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Freitag, 20. August 2010

Kein Mittel zum Zweck

Es ist die Auflehnung gegen die Gottheit, die vergewaltigend und zerstörend in sein Leben eingreift. Sie ist undenkbar, trotz allem Leid und in allen Unbegreiflichkeiten, die über den Menschen kommen mögen, solange er nicht sein Eigengefühl von dem Gefühl des Göttlichen abgegrenzt hat, wie die Daseinshaltung des neueren Menschen es mit sich bringt.

Aber bei Goethe finden wir noch einen anderen viel tiefer begründeten Widerspruch, der sich oft in einer Form äußert, die man titanisch nennen könnte. Durch seine ganze Geisteswelt, die schöpferische, wie die erkennende, läßt sich die Spur einer grandiosen Selbstgenugsamkeit verfolgen und nicht zuletzt in seiner Aneignung der Leibnizschen Monadenlehre wiederfinden, nämlich in der Wendung, die er ihr gegeben hat und die den Aufmerksamen an gewissen Hauptsätzen in Nietzsches Willen zur Macht gemahnen muß. 

Aus dieser Geisteshaltung ist auch das selbstgenugsame Worte über die Frömmigkeit in den Maximen und Reflexionen zu verstehen: "Frömmigkeit ist kein Zweck, sondern ein Mittel, um durch die reinste Gemütsruhe zur höchsten Kultur zu gelangen."


Walter F. Otto in "Der Dichter und die Alten Götter"



*200810*