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Samstag, 10. April 2010

Späte Vereinigung

Im April/Mai 1940 ermordet der NKDW, der innenpolitische Geheimdienst der Sowjetunion, auf Anweisung Stalins in dem Dörfchen Katyn bei Smolensk zweiundzwanzigtausend polnische Offiziere und Intellektuelle, die Elite des von der Roten Armee besetzten Teiles Polens. Zu diesem Zeitpunkt formiert sich längst in London eine polnische Exilregierung. Die unmittelbare Staats- und Armeespitze Polens hat weder Hitler noch Stalin erwischt, sie spielt in der Rückeroberung Europas, bei den Landungen in Sizilien sowie in der Normandie, eine nicht unwesentliche Rolle.

Als diese 1943 von den Massengräbern in Katyn erfährt, verlangt sie eine Untersuchung des Roten Kreuzes, woraufhin die Sowjetunion die diplomatischen Beziehungen zu ihr abbricht. Man vermutet Zusammenhänge mit dem nie aufgeklärten, taktisch unverständlichen Zögern (in Kanonenreichweite) der an der Weichsel stehenden Sowjetarmeen beim Aufstand im Warschauer Ghetto, der durch das selbst von den Deutschen nicht verstandene Zuwarten der Roten Armee zu einem schrecklichen Gemetzel wird.

Die in den geheimen Zusatzprotokollen des Hitler-Stalin-Pakts von 1939 vereinbarte Okkupation von Ostpolen - Weißrußland und Westukraine - wird nie rückgängig gemacht, Polen wird mit den ehemals ostdeutschen, westpreussischen Gebieten, Pommern sowie Schlesien, "entschädigt".

1946, in den Nürnberger Prozessen, nimmt man erst noch an, daß die Deutschen auch die Verbrechen in Katyn begangen haben. Bald aber, unter Last von Zeugenaussagen, wird klar, daß es die Sowjets unter Stalin waren.

Am 10. April 2010 fliegt die polnische Staatsführung, begleitet von der gesamten Spitze der Armee - gegen deren eigene Bestimmungen in einer Maschine versammelt - sowie den Militärbischöfen des Landes, einigen Parlamentariern, dem stellvertretenden Außenminister, sowie weiterer führender Köpfe des polnischen Lebens, zum Gedenken, auf Einladung der Russen, nach Rußland, um an einem Gedenkakt teilzunehmen.

Im Anflug auf Smolensk versucht der Pilot der polnischen Präsidentenmaschine viermal im dichten Nebel zu landen, immer verfehlt er die Landebahn, teilweise um hunderte Meter, und man hat noch keine Erklärung, warum er nicht nach Kiew oder Minsk ausweicht. Möglicherweise hat sich der polnische Präsident durchgesetzt, schon einmal war derselbe Pilot gegen dessen Wunsch wegen unsicherer Verhältnisse auf einem Ausweichflughafen gelandet. Wenige Stunden zuvor war bereits eine russische Maschine von Moskau kommend umgekehrt. Beim vierten mal aber kann die Maschine (nach vorläufigen Berichten) nicht mehr rechtzeitig durchstarten: die Turbinen heulen zwar noch auf - aber dann kracht die Tupolew mit ihren sechsundneunzig Insassen in einen nahen Wald, und fängt augenblicklich Feuer.

Alle kommen ums Leben. Die Leiche von Präsident Kaczynski wird als eine der ersten geborgen.

Die Staatsführung fehlte 1940. Am Ort, an dem Polens Elite liegt.

Requiescat in pace.




*100410*