"Eigentlich eine Riesensauerei, die da passiert ist," meinte K, der Mann von der Bank. Der Bedarf an hochverzinslichen Anlagen - vorwiegend aus Europa und Asien - hatte bewirkt, daß sich die Kreditfonds aus den USA größter Nachfrage erfreuten.
In den USA wiederum hatte dies nicht einfach nur zu einem Boom auf Immobilienkredite geführt. Sondern diese Kredite wurden den Konsumenten regelrecht "aufgedrängt": steigende Immobilienpreise hatten die Versuchung groß werden lassen, Immobilien sogar ÜBER den momentanen Marktpreis hinaus zu belehnen - 120 Prozent Belehnung waren keine Seltenheit. Gleichzeitig hatte man auch unteren Einkommensschichten durch Tilgungsfreistellungen (es waren nur die - niedrigen - Zinsen als Raten zu zahlen) den Mund auf Kredite wässrig gemacht. Mit der Perspektive, daß weiterhin steigende Preise in wenigen Jahren diese Kredite sogar noch zu einem Geschäft werden ließen. Selbst Arbeitslosigkeit war da kein Hindernis mehr, solche Kredite zu bekommen; ja viele haben sogar von diesem "zuviel" an Kreditgeld gelebt, in der Hoffnung auf weiterhin steigende Immobilienpreise. Solange stiegen diese auch - kein Wunder, bei der künstlich angekurbelten Nachfrage?!
Nichts anderes war ja schon 1929 beim Börsencrash passiert: Auf Kredit wurden Anlagen (damals: Wertpapiere) gekauft, deren Wert - so erwarteten es alle - durch die Marktentwicklung steigen würde, sodaß sich der Kaufpreis von selbst, zuzüglich eines satten Gewinns, bezahlen sollte.
Dem Staat war das auch diesmal nur recht. Schon gar, weil seit Jahrzehnten die USA Konjunkturpolitik vorwiegend über Geldmengenvermehrung (= Nachfragesteigerung) und (niedrige) Zinsen betreibt (und damit, wie F immer so wütend bemerkte, natürliche Marktmechanismen für notwendige Strukturbereinigungen und Innovoationsschübe ausschaltet). So wurde die Konjunktur angekurbelt, was den gerade gewählten Politikern nur recht war.
Konkret angekurbelt und getragen wurde dieses Geschäft durch die Investmentgesellschaften, durch die Anlageberater etc. Meist simple Angestellte, provisionsabhängige Verkäufer, nicht mehr. Denn die bekamen angesichts solcher Verkaufserfolge Millionengagen an Provisionen ausbezahlt. Alle schienen glücklich, die wunderbare Geldvermehrungsmaschine war erneut erfunden. Die Kredite selbst wanderten sofort in die Fonds, die europäische Banken, deren Geldtöpfe mit den Geldern aus Pensionsfonds und Vorsorgeersparnissen gefüllt waren, aus den Händen rissen. Die Kreditgeber selbst hatten vorerst so gut wie kein Risiko zu beklagen, oder sicherten sich durch Versicherungen ab. Selbst die Versicherungsgesellschaften (über weltweite Rückversicherungen vernetzt) wurden so involviert.
Aber: die Preise fielen. Denn es kam allmählich zu einem Überangebot an Immobilien. Wenn die Errichtung neuer Immobilien leichtfällt, weil die Kredite leicht zu haben und billig sind, ist das naheliegend. Sehr rasch stellten die Verkäufer fest, daß diese am Markt kaum - oder nur zu weit geringeren Preisen als vorgestellt - unterzubringen waren. Und mit einem Mal ... waren die Kredite nicht mehr wertgesichert, Firmen und vor allem Banken unterkapitalisiert usw. usf.! Damit brach Panik aus. Und nicht nur jene Kredite waren damit faul, die ohnehin mit höchstem Risiko gehandelt worden waren, sondern zunehmend auch jene mit niedrigerem Risiko: Die Banken mußten handeln, mußten Kredite fällig stellen, mußten ihr Eigenkapital erhöhen (z. B. durch Kreditrückforderungen, verstärkt schließlich sogar bei den guten Bonitäten), sonst wären sie insolvent geworden.
Wie im Dominospiel purzelten die Steine, und ein Ende dieser Wertberichtigungsprozesse ist derzeit immer noch nicht absehbar. Angefangen hat es, weil diese verdammten Verkäufer nur eines wollten: mehr verkaufen.
*061008*