Alfred Lorenzer, marxistischer Psychoanalytiker, zieht in "Das Konzil der Buchhalter" Bilanz über die Entwicklungen seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil:
- Die Umrüstung der Religion zur Weltanschauung soll das Überleben der Kirche in der gegenwärtigen Gesellschaft dadurch sichern, daß
- die Individuen weltanschaulich "von oben her" fungibel gemacht werden. Die Voraussetzungen dafür sind
- die Beseititgung der Schicht der sinnlich-symbolischen Interaktionsformen, die eine eigenständige Identität und eine kollektive Übereinstimmung in der Persönlichkeitstiefe ermöglichte,
- das Ausbilden einer "Ersatzschicht" anstelle der beseitigten Symbolorganisation: segmentierte Sinnlichkeit im Symptom-Schablone-Kurzschluß gemäß dem Modell der faschistischen Inszenierungen und deren wahrer ästhetischer Abwandlung.
Unmittelbares Sozialisationsziel ist nachkonziliar - uneingestanden, uneingestehbar - der allseits fungible, gleichgültig und gleichgeltend brauchbare, durchsystematisierte Gläubige neuer Art: rational und doch irrational, rational und doch reflexionsunfähig, [der zum Beispiel im Papsttum vor allem seit Woityla die Repräsentanz des Numinosum aufgehen läßt in der Attraktivität einer Projektionsfigur für das Ich-Ideal, die in massenwirksam inszenierter Irrationalität umgesetzt, was mit angeblicher oder tatsächlicher menschlicher Faszination eines Menschen - des Papstes - viel zu kurz erklärt wäre, Anm.] dadurch weltanschaulich standardisiert: im Innersten abgesichert gegen alle Irritationen, die von einer Transformation der Lebenspraxis und einem kritischen Bewußtsein ausgehen können.
Die Kulturzerstörungen des Zweiten Vaticanums sind, so Lorenzer, nur exemplarisch für einen weit über die Kirche hinausreichenden Destruktionsprozeß. Machen wir uns klar, daß das Konzil einem Systemdruck unterlag, der auf allen Sozialisationsagenturen lastet und sie alle in die gleiche Richtung drängt. [...] Daß sich der Wirbelsturm der Zerstörung der sinnlichen Symbolsysteme einer alten Kultur inmitten einer gänzlichen Windstille (einer lautlosen Indolenz aller anderen Kulturinstanzen gegenüber dem konziliaren Vandalismus) abspielte, verrät den hohen Grad der Übereinstimmung des Konzils mit dem Zeitgeist, d. h. mit den herrschenden Verhältnissen. Dieser Zerstörungsprozeß ist zur Kenntnis zu nehmen. Die Zerstörung der kirchlichen Kultur ist nur ein Fall unter anderen Fällen.
Die Kulturzerstörungen des Zweiten Vaticanums sind, so Lorenzer, nur exemplarisch für einen weit über die Kirche hinausreichenden Destruktionsprozeß. Machen wir uns klar, daß das Konzil einem Systemdruck unterlag, der auf allen Sozialisationsagenturen lastet und sie alle in die gleiche Richtung drängt. [...] Daß sich der Wirbelsturm der Zerstörung der sinnlichen Symbolsysteme einer alten Kultur inmitten einer gänzlichen Windstille (einer lautlosen Indolenz aller anderen Kulturinstanzen gegenüber dem konziliaren Vandalismus) abspielte, verrät den hohen Grad der Übereinstimmung des Konzils mit dem Zeitgeist, d. h. mit den herrschenden Verhältnissen. Dieser Zerstörungsprozeß ist zur Kenntnis zu nehmen. Die Zerstörung der kirchlichen Kultur ist nur ein Fall unter anderen Fällen.
*290410*