Dieses Blog durchsuchen

Donnerstag, 15. Mai 2008

Epigonentod


Wildgans litt unsäglich und zeitlebens unter Verdächtigungen, Epigone zu sein. Erst warf man ihm vor, Rilke zu imitieren, dann wiederum mit seinen religiösen Stoffen einer Mode hinterherzulaufen.

Er fand sich in der einzigen möglichen Position: sich nur der Wahrheit verpflichtet zu sehen, unabhängiger vom Urteil der anderen zu werden.

Auch im versuchten Beweis der Rechtschaffenheit des eigenen Denkens, das lieber andere zitiert als das Risiko einzugehen, den Schmerz der eigenen Autoritätslosigkeit - denn das ist die Unterstellung, ein Epigone zu sein - zu erleiden. Mehr, als es reines Gebot der Klugheit wäre.

So hebt sich die Frage, ob das Schaffen von Figuren nicht genau das ist ... weil Kunst ein mögliches Leben zum Wirklichen macht. Dessen Wahrheitsgehalt sub species aeternitatem eine Frage der Tugend - nicht des bewußten Wollens ist.

Lebensangst also? Eifersucht auf die Figur, der man erst bereitwillig sich selbst abtrat, um dann festzustellen, daß man selbst nicht existiert, Epigone der eigenen Behauptung geworden ist? (Das Thema meines Stücks "Der Poppenspeeler)

(Etwas zum Schmunzeln: Bei den Proben zu meinem Stück "Paradas" kam von einem Dritten, der zusah, die kritische, gewiß gutgemeinte, umso bemerkenswertere Rückmeldung, daß die Handpuppe Paradas schon sehr lebendig sei, ja man sie als wirkliche lebendige Figur wahrnehme - aber ich sollte doch noch mehr an mir arbeiten ...)




*150508*