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Sonntag, 30. Mai 2010

Dichter und Weltenstifter

In den Augen von Horaz stiftet der Dichter die Ordnung der Welt, der Menschen. Indem er das Ursprüngliche kündet, stellt er die unableitbaren Prinzipien menschlicher Gesellschaft als archaisch, prototypisch dar. Der Dichter drückt das aus, was den Menschen als Maßstab dienen muß. In diesem Zurückgreifen erinnert er sich sohin - und er hebt damit ein Geschehen zur Geschichte, die zum Exemplum des auch die Gegenwart beherrschenden Prinzips wird.

Ernesto Grassi dazu: Erst das dichterische Tun stiftet die Möglichkeit, sich von dem unmittelbaren Zwange der Natur zu befreien, eine Möglichkeit, die im FEST ihre große Gültigkeit beweist. In der errungenen Freiheit wird das Menschliche zelebriert.

"Zu ihren süßen Weisen neigte sich
das Ohr der Könige und endlich schloß
des Jahres Arbeit sich mit ihren Spielen." 

Dem Dichter wird damit auch Wissen zugeschrieben: Die von ihm gestifteten Maßstäbe verwirklichen das Wesen des Menschen durch die Entfaltung und Ordnung der Leidenschaften in der Familie, durch die Regelung der Beziehungen zwischen den Menschen in der Ordnung des Staates. Insofern besteht die Funktion von Kunst und Dichtung in einem prinzipiellen "Nutzen" beim Aufbau der Welt.



*300510*