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Mittwoch, 28. April 2010

Fortgesetztheiten

Das Problem der Umbrüche der 68er Jahre (und folgende) war, daß die Systeme dieser Gesellschaft auf eine Systematik umgestellt wurden, die einen Menschentyp begünstigte, der niedrig genug war, sich mit dem Bedienen dieser Systemautomatismen zu begnügen, um sich so eine Stellung in der Gesellschaft zu erschleichen, die er unter männlichen, natürlichen, nicht künstlich gelenkten Bedingungen nie erreicht hätte.

Es brach das Zeitalter der Muttersöhnchen an, die nach und nach alle Führungspositionen in diesem Land eroberten. Und zwar nicht aus Tüchtigkeit, sondern weil sie die einzigen waren, die nie Prinzipienverletzungen zu ertragen hatten, weil ihnen Würde kein Begriff ist. Umfüttert von einem Sozialsystem, das von der ersten bis zur letzten Versprechung Lüge war (für die wir heute die Rechnung präsentiert bekommen), aber die Ressourcen so umlenkte, daß es die Menschen abhängig, von der Wirklichkeit emanzipiert machte.

Die Tüchtigen, die wahren Eliten, die Edlen in diesem Lande, die die Nase in den rauhen Wind steckten, die keinen Schmerz und kein Leid beachteten, der ihnen nahekommen wollte, weil ihre Ziele nicht voller Bauch und eitler Schein waren, zogen sich auf privatere Wege zurück.

Von Politik und Kirche ausgehend, die Universitäten erobernd, von dort aus die Medien, findet sich heute eine absolut homogene und hermetische Schichte von Menschen, die Elite simulieren - aber primitiver Plebs sind: Ochlokratie, die Herrschaft der Schlechten.

Deren Taktik, unter schizoider Moral (deren verbalisierter Anspruch dem eigentlichen Wahrnehmen von Wirklichkeit widerspricht, dieses "korrigiert"), zum System wurde - mit einem wesentlichen Ziel: der Entmutigung freier Persönlichkeiten.

Das ist bei Untersuchungen an Jugendlichen das deutlichste Ergebnis. Deren Mutlosigkeit, die sich als Interessenlosigkeit verharmlost. Weil natürliche Empfindungen mittlerweile lückenlos der herrschenden Moral, dem Gesollten, widerspricht. So erleben es die jungen Menschen vom Kindergarten an: was sie fühlen, ist "gaga", ist schlecht. Gut sind sie erst, wenn sie so und so fühlen, so und so haben sie zu handeln.

Sie koppeln ihr innerstes Ich ab. Dieses sucht sich andere Wege der Weltwirklichung, ihr Leib, ihre physische Existenz, wird den Hunden zum Fraß vorgeworfen.

Sie überlassen den anderen das Feld. Den Muttersöhnchen. Dem moralischen Abfall. Der herrschenden Elite. Also gehen sie auch nicht mehr zur Wahl, eingeschüchtert von einer grotesk bösartigen Landschaft öffentlicher Meinung und Äußerung.

Sohin ist die heutige Situation eine simple Konsequenz einer Konstellation, die sich seit Jahrzehnten geformt hat.

Einer Barbara Rosenkranz, als Repräsentantin der "Nicht-Linken", 35 Prozent zuzutrauen war also keinesfalls Größenwahn, sondern eigentlich Zeugnis von Scharfsicht. Aber man hat völlig unterschätzt, wie die realen Machtverhältnisse in diesem Land stehen, wie die faktische Machtlandschaft bereits wirklich aussieht. Und man hat unterschätzt, wie weit zu gehen sie bereit ist - und diesen Fehler macht der Anständige oft.

Muttersöhnchen kennen eben keine Grenzen. Für sie ist jede Gestalt, jede Form, jede Persönlichkeit substantiell bedrohlich. Denn nur in einem Wettbewerb der Formlosigkeit können sie sich "durchsetzen" - wo Lüge und Falschheit die probaten Mittel des Kampfes sind.

Aber ihre unbewußten Ängste werden nun nicht weniger werden, im Gegenteil: wer die Wahrheit unterdrückt, dessen Angst vor ihr wächst mit jedem Tag mehr. Weil ihm allmählich die ganze wirkliche Welt zur Bedrohung wird. Also werden die Maßnahmen zur Unterdrückung der freien Meinungsbildung (in der Pädagogik zum Beispiel durch manipulativ- emotive Ressentimentbildung, in perfider Nachahmung natürlicher, familialer Prozesse) noch deutlicher zunehmen. Um so - zumindest - zu erreichen, daß die freien Geister schon von Kindheit an eingeschüchtert genug bleiben, um das Feld den Muttersöhnchen nächster Generation zu überlassen.

Doch Trost, doch Mut - das Sein ist gegen sie. Lassen wir uns nicht von Schein und Blendwerk beeindrucken. 




*280410*