Karl Kerényi erwähnt das verblüffende Faktum, daß es für die Antike keinerlei Begriff für "Glaube" gab. Die Eingebettetheit in eine Wirklichkeit, die von einem Gott (und davon ausgehend: Göttern) bestimmt war, die der Mythos darstellte und beschrieb, war völlig selbstverständlich. Immerhin gab es nicht einmal ein "Gebot", zu glauben, auch nicht im Judentum!
Aber nicht einmal von einem übergreifenden Mythos könne man sprechen, meint Kerényi. Denn auch wenn sich weltweit Aussagen und Ereignisbeschreibungen (vor allem aus der Weltentstehung) oft verblüffend gleichen, hat die Religiosität stets rein lokalen Bezug. Deckungsgleichheiten der Inhalte sagen lediglich etwas über gleichgeartete Erfahrungen der Wirklichkeit aus. Im Mythos selbst kam diese Qualität der Welt, in einer künstlerischen Form, zur Darstellung, und wurde vom Lebensgefühl aufgegriffen, das zur Erneuerung als Entsprechung zur Gegenwart drängte. Gefühle, die besonders in Einschnitten, in Wechseln erlebbar sind.
Erst mit den Offenbarungsreligionen, namentlich dem Christentum (und wie erst mit dem Protestantismus), kam ein "Zu Glaubendes".
Entsprechend aber beruht auch das Fest auf einer "gefühlten Zeitqualität", der die Darstellung des Dahinterstehenden im Kult folgte - somit die Feste nicht "machte", sondern einer Aufforderung "entsprach".
Insofern hat auch das Christentum nicht heidnische Feste, Religionsbräuche etc. "okkupiert", sondern der Schöpfungsordnung entsprochen, der auch zuvor, geahnt, gefühlt, bereits zu entsprechen gesucht wurde.
Umgekehrt ist es nur zu logisch, daß in einer Zeit, die durch Technizismus und autonomistische Lebensgestaltung den Rhythmus der Welt nicht mehr erfaßt, in diesen nicht mehr eingebettet ist, und daß in einer Zeit, in der Ursache und Wirkung nicht mehr erlebbare Zusammenhänge haben - das "Festgefühl" erlischt, und Festesfreude als Folge der Abstumpfung der Welt gegenüber nur noch im Ersatz (der Sensation, dem starken Reiz) gefunden werden kann.
*200909*