Mit der gewaltsamen Einigung aller Germanen unter den Franken - unter Karl dem Großen - brachen alle die vielen, ja zahllosen kleinen Fürstenhöfe zusammen und wurden bedeutungslos, lösten sich gar auf.
Mit ihnen aber wurden auch all die Bänkelsänger und Dichter brotlos, die an ihnen so selbstverständlich gedient hatten! Einst feste Bestandteile einer gesellschaftlichen, festgefügten Ordnung, die für sie Platz und Aufgabe hatte, fielen sie ins Bodenlose, ins Nichts, ins Volk, wo man ihnen noch zuhörte. Aber so verloren sie sich auch in der Menge, wenig geachtet, von den Großen des Reiches vergessen, verdrängt von den neuen Sendboten eines neuen Glaubens. Ja, mit dem Neuen kam sogar eine neue Sprache, romanisiert, den Stoffen entsprechend, die nun dominierten.
In der althochdeutschen Sprache kam ein "Kolonialstil" der Germanen auf, die auf römischem Boden ihre Kultur verändert hatten. Das Germanische, einem rasanten Lautwandel unterworfen, starb aus. Das Althochdeutsche siegte - eine Sprache, die aus dem Lateinischen entstand, das die Zuwanderer sprachen, die sich dem Germanischen anpaßten - dort, wo Römisches Reich zu Deutschland wurde.
Ja, auf dem Gebiete Galliens kam es aus der engen Verbindung der Franken mit den Romanen allmählich überhaupt zur Herausbildung eines neuen Volkes, das seine antikische Bildung, einschließlich des Reichsgedanken, dankbar von den Lateinern übernommen hatte. Selbst ihr Recht zeichneten die germanischen Franken - die Heerführer und Soldaten ihrer Gastgeber, der Römer - in lateinischer Sprache auf. Karl der Große führte schließlich einen Gedanken von Julius Cäsar weiter, der bereits von einer Lebenseinheit aus römischem und germanischem Volk geträumt hatte.
Und so verloren sich all die Heldenlieder und Balladen und Gesänge und Geschichten und Mythen, sanken sterbend binnen Jahrzehnten ins Nichts des Vergessens. Nur ganz wenig ist überliefert.
*240410*