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Montag, 19. April 2010

In den Netzen der Psychoanalyse

Nur innerhalb der - wenn man so will: sogar von ihr selbst geschaffenen - starren Schienensysteme, der Unfreiheiten, in die sich der Mensch verstrickt hat, vermag die Psychologie, die Psychoanalyse "befreiend" zu wirken. Indem sie diese (noch einmal: nicht selten vom selben Rationalisierungsimpuls geschaffenen) Drahtkäfige aufzulösen, ihnen dämonische Ganzheit zu nehmen vermag. Hier hat das Wort also in bestem Sinn entdämonisierende Wirkung. Viktor Frankl's Ansatz der Logotherapie, die ausschließlich mit dem Wort- und Erklärungsvorrat des "Patienten" arbeitet, kann in dieser Hinsicht als vorbildlich, aber sogar als einzig mögliche weil zulässige "Therapie" angesehen werden. Denn selbst wenn Frankl von dem ontologisch gesehen an sich verfehlten Ansatz der "Sinnsetzung" ausgeht, der Sinngebung durch menschlichen Kulturwillen selbst, so wird dieser Immanentismus hier brauchbar und fruchtbar.

Keineswegs aber vermag die Psychoanalyse Welt zu schaffen, und noch viel weniger: Welt zu erklären! Wo sie dies zu tun versucht, wirft sie über den ganzheitlichen, komplexen, immer, und nicht als Metapher so überzuckerten, geheimnisvoll zu nennenden Menschen - denn jede Ganzheit ist ein Geheimnis - ein Netz der Zwangsmechanisierung, und lähmt ihn genau dort, wo sie ihn zu befreien vorgibt.

Indem sie ihm ihn selbst wegnimmt, mit einem beherrschbaren Surrogat des Rationalen zu trösten versucht. Damit erreicht sie sogar genau das Gegenteil des Behaupteten - sie verdrängt seine Ganzheit, die sich in unerreichbare Unterschichten zurückzieht, und liefert den Menschen erst recht - indem sie seinem Selbst auch noch das Recht nimmt, sich ganz für sich zu beanspruchen - dem Dämonischen, der Unfreiheit der Getriebenheiten aus.



*190410*