So schrieb Rilke in seinem "Buch der Bilder" von "Mädchen". So kannte ich noch die eine, oder andere, früher. In dieser Identifikation von Schönheit, Poesie, den wahren Lebensquellen, und Frau. Mädchen - wie Knospe und Tau, im Licht der aufgehenden Sonne, im Park, auf der Bank. Heute ist das fern, so fern. Wenigstens wußte man noch, daß es sie gab. Perdu. Erschlagen von Worten wie "Frauenquote", mit denen die Häßlichkeit blanker rechnerischer Existenz zum Ideal wurde.
Hier in audio.
Von den Mädchen
(R. M. Rilke - "Buch der Bilder")
I
Andere müssen auf langen Wegen
zu den dunklen Dichtern gehn;
fragen immer irgendwen,
ob er nicht einen hat singen sehn
oder Hände auf Saiten legen.
Nur die Mädchen fragen nicht,
welche Brücke zu Bildern führe;
lächeln nur, lichter als Perlenschnüre,
die man an Schalen von Silber hält.
Aus ihrem Leben geht jede Türe
in einen Dichter
und in die Welt.
II
MÄDCHEN, Dichter sind, die von euch lernen
das zu sagen, was ihr einsam seid;
und sie lernen leben an euch Fernen,
wie die Abende an großen Sternen
sich gewöhnen an die Ewigkeit.
Keine darf sich je dem Dichter schenken,
wenn sein Aug auch um Frauen bat;
denn er kann euch nur als Mädchen denken:
das Gefühl in euren Handgelenken
würde brechen von Brokat.
Laßt ihn einsam sein in seinem Garten,
wo er euch wie Ewige empfing
auf den Wege, die er täglich ging,
bei den Bänken, welche schattig warten,
und im Zimmer, wo die Laute hing.
Geht! ... Es dunkelt. Seine Sinne suchen
eure Stimme und Gestalt nicht mehr.
Und die Wege liebt er lang und leer
und kein Weißes unter dunklen Buchen, -
und die stumme Stube liebt er sehr.
... Eure Stimme hört er ferne gehn
(unter Menschen, die er müde meidet)
und: sein zärtliches Gedenken leidet
im Gefühle, daß euch viele sehn.
*231008*