sohn sich "wiederverheiratete" und ein Priester ihm eine "Segnung" - einer Hochzeitsfeier ähnlich - angedeihen ließ, schlug sie sich auf seine Seite.
Diese Frau ist tatsächlich heute ... verrückt. Sie hat kein Urteilsvermögen mehr, das ihr nämlich "subjektiviert" wurde (zwangsläufig wurde sie in ihrer Ethik auf sich zurückgeworfen!) und folglich auch keine Basis der Persönlichkeit, lebt ihre letzten Jahre in einem erschütternden Zustand.
Wunderbar übrigens, wie schön Marshall zeigt, daß eine Verkündigung und Pastoral nichts taugt, wenn sie nicht auf den "simplen Durchschnitt" der Menschen - handfest, widerspruchsfrei, einfach und praktikabel - angelegt ist. Und zwar nicht nur wegen der Gläubigen. Daß somit eine Moraltheologie, die am möglichen Spezialfall ihr Maß nimmt, also die Unsicherheit jeder positiven Aussage für den Einzelfall betont, ihre praktische Tauglichkeit schlicht verliert. Auch wenn jeder Einzelfall subtil zu beurteilen ist.
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