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Donnerstag, 17. September 2009

Glaubwürdigkeiten


Michael Haneke im Interview (Titelverlinkung: KURIER), hier einige Ausschnitte:

Warum zeigen Sie meist ein bürgerliches Milieu?
Weil es dieses Milieu ist, aus dem die meisten Kinogeher kommen. Der Identifikationswert ist am höchsten.

Ist es nicht auch das Milieu der größten Verlogenheit?
Ich glaube, dass in jedem Milieu viel gelogen wird, weil die Lüge eines der Kampfmittel der menschlichen Intelligenz ist. Nur im Film funktioniert das meistens nicht, weil die Schauspieler so doof sind, die Lügen so zu spielen, dass man gleich merkt, dass sie lügen. (lacht) Die Arbeit des Regisseurs ist es dann, glaubwürdig zu machen. Das klingt so einfach, ist aber so schwer. Die meisten Schauspieler spielen aber nicht die Situation, sondern ihren Kommentar zur Situation. In schlechten Filmen, in Fernsehserien sieht man das sofort: der lügt...

Schauen Sie viel fern?
Hauptsächlich den Wetterbericht, weil das ist das Einzige, was man glauben kann.

Den Nachrichten glauben Sie weniger?
Ja sicher. Wir sehen hauptsächlich Nachrichten wie Stille Post: Der hat was zu dem gesagt, der zu dem... Es ist ein Sammelsurium von spektakulären Depressionsangelegenheiten. Wenn ich die Welt nur übers Fernsehen wahrnehmen würde, hätte ich mich schon umgebracht.

Und wenn man Ihren Film [Das weiße Band; Anm.] profan als Mysterythriller bezeichnet…
...bin ich zufrieden, wenn es jemanden befriedigt. Thrillermomente verwende ich bei all meinen Filmen. Es ist der Klebstoff, an dem der Zuschauer picken bleibt. Es soll ja kein Geschichtsunterricht sein.

Warum ist der Film dann schwarz-weiß?
Dafür gibt es zwei Gründe: Es ist die einzige Zeit, die in unser aller Bewusstsein schwarz-weiß ist - durch Fotografien und erste Filme. Das erleichtert dem Zuschauer das Eindringen in die Zeit. Der zweite Grund ist eine Stilisierung. Ich nähre immer gerne das Misstrauen des Zuschauers, dass der Film Realität zeigt. An historischen Filmen stimmt ja nichts. Die Farben, die Stoffe, alles war anders. Ich finde, man muss so glaubwürdig wie möglich sein, aber zeigen, dass Film ein Artefakt ist, keine Wirklichkeit.




*170909*