Die FAZ bringt einen Bericht über die russisch-amerikanische Philosophin des Individualismus, Ayn Rand, die 1926 nach Amerika ausgewandert ist, und dort beachtlichen geistigen Einfluß gewann. Sie war zeitlebens leidenschaftliche Gegnerin der Linken und allen Versuchen des Staates, in die Lebensgestaltung des Einzelnen durch "Sozialmaßnahmen" einzugreifen, zutiefst feind.
Ihrer Ansicht nach entwickelte sich die Gesellschaft als Ganzes bestmöglich dann, wenn sie auf dem Egoismus und den Kräften jeweiliger Selbstentfaltung alleine aufgebaut ist. Jeder Versuch, diesen Individualismus durch egalitären Kollektivismus zu brechen, geht zutiefst an der Würde und Freiheit des Menschen vorbei. Sie sagte Amerika, aber vor allem auch Europa, voraus, daß diese Kontinente im Volkssozialismus enden würden, die die letzten Reste kulturschaffender Initiative erstickt haben.
Die Atmosphäre im Petersburg ihrer Kindheit bezeichnete Ayn Rand als „glanzvollste in der Geschichte der Menschheit“, getragen von „tiefem wechselseitigem Respekt, einem heute unvorstellbaren Wohlwollen und einer selbstbewussten Großmut, die man füreinander und für das Leben empfand“. Mit diesem Ideal schrieb sie drei Romane, mehrere Drehbücher und Theaterstücke und brachte ihr Weltbild auch in zahlreichen Essays zu Papier. Ihr erster Roman, „We the Living“, ist im Leningrad der frühen Zwanziger angesiedelt und hinterlässt einen lebhaften Eindruck nicht nur von Kälte, Enge und Mangel, sondern auch vom geistigen Schreckensregiment der Revolutionäre. Das Studium an der Leningrader Hochschule machte Ayn Rand mit dem Marxismus vertraut und weckte ihre Leidenschaft für endlose Debatten.
In einem ihrer berühmtesten Romane läßt sie zwischen den Proponenten Toohey und Roark folgenden Dialog ablaufen:
„Wir leben im Geiste“, erläutert Tooheys Gegenspieler, der Architekt Howard Roark, „die Existenz ist der Versuch, dieses Leben in physische Realität zu überführen. Jede Form des Glücks ist privat. Unsere größten Augenblicke sind persönlicher Natur, selbstmotiviert, unberührbar. Vor der promiskuitiven Menge verbergen wir die Dinge, die uns heilig oder kostbar sind.“
Doch Toohey weiß, dass sich die Seele brechen lässt: „Sorge dafür, daß der Mensch sich klein fühlt. Flöße ihm Schuldgefühle ein. Töte seine Hoffnungen und seine Integrität. Wenn seine Seele den Respekt vor sich selbst verliert, hast du ihn in der Hand. Die Natur lässt kein Vakuum zu. Nimm der Seele ihren Inhalt - und du kannst sie nach Belieben füllen.“
*060810*